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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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dem Mieder gerissen hat - gehörten nicht Ihnen.“
Charlotte hörte Schritte in der Zelle. Sie waren also nicht allein. Sie zuckte zusammen und hätte beinahe laut aufgeschrieen, als sie eine sanfte Hand auf der Schulter spürte.
„Mireille, bitte verzeih mir, was ich getan habe!“ hörte sie die Stimme des Malers David. „Ich mußte ihn zu dir bringen. Mir blieb keine andere Wahl. Mein liebes Kind ...“
David zog sie hoch und vergrub sein Gesicht an ihrem Hals. Über seine Schulter hinweg sah Charlotte das lange, schmale Gesicht, die gepuderte Perücke und die funkelnden Augen Robespierres. Sein verlogenes und hinterhältiges Lächeln schwand schnell. Er sah sie erst überrascht, dann wütend an und hob schnell die Lampe, um sie genauer zu betrachten.
„Sie Dummkopf!“ kreischte er mit hoher Stimme und riß den schlotternden David von ihrer Schulter. Er deutete mit ausgestreckter Hand auf Charlotte und schrie: „Ich habe Ihnen gesagt, wir kommen zu spät! Aber nein - Sie mußten auf den Prozeß warten! Sie haben geglaubt, man werde sie freisprechen! Jetzt ist sie geflohen. Und nur Sie sind daran schuld!“
Er stellte die Lampe so heftig auf den Boden, daß er das Petroleum verschüttete. Er stieß David zur Seite, holte aus und schlug Charlotte mit aller Kraft ins Gesicht.
„Wo ist sie?“ schrie er. „Was haben Sie mit ihr gemacht? Sie hat Sie getäuscht. Sie werden für sie sterben - das schwöre ich -, wenn Sie nicht alles sagen! Sie werden unter der Guillotine sterben!“
Charlotte tropfte das Blut von den aufgeplatzten Lippen. Sie richtete sich würdevoll auf und sah Robespierre in die Augen. Dann lächelte sie.
„Das habe ich vor“, sagte sie ruhig.

LONDON 30. Juli 1793
    Talleyrand kehrte kurz vor Mitternacht aus dem Theater zurück. Er warf seinen Umhang auf einen Stuhl in der Eingangshalle und wölke in sein kleines Arbeitszimmer gehen, um noch einen Sherry zu trinken. Courtiade hielt ihn in der Halle auf.
    „Monseigneur“, flüsterte er, „ein Gast erwartet Sie. Ich habe die Dame in Ihr Arbeitszimmer geführt, wo sie auf Ihre Rückkehr warten. Es scheint mir sehr wichtig. Sie sagt, sie habe Nachrichten von Mademoiselle Mireille.“
    „Gott sei Dank - endlich!“ rief Talleyrand und eilte hinkend in das Arbeitszimmer. Vor dem Kamm stand eine schlanke Gestalt in einem schwarzen Samtcape. Als Talleyrand eintrat, schob sie die Kapuze zurück und ließ die weißblonden Haare auf ihre nackten
    Schultern fallen. Er sah die vorwitzige kleine Nase, das gewölbte Kinn, das tiefausgeschnittene dunkle Samtkleid, das ihre bezaubernde Figur betonte. Der Atem stockte ihm - ein kalter Schmerz umklammerte sein Herz, als er wie erstarrt in der Tür stehenblieb.
    „Valentine!" flüsterte er. Großer Gott, wie war das möglich? Wie konnte sie aus dem Grab zurückkehren?
Sie lächelte ihn mit glänzenden blauen Augen an. Schnell und geschmeidig kam sie auf ihn zu, kniete vor ihm nieder und drückte ihr Gesicht an seine Hand. Er legte die andere Hand auf ihre Haare und streichelte sie. Er schloß die Augen. Es brach ihm das Herz. Wie konnte es sein?
„Monsieur, ich bin in großer Gefahr“, flüsterte sie kaum hörbar. Aber das war nicht Valentines Stimme! Er öffnete die Augen und betrachtete das ihm zugewandte Gesicht — sie war so schön und sah Valentine so ähnlich. Aber es war nicht Valentine.
Seine Augen glitten über die goldenen Locken, über die glatte, weiche Haut, sahen den Schatten zwischen den Brüsten, ihre nackten Arme... Dann traf ihn der Schlag, als er sah, was sie in der Hand hielt. Sie streckte es ihm im zuckenden Flammenschein entgegen. Es war eine goldene, mit Edelsteinen besetzte Figur - ein Bauer des Montglane-Schachspiels!
„Ich überlasse mich Ihrer Gnade, Sire“, flüsterte sie, „ich brauche Ihre Hilfe. Mein Name ist Catherine Grand, und ich komme aus Indien...“

ALGIER Juni 1973
    Wir saßen in Minnie Renselaas' Wohnzimmer mit den Sprossenglastüren hinter einem Vorhang blühender und duftender Kletterpflanzen. Verschleierte Frauen brachten erlesene kleine Gerichte und Obst aus der Küche und stellten sie auf einen niedrigen Messingtisch. Dann verschwanden sie so stumm, wie sie gekommen waren. Lily sank auf einen Berg weicher Sitzkissen auf dem Boden und probierte einen Granatapfel. Ich saß neben ihr in einem üppigen marokkanischen Ledersessel und aß eine Köstlichkeit aus Kiwis und Dattelpflaumen. Mir gegenüber hatte sich Minnie Renselaas auf einem grünen Samtdiwan

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