Katherine Neville - Das Montglane-Spiel
Glastüren des Restaurants hinauf. Alle dreißig Meter standen Soldaten mit Maschinenpistolen. Als wir den Eingang erreichten, warf ich einen Blick durch die Glastür, in der Hoffnung, Kamel zu sehen.
Man hatte im Restaurant fünf Tafeln nebeneinander aufgestellt, die sich vom Eingang bis zur Rückwand des etwa dreißig Meter langen Raums zogen. In der Mitte befand sich eine Uförmige Empore mit Messinggeländer, Dort hatten die höheren Würdenträger Platz genommen. Selbst vom Eingang aus war die Machtdemonstration eindrucksvoll. Hier hatten sich nicht nur die Ölminister versammelt, sondern auch die Regierungschefs der einzelnen OPECLänder. Uniformen mit goldenen Tressen, bestickte Kaftane und runde Leopardenfellmützen, weiße Gewänder und schwarze Anzüge bildeten eine bunte Mischung.
Ein strenger Wachposten ließ sich von meiner Eskorte die Waffen geben und wies auf die Marmorempore über der Menge. Die beiden Soldaten geleiteten mich durch die langen Reihen der weißgedeckten Tafeln zu der kleinen Treppe in der Mitte. Ich sah Kamels Entsetzen über unseren Auftritt schon von weitem. An seinem Tisch angekommen, salutierte meine Eskorte, und Kamel erhob sich.
„Mademoiselle Velis!“ rief Kamel und sah die Soldaten an. „Vielen Dank, daß Sie unsere geehrte Delegierte an unseren Tisch begleitet haben. Hatte sie sich verirrt, Herr Hauptmann?“ Er sah mich aus den Augenwinkeln an, und mir wurde klar, daß ich ihm wohl bald so einiges erklären mußte.
„Im Kiefernwald, Herr Minister“, erwiderte der Soldat, „ein kleiner Unfall mit einem Hund. Sie sagte uns, daß sie hier an Ihrem Tisch erwartet wird...“ Er sah sich um. An dem Tisch saßen nur Männer, und es war kein Platz für mich gedeckt.
„Das war sehr aufmerksam von Ihnen“, sagte Kamel. „Sie können auf Ihren Posten zurückkehren. Ihr umsichtiges Handeln wird nicht vergessen werden.“ Die beiden Soldaten salutierten und zogen sich zurück.
Kamel bedeutete einem Kellner, noch ein Gedeck aufzulegen. Er blieb stehen, bis man einen Stuhl brachte, dann nahmen wir Platz. Kamel stellte mich den Herren am Tisch vor.
„Minister Jamani", sagte er und deutete auf das runde, rosa Engelsgesicht des saudiarabischen OPEC-Ministers zu meiner Rechten, der höflich nickte und sich etwas erhob. „Mademoiselle Velis ist die amerikanische Expertin. Sie hat die ausgezeichnete Computerstudie ausgearbeitet und die Analysen durchgeführt, von denen ich heute nachmittag gesprochen habe“, fügte er hinzu. Minister Jamani hob beeindruckt eine Augenbraue..
„Ich glaube, Sie kennen Minister Belaid bereits“, fuhr Kamel fort, als sich Abdelsalaam Belaid - er hätte ursprünglich meinen Vertrag unterschreiben sollen - augenzwinkernd erhob und mir die Hand schüttelte. Sein nußbrauner Teint, die silbernen Schläfen und die glänzende Glatze erinnerten mich an einen eleganten Mafioso.
Minister Belaid wandte sich nach rechts und sagte etwas zu seinem Tischnachbarn, der sich angeregt mit einem Herrn unterhielt. Die beiden unterbrachen das Gespräch und sahen ihn an. Mir wurde schwach, als ich sah, wer diese Herren waren.
„Mademoiselle Katherine Velis, unsere Computerexpertin aus Amerika“, sagte Belaid leise. Das lange, traurige Gesicht des Staatspräsidenten von Algerien, Houari Boumedienne, wandte sich mir zu. Der Staatspräsident warf mir einen kurzen Blick zu und sah dann seinen Minister an, als verstehe er nicht recht, was zum Teufel ich hier zu suchen habe. Belaid zuckte unverbindlich die Schultern und lächelte.
„ Enchanté “, sagte der Präsident.
„König Faisal von Saudi-Arabien“, fuhr Belaid fort und deutete auf ein scharf geschnittenes Gesicht mit Falkennase. Der Mann mit dem weißen Kopfputz sah mich nur kurz an und nickte, ohne zu lächeln.
Ich nahm das Weinglas, das vor mir stand, und trank. Wie um alles in der Welt sollte ich Kamel in dieser Runde sagen, was sich ereignet hatte und noch ereignete? Wie sollte ich hier wieder verschwinden, um Lily zu retten?
In diesem Augenblick entstand unten im Saal Aufregung. Alle drehten die Köpfe, um zu sehen, was dort geschah. Die etwa sechshundert Gäste hatten bereits Platz genommen. Die Kellner eilten geschäftig durch die Reihen mit Brot und Platten mit crudités und füllten die Gläser mit Wasser und Wein. Ein großer, gutaussehender dunkelhaariger Mann in einem weißen Gewand war hereingekommen. Sein Gesicht war dunkelrot vor Zorn. Er lief mit einer Reitpeitsche in der Hand durch die Reihen und
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