Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
einen kleinen Foxterrier, den sie abgöttisch liebte.
Pearls Mutter Ray war Perfektionistin, sie kochte hervorragend und kümmerte sich um den Haushalt. Ihr Vater Isadore, der dank seiner Nickelbrille den Spitznamen »Doc« trug, verkaufte als Vertreter einer Fabrik für Damenbekleidung an den Einzelhandel.
Obwohl die lebhafte Pearl ein kluges Mädchen war, interessierte sie sich nicht sehr für die Schule, dafür umso mehr für Jungs.
»Ich hätte eigentlich einen Arzt heiraten sollen, meine Eltern hatten ihn schon für mich ausgesucht – ein stattlicher Mann«, erzählte sie lachend und erinnerte sich mit Wonne an ihren Verehrer.
»Na ja, vielleicht sah er gut aus, aber es hat ihm nicht viel geholfen. Dann kam nämlich ich«, warf Arthur ein.
»Jawohl, Weihnachten 1934. Damals arbeitete ich Teilzeit an der Parfumtheke bei Macy’s «, erklärte Pearl. »Und Arthur suchte nach einem Geschenk für seine Mutter. Ich war das Geschenk! Und Arthur sah auch ganz passabel aus.«
»Ich war unwiderstehlich«, murrte Arthur, dessen Familie einen Malerbetrieb hatte. Der Doktor war dann jedenfalls Geschichte, wie er weiter erklärte.
Das junge Paar fand sofort aneinander Gefallen, und sie stellten fest, dass sie nur ein paar Häuser voneinander entfernt an der Aqueduct Avenue wohnten. Es war Liebe auf den ersten Blick.
1935 heiratete Pearl den Jungen von nebenan, auch wenn ihre Eltern sie mit dreiundzwanzig Jahren für zu jung hielten.
Trotz der munteren Schlagfertigkeit und der offenen Zuneigung, mit der sich die beiden begegneten, spürte ich bei meinen Besuchen doch auch eine gewisse Traurigkeit, ein Gefühl des Verlusts oder der Reue. Anfangs konnte ich mir keinen Reim darauf machen, erst nach ein paar Jahren verstand ich es.
Wie ich später herausfand, war Pearl bald nach ihrer Hochzeit schwanger geworden, und das Paar war außer sich vor Freude. Doch ihr Glück war nur von kurzer Dauer.
Im dritten Schwangerschaftsmonat wurde bei Pearl ein Tumor an den Eierstöcken festgestellt. Sie war am Boden zerstört, als man ihr erklärte, dass der Tumor sofort entfernt werden müsste, ansonsten könnte er lebensbedrohlich werden. Schließlich wurde sie operiert, wobei auch die Gebärmutter entfernt wurde. Und natürlich verlor sie auch ihr Kind.
Über diese Tragödie sprach Pearl nie.
Nach der Hochzeit waren Pearl und Arthur in eine kleine Wohnung in die Bronx gezogen, doch nach der Operation war Pearl so niedergeschlagen, dass die beiden bei Pearls Eltern wohnten.
Im Schoß ihrer Familie erholte sie sich allmählich und fasste neuen Mut. Einige Jahre später wurde Arthur zur Marine eingezogen.
Obwohl er nur selten von seinen Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg sprach, erinnerte er sich oft an seinen besten Freund auf dem Schiff, einen zahmen Affen. Eines Tages kramte er in einer Schuhschachtel in alten Fotos und zog ein Bild hervor, auf dem er als barbrüstiger junger Matrose zu sehen war, der das vorwitzige Äffchen der Kamera entgegenstreckte. »Dieses Kerlchen hatte mehr Verstand als einige meiner Kumpels«, meinte er lachend.
»Und manchmal auch mehr als du«, stichelte Pearl.
Nach dem Krieg arbeitete Pearl als Sekretärin bei einem Schriftsteller – »Ich habe zwölf Dollar die Woche verdient, und fünf habe ich meiner Mutter abgegeben« –, und Arthur fand eine Stelle als Verkäufer in einem Geschäft für Damenbekleidung. Währenddessen lebten sie weiter bei Pearls Eltern. Die Jahre gingen ins Land, sie wurden zu Jahrzehnten, und schließlich hatten Pearl und Arthur beinahe ihr ganzes Leben als Ehepaar bei Pearls Eltern gelebt.
Sie blieben in der Bronx, bis sie fast siebzig Jahre alt waren, und kümmerten sich um Ray und Doc bis zu deren Tod. Danach versorgten sie noch Arthurs Mutter bis an ihr Ende. Von ihren familiären Verpflichtungen erholten sie sich in einem kleinen Landhaus in Dutchess County, in dem sie die Wochenenden verbrachten.
Pearl und Arthur hatten also als Paar nahezu nie allein gelebt, bis sie 1983 nach Battery Park City zogen.
Erst dann führten sie einen eigenen Haushalt, doch die fehlende Nähe ihrer Verwandten hatte ein Vakuum hinterlassen.
Kurz bevor ich sie kennenlernte, hatte selbst ihr geliebter Spaniel Brandy sie verlassen. Deshalb schlugen Pearl und Arthur überaus bereitwillig ein neues Kapitel in ihrem Leben auf und adoptierten mich und Katie.
Anfangs war Pearl recht verschlossen, doch je näher wir uns kamen, desto mehr Einblick gewährte sie mir in ihre Gefühlswelt.
Von
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