Katrin mit der großen Klappe
dreien
fahren!“ bat Ruth. „Nehmt mich in die Mitte, ja? Dann können uns die großen
Jungen nicht so leicht umrennen.“
Katrin sah über den Platz.
„Aber es sind doch gar keine da!“
„Na wenn schon“, gab Ruth
zurück. „Sie könnten ja noch kommen.“
Katrin lachte.
„Alter Angsthase“, sagte Silvy.
Sie verschränkten die Hände und
fuhren in einer Reihe. Katrin war erleichtert, daß es so gut ging. Sie fühlte
sich, Hand in Hand mit den Freundinnen, sehr viel sicherer.
Dann erschienen Leonore und
Olga am Rande des Eislaufplatzes, sie winkten den anderen zu. Silvy ließ los,
und Katrin hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Es gelang ihr gerade noch,
sich zu fangen, und mit dem Mut der Verzweiflung glitt sie zu Leonore und Olga
hin.
Ruth wollte ihr nach, aber
Silvy hielt sie zurück. „Moment mal“, zischte sie, „ich muß dir was sagen!“
Ruth zupfte sich ihr
himmelblaues Mützchen zurecht. „Was denn?“
„Nachher werde ich vorschlagen,
daß ihr mit zu mir nach Hause kommt! Du, Olga und Leonore...“
„Und Katrin?“
„Die nicht. Die müssen wir
irgendwie loswerden!“
„Warum?“
„Das wirst du schon sehen. Ich
muß euch etwas Hochinteressantes über Katrin erzählen, verstehst du?“
Ruth nickte. „Schon. Aber ich
weiß nicht, wie wir das machen sollen. Wenn sie nun mitgehen will...“
„Laß das nur meine Sache sein.
Du hast nur den Mund zu halten und Katrin auf keinen Fall zuzureden...“
„Wenn es weiter nichts ist!“
Katrin hatte inzwischen Leonore
und Olga begrüßt und sich gebührend bewundern lassen. Es war ein herrlicher
Tag, kalt und sonnig. Obwohl es von Eisläufern wimmelte, fehlten zum Glück die
gefürchteten großen Jungen, die wie die Wilden herumzusausen und die Kleineren
zu Boden zu stoßen pflegten.
Die fünf Mädchen aus der 6a
liefen in Reihen, in Ketten und um die Wette, und Katrin war die ausgelassenste
von allen. Sie stand zum ersten Mal auf Schlittschuhen, war glücklich, daß es
so gut ging, genoß das herrliche Gefühl des Dahingleitens und war dankbar, daß
sie sich diesmal nicht selber aus der Gemeinschaft der Freundinnen
auszuschließen brauchte. Sie ahnte nicht, welch eine Intrige hinter ihrem
Rücken gesponnen wurde.
Olga, deren roter Schopf unter
einer grasgrünen Zipfelmütze besonders herausknallte, nahm Silvy bei der ersten
Gelegenheit, die sich ergab, beiseite: „Also, was ist mit Katrins Aufsatz?“
fragte sie.
„Das Tollste, was du dir denken
kannst“, erklärte Silvy.
„Sag schon!“
„Wart’s ab! Ich werde es euch
nachher allen zusammen erzählen! Sobald wir Katrin losgeworden sind. Ihr
anderen kommt dann zu mir, ja?“
Olga, die merkte, daß sie im
Moment doch nicht mehr aus Silvy herausholen konnte, war damit einverstanden.
Nur Leonore machte es Silvy
nicht so leicht, als die Freundin mit ihrem Plan herausrückte. „Was!?“ rief sie
entsetzt. „Du willst doch nicht etwa sagen, daß du Katrins Aufsatzheft geklaut
hast?!“
„Schrei doch nicht so“, mahnte
Silvy irritiert. „Katrin ist kaum drei Meter hinter uns.“
Leonore bremste scharf. „Um so
besser! Dann werde ich es ihr gleich sagen!“
Silvy gab ihr einen Puff in den
Rücken. „Bist du wahnsinnig! Los, mach schon!“
Aber Leonore rührte sich nicht
von der Stelle, während Katrin, Olga und Ruth, Hand in Hand, in einer
weitgedehnten Kette heransausten. Silvy bekam einen Schreck und preßte Leonore
die Hand auf den Mund, bis die anderen vorbei waren. Erst dann gab sie sie frei.
„Laß dir doch erst mal
erzählen“, sagte sie. „Die Sache ist doch ganz harmlos! Natürlich habe ich das
Heft nicht geklaut, sondern nur...na eben... an mich genommen. Ich bin nicht so
verrückt, daß ich es behalten würde. Gleich morgen bekommt sie es wieder,
verlaß dich drauf.“
„Du hattest überhaupt kein
Recht, es zu nehmen!“ erklärte Leonore und warf sich ihren langen,
korallenroten Wollschal mit Schwung über die Schulter auf den Rücken.
„Sie hätte es mir ja auch
freiwillig zeigen können!“
„Hätte sie, hätte sie, hat sie
aber nicht! Deshalb durftest du noch lange nicht in ihren Sachen herumwühlen.
So etwas ist einfach eine... eine Indiskretion!“ Leonore sprach das schwierige
Wort, das sie erst vor kurzem in ihren Sprachschatz aufgenommen hatte, betont
deutlich und langsam aus.
„Ach, Quatsch, Indis... na, ist
ja auch egal“, sagte Silvy. „Ich wollte einfach sehen, warum sie so
geheimnisvoll tat, und jetzt weiß ich
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