Katie Chandler 02 - Alles ausser Hex-ok-neu
Etage. Wir standen einander in der Aufzugskabine gegenüber, und ich merkte, wie sich zwischen uns eine seltsame Spannung aufbaute. Es war ein ganz anderes Gefühl als die Leichtigkeit, die ich im Restaurant verspürt hatte, und es schien aus dem Nichts gekommen zu sein. Obwohl ich das Gefühl zu verdrängen suchte, begann ich schwerer zu atmen.
Ich glaubte allerdings nicht, dass es sein Anziehungszauber war, oder falls doch, dann wirkte er auf Rod genauso wie auf mich. Er hechelte förmlich. Wir waren doch wohl nicht wirklich voneinander angezogen? Auf Rod war ich bis jetzt noch nie scharf gewesen, abgesehen von den letzten Wochen, in denen ich die Wirkung seiner Zaubertricks zu spüren bekommen hatte. Und so etwas passierte doch nicht bloß wegen eines netten Abendessens, oder?
Wir drängten beide zur Tür, als der Aufzug endlich anhielt. Die Luft war zum Schneiden dick geworden. Im Flur fühlte ich mich gleich ein bisschen normaler. Was auch immer es war es ließ nach; als er seine Wohnungstür aufschloss, war ich fast schon wieder entspannt.
Er winkte mich hinein. »Setzen Sie sich. Ich koche Kaffee«, kündigte er an. Ich stellte meine Handtasche im Flur auf den Boden, hängte meinen Mantel über einen Stuhl und nahm auf dem Sofa Platz. Als ich das letzte Mal in dieser Wohnung gewesen war, hatte ich gerade einen magischen Überfall hinter mir. Seitdem hatte sich nicht viel verändert: Die typische Einrichtung einer besseren Junggesellenwohnung mit ledernen Polstermöbeln, hellem Holz, Metall und Glas, von der aus man einen großartigen Blick über die Lichter der Stadt hatte. »Legen Sie doch etwas Musik auf, wenn Sie Lust haben«, rief er aus der Küche.
Ich trat an seine Stereoanlage und durchsuchte seine CDs. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht laut loszulachen, als ich die Masse der Verführungs-CDs in seiner Sammlung erblickte. Wie’s aussah, hatte er alles von Barry White und eine große Auswahl an Soft Jazz. Natürlich war da auch eine Aufnahme von Ravels Bolero. Die durfte bekanntlich bei keinem Casanova fehlen. Ich suchte die am wenigsten sinnliche Jazzscheibe heraus und legte sie in den Player.
Er kam mit zwei milchschaumgekrönten Bechern Kaffee aus der Küche. »Ich hoffe, der schmeckt«, meinte er. »Ich habe ihn in einem Laden entdeckt und fand, dass er interessant aussah.«
»Sie hätten sich meinetwegen aber nicht so eine Mühe machen müssen«, rief ich ihm hinterher, während er schon wieder in der Küche verschwand, um dann mit einer Packung Kekse wieder aufzutauchen.
»Sie sind die Mühe wert, wissen Sie? Aber wenn Sie sich dann besser fühlen, lege ich die Kekse nicht auf einen Teller, sondern wir essen sie gleich aus der Schachtel.«
»Ja, so ist es mir lieber«, lachte ich und nahm mir zwei Kekse heraus. Die Entspanntheit vom Abendessen kehrte zurück, und was auch immer im Aufzug auf uns eingewirkt hatte, schien verflogen.
»Ich wollte mich nochmal bedanken, dass Sie mich in die Betriebsklima-Aktion mit einbezogen haben«, sagte er. »Das ist der Hauptgrund, weshalb ich Sie zum Essen eingeladen habe. Ich habe zum ersten Mal das Gefühl, in der Firma richtig dazuzugehören.«
»Aber natürlich hab ich Sie einbezogen. Das ist schließlich Ihr Job.«
»Komisch, dass das sonst noch keinem aufgefallen ist.«
»Wie gesagt, Merlin kennt sich mit diesen modernen Sachen wie Personalmanagement nicht so aus.
Aber so viel Ratgeberliteratur, wie der im Augenblick liest, wird er bestimmt schnell aufholen. Und Sie machen Ihre Sache sehr gut. Ein paar Teams haben sich sogar T-Shirts drucken lassen und eigene Schlachtrufe erfunden.«
Er lachte. »Ja, das macht einem beinahe schon Angst. Und das Wichtelprogramm funktioniert auch super. Seit es losgegangen ist, hat sich die Produktivität schon fast wieder von dem schweren Einbruch erholt, den sie nach den Gerüchten über einen Spion erlitten hatte.«
»Freut mich, das zu hören.«
Er hob seinen Kaffeebecher zu einem Toast, und ich stieß mit ihm an. »Auf den Kampf gegen die Bösen, mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen!«, rief er aus.
»Sehr richtig!«
Plötzlich kehrte die Spannung, die ich im Aufzug gespürt hatte, mit voller Wucht zurück, so machtvoll, dass ich fast schon glaubte, sie hereinrauschen zu hören. Er schnappte nach Luft, und ich wusste, dass es ihn auch erwischt hatte. Ohne ein weiteres Wort stellte er seinen Becher auf den Couchtisch, nahm mir meinen Kaffee ab und stellte ihn daneben. Und dann fielen
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