Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
einer ein Ständchen bringt.«
»Gefällt Ihnen meine bescheidene Darbietung denn nicht?«
»Sie ist mir peinlich.« Sie hätte ihm peinlich sein sollen, aber wenn man einmal nackt im Central Park gesessen hat, ist einem wohl so schnell nichts mehr peinlich. Dann kam mir eine Idee. »Die Liebe wächst mit der Entfernung, müssen Sie wissen.«
In Sekundenschnelle war er mitsamt seiner Gitarre verschwunden. Das hätte mir schon eher einfallen sollen. Erleichtert machte ich mich auf den Weg nach Hause.
So begann meine zweite Woche bei MMI. Sie verlief ein wenig normaler als die vorangegangene – jedenfalls so normal, wie eine Woche in einer magischen Firma überhaupt sein kann. Es gab keine neuen Eindringlinge – zumindest sah ich keine –, und ich wurde auch nicht hinzugebeten, während irgendwelche neuen, potenziell gefährlichen Zauberformeln erprobt wurden. Ich traf mich ein paar Mal mit Mr. Hartwell, um mit ihm über Marketing zu diskutieren, doch Merlin bekam ich überhaupt nicht zu Gesicht.
Owen und sein Team testeten wahrscheinlich immer noch diese Formel und versuchten einen Gegenzauber zu finden, denn er sah häufig ganz blass und müde aus. Nach einer weiteren Woche ohne deutlichen Fortschritt zeigte sich auf seiner Stirn eine tiefe Sorgenfalte. Wir fuhren morgens weiterhin zusammen zur Arbeit, aber sonst sah ich ihn nicht.
Ich ging regelmäßig mit Ari zum Lunch und gelegentlich auch mit Isabel, und durch sie erfuhr ich einiges über das Leben in der magischen Welt. Auch über den Sinn und Zweck meines Jobs lernte ich in den nächsten Wochen viel dazu. Ich wurde öfter in den Vertrieb gerufen, wo ich nach Zauberformeln suchen sollte, die Idris möglicherweise irgendwo versteckt hatte, und ich musste mich vergewissern, dass die Ladenbesitzer mit unseren Marketingbotschaften auf einer Linie waren. Außerdem besuchte ich einige Meetings und verfeinerte meine Ideen zu einer effektiveren Echtzeit- und Live-Verifizierung.
Dass ich mich an meinen neuen Job gewöhnte, machte es auch zu Hause einfacher für mich. Zwischen meinen Freundinnen und mir lief wieder alles ganz normal, wenn man von der Tatsache absah, dass für mich nicht mehr jedes Wochenende ein Date mit einem neuen Typen arrangiert wurde. Gemma schwor, dass sie an dem Projekt fester Freund arbeitete, aber noch nicht den Richtigen für mich gefunden hätte. Ich genoss die Pause und die Gelegenheit, mehr entspannte Stunden mit meinen Freundinnen zu verbringen. Gemma ging noch immer mit Philip, dem Frosch, aus, und für sie bedeutete es schon, dass es was Ernstes wurde, wenn sie mehr als eine Woche mit demselben ging. Mein eigener Froschmann, Jeff, war nicht wieder aufgetaucht, aber ich machte mir Sorgen, was er wohl anstellen würde, wenn er der Meinung wäre, meine Liebe müsste mit der Entfernung ins Unermessliche gewachsen sein.
Als meine vierte Woche anbrach, konnte ich mir schon gar nicht mehr vorstellen, irgendwo anders zu arbeiten. Ich fühlte mich in diesem seltsamen alten Gebäude schon wie zu Hause, und mit Leuten zusammenzuarbeiten, die Flügel auf dem Rücken trugen, kam mir auch schon gar nicht mehr merkwürdig vor. Ich hatte es gelernt, meine Hände griffbereit zu halten, wenn mir jemand einen Kaffee anbot, und ich war bereits hoffnungslos verwöhnt, weil ich in jeder Mittagspause von jetzt auf gleich alles geliefert bekam, was ich mir wünschte.
An diesem Donnerstagmorgen wurde ich in den Vertrieb gerufen. Als ich dort eintraf, wartete Selwyn, der Elf, mit dem ich meine erste Verifizierungstour unternommen hatte, auf mich. »Hey, Katie«, sagte er und zielte mit den Fingern auf mich, als hätte er eine Waffe in der Hand. »Sind Sie bereit für ein bisschen Action? Ich müsste da ein paar Kunden überprüfen.« Dann senkte er seine Stimme zu einem Bühnenflüsterton und fügte hinzu: »Ganz zu schweigen davon, dass ich nach ein paar anderen Dingen Ausschau halten muss, zwinker, zwinker.«
»Wie läuft der Verkauf denn so?«, erkundigte ich mich auf dem Weg zum Ausgang.
»Bislang bekommen wir noch nicht zu spüren, dass wir Konkurrenz haben, aber andererseits verkauft die Konkurrenz auch nichts, das unseren Waren etwas anhaben könnte. Dieser Marketingkram scheint ganz gut zu funktionieren. Unser Absatz kann sich sehen lassen, und deshalb sind die meisten unserer Händler noch interessierter an einer Zusammenarbeit mit uns und entsprechend wenig scharf darauf, das Risiko einzugehen, sich auf unkoschere Deals einzulassen.«
Wir
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