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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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das Blut aus dem Kopf wich. Ich suchte hinter mir mit den Händen Halt und lehnte mich schließlich gegen den Stein. Solarin sah mich ruhig an. Er trug wie am Vortag die graue Hose, darüber eine dunkle Lederjacke, die seine Haut noch blasser wirken ließ. „Setzen Sie sich“, sagte er leise. „Setzen Sie sich neben mich. Ich habe nur wenig Zeit.“ Ich setzte mich schweigend neben ihn. „Ich habe gestern versucht, Sie zu warnen. Sie wollen nicht auf mich hören. Jetzt wissen Sie, daß ich Ihnen die Wahrheit sage. Sie und Lily Rad dürfen nicht mehr bei diesem Turnier erscheinen, wenn Sie nicht auch so enden wollen wie Fiske.“
„Sie glauben also nicht, daß es Selbstmord war?“ flüsterte ich. „Seien Sie nicht dumm. Ein Profi hat ihm das Genick gebrochen. Ich habe ihn als letzter lebend gesehen. Er war gesund und munter. Zwei Minuten später war er tot.“ „Vielleicht haben Sie ihn umgebracht“, erwiderte ich. Solarin lächelte. Er lächelte so bezaubernd, daß sich sein Gesicht völlig veränderte. Er beugte sich vor und legte mir beide Hände auf die Schultern. Ich spürte augenblicklich eine angenehme Wärme, die von seinen Fingern auf mich überging. „Wenn wir zusammen gesehen werden, bringe ich mich in große Gefahr. Also hören Sie mir bitte genau zu. Nicht ich habe auf den Wagen Ihrer Freundin geschossen. Und es ist kein Zufall, daß ihr Chauffeur verschwunden ist.“ Ich sah ihn staunend an. Lily und ich wollten keinem Menschen etwas erzählen. Wie konnte Solarin es wissen, wenn er es nicht selbst getan hatte? „Sie wissen, was mit Saul geschehen ist? Sie wissen, wer geschossen hat?“ Solarin sah mich schweigend an. Seine Hände lagen noch immer auf meinen Schultern. Sie drückten etwas fester, als er mich wieder freundlich anlächelte. Wenn er lächelte, sah er unglaublich jung aus. „Sie haben sich nicht in Ihnen geirrt“, sagte er ruhig, „Sie sind es wirklich.“ „Wer hat sich nicht geirrt? Sie wissen etwas und sagen es mir nicht“, erwiderte ich gereizt. „Sie warnen mich, aber Sie sagen mir nicht warum. Kennen Sie die Wahrsagerin?“ Solarin nahm sofort die Hände von meinen Schultern, und sein Gesicht verschwand wieder hinter einer undurchdringlichen Maske. Ich wußte, ich setzte alles aufs Spiel, aber ich konnte nicht schweigen. „Sie kennen diese Frau“, sagte ich. „Und wer ist der Mann auf dem Fahrrad? Sie müssen ihn auch gesehen haben, wenn Sie mir gefolgt sind! Warum verfolgen Sie mich und warnen mich, hüllen sich aber sonst in Schweigen? Was wollen Sie? Was hat all das mit mir zu tun?“ Ich mußte Luft holen. Ich durchbohrte Solarin mit meinen Blicken. Er sah mich unverwandt an. „Ich weiß nicht, wieviel ich Ihnen sagen soll“, erwiderte er sehr sanft, und zum ersten Mal
hörte ich den slawischen Akzent unter dem korrekten und knapp formulierten Englisch. „Alles, was ich Ihnen sage, könnte Sie nur noch mehr gefährden. Ich muß Sie bitten, mir zu Vertrauen, denn ich habe sehr viel riskiert, um mit Ihnen zu sprechen.“ Zu meiner großen Überraschung hob er die Hand und fuhr mir so behutsam über die Haare, als sei ich ein Kind. „Gehen Sie nicht mehr zu diesem Schachturnier. Trauen Sie keinem
Menschen. Sie haben mächtige Freunde auf Ihrer Seite, aber Sie wissen nicht, was das für ein
Spiel ist, in dem Sie eine Rolle spielen.. .“
„Ich spiele kein Spiel.“
„O doch, das tun Sie“, erwiderte er und sah mich unendlich zärtlich an, als wolle er mich in die Arme nehmen. „Sie spielen Schach. Aber keine Angst, ich bin Meister in diesem Spiel. Und ich stehe auf Ihrer Seite.“
Er stand auf und ging zur Tür. Ich folgte ihm völlig verwirrt. Als wir die Tür erreichten, drückte sich Solarin mit dem Rücken gegen die Wand und lauschte, als rechne er damit, daß jemand hereinkommen werde. Dann sah er mich an. Er schob eine Hand in die Jacke und bedeutete mir mit einer Kopfbewegung, vor ihm hinauszugehen. Ich sah, daß er unter der Jacke einen Revolver in der Hand hielt. Ich schluckte und verließ den Raum, ohne mich noch einmal umzusehen. Durch die Glaswände der Eingangshalle fielen die hellen Sonnenstrahlen der Wintersonne. Ich eilte zum Ausgang. Ich zog den Mantel enger um mich, überquerte den weiten, vereisten Vorplatz und eilte die Stufen zum East River Drive hinunter. Ich kämpfte gegen den eisigen Wind an und hatte bereits den Delegierteneingang erreicht, als ich wie angewurzelt stehenblieb. Meine

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