Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
Katie. Noch nie hat sie so etwas getan, denn eigentlich hasst sie Kinder. Aber heute ist es offenbar nicht so.«
Schnell stellten wir fest, dass wir viel gemeinsam hatten. John hatte an der Stanford University Computerwissenschaften studiert und danach an der Northwestern University einen Master in Journalismus gemacht. Jetzt arbeitete er für die New York Times . Ich erzählte ihm, dass ich bei den Daily News in Ungnade gefallen war, und er meinte, das täte ihm leid. Aber hauptsächlich unterhielten wir uns über unsere »Kids«, das Menschen- und das Hundekind.
»Ryan hat viele Tanten und Onkel, die auch Kinder in seinem Alter haben«, erklärte John. »Aber keiner lebt hier in der Nähe.«
Er erzählte mir, dass er in Chicago als eines von fünf Kindern aufgewachsen war. Im Alter von neun Jahren hatte er seine Mutter verloren – sie war an Krebs gestorben –, und während seiner Collegezeit war auch sein Vater gestorben. Ohne Mutter aufzuwachsen war nicht leicht für ihn gewesen. Jetzt wollte John unbedingt eine eigene Familie haben, denn all seine Geschwister lebten im Westen.
Vielleicht will er einen leeren Raum in seinem Herzen füllen, das so viele Verluste erlitten hat, dachte ich. Aber später wurde mir klar, dass er einfach nur ausgesprochen kinderlieb war und ein Kind aufziehen wollte.
John und Ryan wohnten in Montclair, New Jersey. John hatte sich vor Kurzem von seinem langjährigen Partner getrennt und wollte jetzt nach New York ziehen, um ein neues Leben anzufangen.
»Das Pendeln wird immer schwieriger«, erklärte er mir. »Jeden Morgen bringe ich Ryan in den Kindergarten und fahre mit dem Bus nach Manhattan zur Arbeit. Am Abend heißt es dann wieder Ryan vom Kindergarten abholen, und dann kommen wir immer erst ziemlich spät nach Hause. Ich muss unbedingt eine Wohnung in Manhattan finden.«
»Du solltest dein Glück in Battery Park City versuchen«, schlug ich ihm vor. »Ich lebe dort ausgesprochen gern.« Scherzhaft fügte ich hinzu, dass die dreihundert Hunde, die in unserer Anlage lebten, Ryan ziemlich beschäftigt halten würden.
»Daran hatte ich noch gar nicht gedacht«, meinte er.
»Das Viertel bietet wirklich einiges, es liegt direkt am Wasser, es gibt einen Hafen, Boote, den Blick auf die Freiheitsstatue, und außerdem wohnen dort sehr viele Familien mit Hunderten von Kindern, und es gibt auch eine hervorragende Grundschule.«
Am nächsten Tag nahm ich John mit und zeigte ihm alles. In unserem Mieterbüro ließ er sich auf die Warteliste für eine Dreizimmerwohnung setzen. »Es wird mindestens ein halbes Jahr dauern«, warnte man ihn. Das machte John ziemliche Sorgen, weil er im Mai aus seiner Wohnung ausziehen musste.
Doch dann im April rief ihn die Hausverwaltung an. »Es ist eine Wohnung frei geworden, aber Sie müssten gleich vorbeikommen und sie sich ansehen. Heute Abend ist sie weg.«
John kam sofort, und ich staunte, als der Verwalter ihn in mein Stockwerk führte.
»Wohin gehen wir denn?«, fragte ich.
»Wir sind schon da!«, erwiderte der Verwalter lachend und führte uns den Gang entlang zur Wohnung 3P.
Ich konnte es kaum glauben, dass die einzige freie Wohnung in unserer Anlage, die immerhin sechs Gebäude und über tausendsiebenhundert Wohneinheiten umfasste, sich ausgerechnet auf meinem Stockwerk befand.
»Wie, glaubst du wohl, standen die Chancen, dass so etwas passieren würde?«, fragte ich John.
»Eins zu einer Million«, erwiderte er lachend.
Am nächsten Tag unterschrieb John den Mietvertrag für die Wohnung 3P.
»War das eine Fügung des Schicksals?«, fragte ich John später.
»Ganz bestimmt. Eine höhere Macht hat eingegriffen. Es wäre etwas völlig anderes, wenn ich auf einer anderen Etage oder in einem anderen Haus wohnen würde.«
Die Wende meines Schicksals – dass ich meinen Job verloren hatte und krank geworden war – zwang mich, die Dinge langsamer angehen zu lassen, mich auszuruhen und nachzudenken. Und da ich genügend Zeit dafür hatte, begann mein Leben, eine unerwartet positive Richtung zu nehmen. Neue Menschen und neue Aktivitäten hielten Einzug. Diese Veränderung – dank der ich jetzt auch mehr Zeit mit Katie verbringen konnte – bescherte mir noch so manche Überraschungen und Abenteuer, mit denen ich nie gerechnet hätte.
Wie John ging auch ich nach wie vor zu den Treffen der Selbsthilfegruppe im Stadtteilzentrum. Ein Teil meiner »Therapie« bestand darin, bei einer Theateraufführung mitzumachen, einer Parodie auf den
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