Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
hatte, würde das natürlich eine Umstellung für sie sein. Sie nahm es zwar gelassen, aber ihr war wohl nicht klar, wie drastisch sich ihr Leben buchstäblich über Nacht verändern würde.
Jetzt brauchte sie sogar bei den einfachsten Dingen Hilfe. Sie konnte nicht allein laufen, und wenn man sie stützte, schaffte sie es auch nur wenige Schritte. Sie musste also lernen, mit einem Rollator zu gehen. Ihre Hände zitterten so stark, dass sie jemanden brauchte, der ihr das Essen mundgerecht zuschnitt und sie fütterte. Und natürlich brauchte sie auch Hilfe dabei, auf die Toilette zu gehen.
Katie schien zu merken, wie gebrechlich Pearl geworden war. Sie schleckte ihr immer nur ganz vorsichtig die Hand ab und drückte sich dann sachte an ihre Seite. Sorgfältig vermied sie es, sich auf Granny zu legen, wie sie es früher gern getan hatte.
Ich konnte mich nicht rund um die Uhr um Pearl kümmern, und selbst wenn, wäre es uns beiden peinlich gewesen. Deshalb wandten wir uns an den Sozialdienst des Krankenhauses. Dort half man uns, eine weibliche Hilfskraft zu finden, die uns nach Hause begleiten und sich zumindest vorläufig um Pearl kümmern würde.
Loretta war eine sehr erfahrene Pflegerin, eine Frau in mittleren Jahren, die ihre Arbeit sehr ernst nahm. Am Tag, als Pearl entlassen wurde, half sie ihr gewissenhaft beim Anziehen und setzte sie in einen Rollstuhl. Doch Granny lehnte ihre Hilfe vom ersten Moment an ab.
»Wo hast du denn dieses Weib aufgetrieben?«, flüsterte Granny mir missbilligend zu. »Ich mag sie nicht, und Katie wird sie auch nicht mögen.«
Auf der Heimfahrt redete Pearl kein Wort mit Loretta, und auch Katie ignorierte sie. In den folgenden Tagen schlich Katie nur mit gesenktem Schwanz in Pearls Wohnung herum. Sie war unglücklich über den Eindringling. Pearl verbarrikadierte sich in ihrem Schlafzimmer und sprach mit Loretta nur, wenn es gar nicht anders ging.
»Na komm schon, Granny, sie ist eine nette Frau, und wir brauchen jemanden, der dir hilft«, meinte ich.
»Ich schicke sie in deine Wohnung, dann kann sie dir helfen.«
Was wirklich gegen Loretta sprach, war die Art, wie sie mit der Pflegebedürftigen umging. Sie war Pearl gegenüber sehr bestimmend, die gewohnt war, die Herrin im Haus zu sein. Verständlicherweise hasste Pearl es, wenn sie wie ein Kind behandelt wurde, und es war ihr peinlich, Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, vor allem auf der Toilette.
Außerdem konnte Loretta sich nicht mit Katie anfreunden. Sie beschwerte sich, dass Katie auf dem Fußboden Wasser verspritzte und dass ihre Anwesenheit unhygienisch war.
»Ich mache nicht hinter ihr sauber«, schnaubte sie. Und sie wollte Katie auch nicht füttern, obwohl Katie von klein auf daran gewöhnt war, in dieser Wohnung gefüttert zu werden.
Da es Loretta an Einfühlungsvermögen mangelte, erkannte sie weder die intensive Bindung zwischen Katie und Pearl noch den therapeutischen Wert von Katies Anwesenheit.
Zwei Wochen später war Loretta weg.
Als Nächstes kam La-Teesha, eine wesentlich jüngere Frau, die Hunde liebte und gern mit Katie spielte – und sie überfütterte. Doch die meiste Zeit telefonierte sie auf dem Handy mit ihrem Freund. Sie war nicht besonders interessiert an Grannys Pflege und behandelte sie eher als Last. Außerdem fanden wir ein Stück von Grannys Spode-Porzellan in ihrer Umhängetasche. Sie blieb uns gerade mal eine Woche.
Nach diesen beiden Fehlschlägen lagen wir endlich mit einer Frau aus Georgien goldrichtig. Naia hatte in ihrer Heimat als Ärztin gearbeitet und war jetzt als Pflegehelferin tätig. Georgien hatte früher zur Sowjetunion gehört, erklärte ich Pearl.
»Also ist sie eine Russin?«, fragte Granny, die nach der letzten Katastrophe extrem misstrauisch geworden war. »Eine Kommunistin?«, witzelte sie.
»Lerne sie doch einfach kennen«, beharrte ich, denn wir brauchten dringend eine neue Pflegerin. »Wir haben großes Glück, dass sie uns helfen will. Sie ist eine ausgebildete Ärztin.«
»Mag sie Hunde?«, fragte Pearl. »Ich dachte, die erste Pflegerin würde uns Katie irgendwann im Eintopf servieren.«
»Sie liebt Hunde. Gib ihr eine Chance.«
Am Tag des Einstellungsgesprächs stand Naia auf Pearls Schwelle – eine wunderschöne junge Frau Anfang dreißig mit langen dunklen Haaren, herrlich geschwungenen Augenbrauen und unglaublich strahlenden blauen Augen. Bei unserem Gespräch beeindruckte sie mich mit ihrer Ernsthaftigkeit und Intelligenz. Dankbar nahm ich zur
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