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Katrin mit der großen Klappe

Katrin mit der großen Klappe

Titel: Katrin mit der großen Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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können, daß das Schmierestehen ganz ungefährlich wäre! Sie war doch die
erste, die erwischt würde, Silvy hatte, wenn es hart auf hart kam, noch immer
die Möglichkeit, sich hinter der Tafel oder dem Klassenschrank zu verstecken.
Und was in Kuckucks Namen sollte sie denn sagen, wenn eine Lehrerin aufkreuzte?
Wie sollte sie erklären, warum sie verbotenerweise in der Pause in das
Schulhaus zurückgekehrt war?
    Olga wurde ganz schlecht, wenn
sie nur daran dachte. Sie hatte ja sowieso das Pech, durch ihre roten Haare
überall aufzufallen. Für sie gab es überhaupt keine Chance, sich unsichtbar zu
machen.
    Sehr bald gewann sie die
Überzeugung, daß es das beste sein würde, sich rasch und so unauffällig wie
möglich zu verdrücken. Aber durfte sie Silvy einfach so im Stich lassen?
    Sie brauchte sich nicht mehr zu
entscheiden, Silvy schlüpfte auf den Gang hinaus, vergewisserte sich mit einem
Blick, daß die Luft rein war, und lief auf die Hintertreppe zu. Olga folgte ihr
eilig.
    „Ich hab’s!“ flüsterte Silvy.
    „Wo?“
    „Doch nicht bei mir! Ich habe
das Heft in meine Mappe gesteckt!“
    „Ach so! Und was stand drin?“
    „Bildest du dir ein, ich hätte
mir die Zeit genommen, nachzusehen? Nein, das werde ich in aller Ruhe zu Hause
machen.“
    „Und?“ fragte Olga. „Sagst du
mir dann Bescheid? Schließlich habe ich dir doch geholfen und...“
    Silvy fiel ihr ins Wort. „Nun
reg dich bloß nicht künstlich auf! Klar sollst du wissen, was los ist, und die
anderen auch! Das ist doch gerade der Witz der Sache! Wenn ich es für mich
behalten würde, dann hätte ich doch nichts davon!“
    Sie blieben auf der
Hintertreppe, immer nach oben und unten lauernd, um rechtzeitig ausweichen zu
können, bis die Pause abgeklingelt wurde und ihre Mitschülerinnen vom Hof und
aus dem Wäldchen hereinströmten.
    Es gelang ihnen, sich
unauffällig unter die Kameradinnen zu mischen und in die Klasse zurückzukehren.
    „Wo hast du die ganze Zeit
gesteckt, Olga?“ fragte Ruth.
    „Das wirst du schon noch früh
genug erfahren“, gab Olga zur Antwort und vertiefte sich in ihr Mathematikbuch.
    Aber ihr war gar nicht wohl in
ihrer Haut. Sie fühlte, daß ihr diese Sache leicht über den Kopf wachsen
konnte.
     
     
     

Eine Verschwörung ist im Gange
     
    Katrin kam gar nicht dazu, den
Verlust ihres Klassenaufsatzheftes zu entdecken. Zu Hause — falls man das
Zimmer ihrer Großmutter bei Weikerts so nennen konnte — erwartete sie eine
Überraschung. Die alte Frau Bär hatte beim Trödler ein Paar weiße
Schlittschuhstiefel mit angerosteten Kufen für sie erstanden.
    „Sie sind zwar nicht mehr neu“,
erklärte die Großmutter. „Aber die Nummer paßt dir, und ich denke...“
    Katrin war so begeistert, daß
sie ihr atemlos ins Wort fiel. „Ich bin froh, daß sie nicht mehr neu sind!“
rief sie. „So sehen sie ja viel echter aus!“
    „Echter?“ fragte die alte Frau
Bär. „Wie meinst du das?“
    Katrin mochte nicht zugeben,
daß sie ihren Freundinnen gegenüber behauptet hatte, sie könnte längst
Schlittschuh laufen. „Ach, nur so“, sagte sie ausweichend. „Ich finde,
funkelnagelneue Schuhe sehen so... na eben, albern aus.“
    Ihre Großmutter verstand nicht,
was Katrin damit meinte, aber sie hatte es seit langem aufgegeben, die krausen
Gedankengänge ihrer Enkelin zu erforschen.
    Lächelnd sah sie zu, wie Katrin
die Stiefel anprobierte.
    „Oh, sie sind wunderbar, wunderbar,
wunderbar!“ rief das Mädchen. „Und du bist die allerbeste Großmutter auf der
ganzen Welt!“ Sie erhob sich vom Bettrand, sehr wackelig auf den
Schlittschuhkufen, nahm die alte Frau Bär in die Arme und küßte sie herzlich
und laut knallend auf beide Wangen.
    „Ich freue mich, daß du dich
freust“, sagte die Großmutter, „aber jetzt laß mich los, ich muß in die Küche,
damit Weikerts rechtzeitig ihr Essen kriegen.“
    „Immer diese Weikerts“, murrte
Katrin.
    „Vergiß nicht, daß wir von
ihnen leben!“
    Als die Großmutter gegangen
war, ließ Katrin sich in den kleinen Sessel fallen, musterte ihre Füße in den
Schlittschuhstiefeln von allen Seiten, streichelte zärtlich über jede einzelne
Narbe und Schramme in dem weißen Leder.
    „Zünftig sehen sie aus“, murmelte
sie, „richtig zünftig!“ Es kostete sie Überwindung, die Schlittschuhstiefel
wieder auszuziehen, aber es mußte sein, denn sie wollte die Kufen auf Hochglanz
polieren, bevor sie sie zum ersten Mal vorführte.
    Katrin ließ sich von der
Großmutter

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