Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
Rückblick erkenne ich, dass mein Ego viel zu groß geworden war. Bei all den Stars, mit denen ich zu tun gehabt hatte, war ich mir selbst viel wichtiger vorgekommen, als ich tatsächlich war. Nun zeigte sich, dass ich nicht unersetzlich war. Ich bemühte mich natürlich, einen neuen Job zu finden, doch der Markt war mit entlassenen Daily-News- Mitarbeitern überschwemmt, und ich ging leer aus.
Als sich der Winter 1993 seinem Ende zuneigte, war ich vollkommen demoralisiert. Innerhalb weniger Wochen war ich vom Helden zum Niemand geworden. Trotz meiner früheren Leistungen kam ich mir wie ein kompletter Versager vor.
Diszipliniert hatte ich meine Wohnung stets um halb acht verlassen und war bis neun Uhr abends unterwegs gewesen. Jetzt hockte ich den lieben langen Tag zu Hause und war völlig desorientiert. Es gehört nicht viel dazu, zufrieden zu sein, wenn alles nach Wunsch läuft; aber sich trotz widriger Umstände gut zu fühlen ging über meine Kräfte. In solchen Zeiten braucht man unbedingt Freunde, Verwandte – und einen Hund.
Obwohl ich völlig aus der Spur geraten war, beharrte Katie auf ihrer Routine – sie rannte wie üblich nach dem Frühstück zu Pearl. Immerhin schaffte ich es, sie mir am Nachmittag zu schnappen, einen langen Spaziergang mit ihr zu machen und sie mit weit mehr Aufmerksamkeit zu bedenken, als sie von mir gewohnt war.
Pearl und Arthur waren wie üblich unvoreingenommen und sprachen mir Mut zu. »Bestimmt ergibt sich bald etwas Neues«, meinte Arthur. Am meisten halfen mir unsere gemeinsamen Mahlzeiten, wenn wir über Katie und die Nachbarschaft plauderten und uns nicht auf »das Problem« konzentrierten.
Eines Tages im März ging ich während eines Schneesturms verdrossen auf einen ziemlich steilen Hügel im Park. Plötzlich knackste etwas in meinem Rücken, und die Muskeln verkrampften sich. Mit meinem Rücken hatte ich schon immer Probleme gehabt, und bei Stress, wenn ich zu viel saß oder mich bückte, wurden die Schmerzen meist schlimmer. Aber so etwas war mir noch nie passiert. Ich konnte mich kaum bewegen und humpelte vornübergebeugt nach Hause.
In den folgenden Wochen mobilisierte mich Pearl immer wieder und war hilfreich wie noch nie. Mein Gebrechen schien ihr neue Kräfte zu verleihen. Sie ging mit Katie spazieren und kümmerte sich auch sonst um alles, was mit meiner Hündin zu tun hatte – sie fütterte sie, spielte mit ihr und kämmte sie. Außerdem half sie mir beim Wechseln der Bettwäsche, besorgte mir meine Medizin aus der Apotheke, erledigte meine Einkäufe und holte meine Post.
An den meisten Abenden kam sie mit einem mehrgängigen Menü zu mir: heiße Suppe, Salat, gegrillter Lachs, Spaghetti, eine Thunfischkasserolle oder panierte Hühnchenschnitzel, und zum Nachtisch eine Tarte oder ein Kuchen.
Katie schleckte sich das Mäulchen und stibitzte möglichst viel von dem Essen, versuchte aber auch, mich aufzumuntern, wenn ich, ein Kissen im Rücken und abwechselnd mit einem Eisbeutel oder einem Heizkissen, dasaß.
»Das Kind bewegt sich sehr viel besser als du!«, witzelte Pa-Re-El und bewunderte Katies sportliche Leistung, wenn sie aufs Bett sprang und mir eine Socke brachte, um damit herumzubalgen.
Katie, Pearl und Arthur munterten mich weit mehr auf, als es ein Job je hätte tun können. Ich war froh um sie wie nie zuvor; sie in meiner Nähe zu wissen war unglaublich tröstlich.
In den nächsten Monaten suchte ich einen orthopädischen Chirurgen, einen Chiropraktiker, einen Schmerzspezialisten und einen Physiotherapeuten auf und erfuhr, dass ich meinen Lebensstil drastisch würde ändern müssen: Verboten war langes Sitzen am Schreibtisch, sich bücken und rennen; erlaubt war moderater Sport, aber keine Anstrengung.
Jetzt war ich wirklich deprimiert. Wie konnte ich so rasch von »kann alles tun« auf »kann nichts mehr tun« fallen? Gehen konnte ich natürlich und mich um die grundlegenden Dinge kümmern auch, aber meine Welt hatte sich dramatisch verändert – und das alles innerhalb von drei Monaten.
Ich brauchte Hilfe – und zwar nicht nur praktische Hilfe. Anfang Januar des darauf folgenden Jahres fand ich sie im Stadtteilzentrum an der West 13th Street in Greenwich Village. Dort gab es gesellige Zusammenkünfte, aber auch Selbsthilfegruppen, Gruppen für ehemalige Alkoholiker und ein breites Spektrum von Angeboten rund um Gesundheit, Jugend und Familie. Jährlich fanden dort mehr als vierzehntausend Aktivitäten statt.
Ich ging fast täglich zu
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