Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
einigen Verwandten war sie enttäuscht und hatte die Verbindung gekappt, auch wenn sie ihre in London lebende Großnichte Susan und ihren Großneffen James in Boston innig liebte. Wie alle guten Tanten gab sie mit den beiden an und zeigte mir ihre Briefe und Postkarten, auch wenn sie es bedauerte, dass sie nur ein bis zwei Mal im Jahr zu Besuch kamen.
Da sie so zurückhaltend war, hätte sie den beiden auch nie von ihren begrenzten Mitteln erzählt. »Unser Budget ist sehr straff«, erklärte sie mir. Auch Arthurs Gesundheit machte ihr Sorgen. Er war oft erkältet und hatte Atemwegsinfekte oder Schmerzen wegen seiner Arthritis.
»Arthur war immer so stark, in Atlantic City waren wir oft beim Tanzen«, erzählte sie mir liebevoll lächelnd und betrachtete ihr kostbares Foto aus den Flitterwochen, die sie dort verbracht hatten: Sie trägt einen mit Pelz verbrämten Mantel und sieht sehr schick aus, Arthur wirkt sehr lässig in einem blauen Blazer und einer weißen Hose.
»Aber jetzt verbringt er zu viel Zeit im Bett«, meinte sie stirnrunzelnd. Dennoch war sie fest entschlossen, ihn bei Kräften zu halten, und kaufte nach Möglichkeit nur Dinge ein, die er gern aß. Obst und Gemüse besorgte sie häufig auf dem Bauernmarkt.
Ich staunte über Pearls Energie. Obwohl sie schon fast achtzig Jahre alt war, hatte sie einen straffen Körper und war fast nie krank. Den Einkauf, Kochen und Putzen erledigte sie ganz allein, außerdem kümmerte sie sich um Arthur und natürlich auch um Katie.
»Ich habe meinem kleinen Mädchen heute ein paar Hundevitamine besorgt«, erklärte sie Katie eines Tages und steckte ihr eine Kautablette ins Maul, bevor Katie Widerstand leisten konnte. Danach gab’s noch einen leckeren Hundekuchen. »Und jetzt geh zum Fenster und sonne dich ein bisschen«, befahl sie. Katie gehorchte und legte sich für ein kleines Nickerchen auf den Rücken.
Auch um mich kümmerte sich Pearl rührend und behandelte mich wie den Enkel, den sie nie gehabt hatte. Wie meine Großmutter besorgte sie mir mein Lieblingsroggenbrot mit Schwarzkümmel, verwöhnte mich mit Lachs und Frischkäse und erledigte Nachbarschaftsdienste. So nahm sie meine Post oder Pakete in Empfang, wenn ich geschäftlich unterwegs war.
Und obwohl sie es nie direkt ausgedrückt hätte, spürte ich ihre Liebe und Zuneigung schon allein an der Art, wie sie mich betrachtete oder mich leicht an der Schulter oder am Arm berührte.
Sie ging auch gern mit mir aus, während Arthur es vorzog, zu Hause zu bleiben und zu lesen. Wir gingen dann zusammen ins Kino, auf den Broadway, zum Essen oder zum Einkaufen, oder wir unternahmen ausgedehnte Spaziergänge mit Katie auf der Esplanade.
Pa-Re-El und ich standen uns mittlerweile sehr nah. Aber die täglichen Streiche »des Kinds«, Katies Bedürfnisse und Stimmungen standen nach wie vor im Mittelpunkt und verbanden uns am stärksten.
1992 feierten wir Katies vierten Geburtstag mit einem Karottenkuchen. Pearl reichte ihr die Häppchen mit der Gabel, und Katie ließ es sich schmecken, wobei ihre Schnauze bald mit Frischkäseglasur verschmiert war.
Bei dieser Gelegenheit fiel mir wieder einmal die innige Beziehung zwischen Pearl und Katie auf, obgleich mein Hund auch Arthur sehr nahestand.
Pearl jedoch wurde von Katie richtig verehrt. Wenn sie kochte, lag Katie auf dem Küchenfußboden; wenn sie putzte, lag Katie auf der Couch im Wohnzimmer; und beide sahen Seite an Seite auf Pearls Bett liegend fern – oft eine Kochshow.
Als sich Pearl eines Tages Oprah Winfrey an s ah, drückte Katie die Pfote auf die Fernbedienung – was sie bei Pearl oft beobachtet hatte – und wechselte das Programm.
»Nein!«, fauchte Pearl, nahm die Fernbedienung an sich und schaltete zurück zu ABC.
Doch Katie holte sich die Fernbedienung erneut und schlug mit der Pfote auf die Knöpfe. Es schien, als würde sie eine Verbindung herstellen zwischen dem, was sie tat, und dem Wechsel von Bildern und Geräuschen. Und der gebannte Ausdruck auf ihrem Gesicht sagte mir, dass sie den kleinen Streich richtig genoss.
»Nein!«, wiederholte Pearl, versteckte die Fernbedienung unter ihrem Kopfkissen und lehnte sich darauf, als Katie sie wieder hervorholen wollte.
»Sie führt sich auf wie eine Königin«, sagte Pearl später zu mir. »Aber sie ist wirklich superschlau.«
Außerdem war sie natürlich auch ständig hungrig. Am meisten ärgerte sie Pearl, wenn sie die Fernbedienung wie einen Hundekuchen behandelte und hineinbiss. »Das
Weitere Kostenlose Bücher