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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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wir Sie, und ich lade Sie unten zu einem Drink ein.“ Er eilte aus dem Raum.
Nachdem Hermanold soviel Aufhebens um mich gemacht hatte, liefen die Arbeiter respektvoll an mir vorbei. Ich beobachtete, wie sie den Stapel Spieltische aus dem Raum trugen und Stuhlreihen aufstellten, wobei sie einen Mittelgang freiließen. Dann knieten sie sich seltsamerweise auf den Boden und begannen, den Raum mit einem Maßband zu vermessen. Sie schienen alle Gegenstände im Raum nach einem unsichtbaren Plan zurechtzurücken.
Ich sah ihnen so neugierig zu, daß ich einen Mann, der geräuschlos hereingekommen war, erst bemerkte, als er an meinem Stuhl vorbeiging. Er war groß, schlank und hatte lange hellblonde Haare, die lockig über den Kragen fielen. Er trug eine graue Hose und ein weites Leinenhemd mit offenem Kragen, der den muskulösen Hals und die kräftigen Knochen eines Tänzers freigab. Er ging schnell zu den Arbeitern hinüber und sprach leise mit ihnen. Auch die Männer, die mit dem Maßband beschäftigt waren, standen sofort auf und kamen zu ihm. Er deutete auf etwas, und sie beeilten sich sofort, seinen Wunsch zu erfüllen.
Eine große Tafel wurde mehrmals verschoben, dann trugen sie den Richtertisch etwas weiter von der Spielfläche weg. Den Schachtisch rückten sie so lange hin und her, bis er offenbar genau in der Mitte zwischen beiden Wänden stand. Mir fiel auf, daß die Arbeiter trotz all der merkwürdigen Wünsche und Vorkehrungen nicht unwillig wurden. Sie behandelten den Mann mit großem Respekt und vermieden, ihn anzusehen, wenn sie seine Anweisungen entgegennahmen. Dann bemerkte ich, daß er mich nicht nur entdeckt hatte, sondern sich bei den Männern nach mir erkundigte. Er deutete in meine Richtung, drehte sich schließlich um und sah mich an. Der Mann wirkte auf mich sofort vertraut und gleichzeitig fremd.
Die hohen Wangenknochen, die schmale gebogene Nase und die kräftigen Kiefer bildeten kantige Flächen. Er hatte blasse grünlichgraue Augen - eine Farbe, die an Quecksilber denken ließ. Der Mann sah wie eine majestätische, steinerne Renaissancestatue aus. Und wie Stein hatte er auch etwas Kaltes und Undurchdringliches an sich. Er schlug mich in Bann, so wie eine Schlange einen Vogel hypnotisiert. Ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet, als er plötzlich die Arbeiter allein ließ und quer durch den Raum zu mir kam.
Neben meinem Stuhl angelangt, ergriff er meine Hände und zog mich hoch. Mit einer Hand unter dem Ellbogen führte er mich zur Tür, ehe ich überhaupt begriffen hatte, was geschah, und flüsterte mir ins Ohr: „Was tun Sie hier? Sie hätten nicht kommen dürfen.“ Ich hörte den leichten Anklang eines Akzents. Sein Verhalten schockierte mich, denn schließlich war ich für ihn eine Fremde. Ich blieb wie angewurzelt stehen.
„Wer sind Sie?“ fragte ich.
„Es ist jetzt nicht wichtig, wer ich bin“, sagte er leise. Er sah mir mit seinen blaßgrünen Augen forschend ins Gesicht, als versuche er, sich an etwas zu erinnern. „Es ist wichtig, daß ich weiß, wer Sie sind. Sie haben einen schweren Fehler gemacht, hierherzukommen. Sie sind in großer Gefahr. Ich spüre überall Gefahr, auch jetzt.“
Wo hatte ich diese Worte schon einmal gehört?
„Was reden Sie da?“ sagte ich. „Ich bin zu dem Schachturnier gekommen. Ich bin in Begleitung von Lily Rad. John Hermanold hat mir gesagt, daß ich -“
„Ja, ja“, sagte er ungeduldig, „das weiß ich. Aber Sie müssen auf der Stelle gehen. Bitte verlangen Sie von mir keine Erklärung. Verlassen Sie den Club so schnell wie möglich... und tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe.“
„Das ist ja lächerlich!“ erwiderte ich laut. Er warf einen Bück über die Schulter nach den Arbeitern und sah mich dann wieder an. "Ich werde nicht gehen, wenn Sie mir nicht erklären, was das bedeuten soll. Ich habe keine Ahnung, wer Sie sind. Ich habe Sie noch nie in meinem Leben gesehen. Mit welchem Recht -“
„Doch, das haben Sie“, unterbrach er ruhig, legte seine Hand sehr behutsam auf meine Schulter und sah mir in die Augen. „Und Sie werden mich wiedersehen. Aber jetzt müssen Sie auf der Stelle gehen.“
Dann war er verschwunden. Er hatte sich auf dem Absatz umgedreht und verließ den Raum so geräuschlos, wie er gekommen war. Ich blieb einen Augenblick stehen, bis ich bemerkte, daß ich zitterte. Ich warf einen Blick auf die Arbeiter, die immer noch dabei waren, Stühle zurechtzurücken, und denen nichts Ungewöhnliches aufgefallen zu sein schien.

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