Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katrin Sandmann 02 - Kinderspiel

Katrin Sandmann 02 - Kinderspiel

Titel: Katrin Sandmann 02 - Kinderspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
Vom Netzwerk:
Sauerstoff mehr ein. Der Körper reagiert auf den Sauerstoffmangel mit einer Steigerung der Atemfrequenz, es kommt zur Hyperventilation. Ein Gefühl der Erregung tritt ein bis hin zur Euphorie. Schließlich verliert man das Bewusstsein und stirbt. Hypoxie ist ein schöner, ein sanfter Tod. Das angenehme Gefühl dabei verhindert aber auch das Eintreten von Selbstrettungsmechanismen, denn die tödliche Gefahr wird gar nicht erkannt.
    Ganz anders ist das jedoch beim asphyktischen Ersticken. Hier kommt zum Sauerstoffmangel eine Kohlendioxydstauung hinzu, das heißt, man kann weder ein- noch ausatmen. Das führt zu starken körperlichen Abwehreaktionen. Panik und Todesangst stellen sich ein. Das Opfer stirbt qualvoll.
    Die verschiedenen Formen des Erstickens nachzuweisen, ist häufig gar nicht so einfach, da sich die Symptome denen verschiedener natürlicher Todesursachen, wie etwa dem Herz-Kreislauf-Versagen, ähneln. Das macht ihren besonderen Reiz aus. Hinzu kommt, dass Selbstmörder diese Tötungsform bevorzugen. Einen gut geplanten Mord unter diesen Bedingungen zu beweisen, ist also ausgesprochen schwierig.
    Und wenn jemand in der Lage wäre, einen solchen perfekten Mord auszuführen, dann er. Niemand kannte sich besser aus, niemand hatte sich intensiver mit dem Erstickungstod beschäftigt. Er war mit Sicherheit der größte lebende Experte auf diesem Gebiet. Schade nur, dass es niemand außer ihm wusste.

     
    Der Ball traf Manfred Kabritzky am Hinterkopf. Er stöhnte und ließ den Band mit Rilke-Gedichten sinken, in den er vertieft gewesen war. Er legte das Buch behutsam auf den Rasen. Dann sprang er behände auf und schnappte sich den Ball, der unter einen Busch gerollt war. Drei etwa zwölfjährige Jungen näherten sich zögernd.
    »Können wir den Ball wiederhaben ?«
    »Wie wär’s denn mit ›Entschuldigung‹ ?«
    Zwei der Jungen starrten ihn halb verschüchtert, halb provozierend an, aber der Dritte, ein schmächtiger Kerl mit dürren Armen und Beinen, die in einem viel zu großen BVB-Outfit steckten, murmelte eine kaum hörbare Entschuldigung.
    Manfred schnaubte empört. »Findet ihr nicht, dass hier ein bisschen zu wenig Platz ist zum Fußballspielen? Ich sollte den Ball da rein schleudern .«
    Er deutete auf die Düssel , die sich an dieser Stelle zu einem kleinen See verbreiterte, auf dem ein paar träge Enten plätscherten. Sie befanden sich im Südpark, einer Erweiterung des alten Volksgartens in Oberbilk . Vor knapp zwanzig Jahren hatte die Bundesgartenschau hier stattgefunden. Seitdem wurde das gesamte Gelände schlicht Buga genannt. Es war Sonntag, der achtzehnte September, zehn Uhr vormittags. Wieder schien die Sonne mit unbarmherziger Hochsommerkraft, auch wenn die Schatten allmählich länger wurden und man spüren konnte, dass es sich um ein letztes Aufbäumen handelte, bevor der Herbst das Regiment übernahm. Um diese Zeit war das weitläufige Parkgelände recht leer, aber im Laufe des Tages würden vermutlich wieder so viele Menschen hierher strömen wie am Karnevalssonntag auf die Königsallee.
    Katrin, die bisher ungerührt weiter in ihrem Krimi gelesen hatte, blickte jetzt auf. Sie wollte etwas sagen, aber als sie ein Zucken in Manfreds Mundwinkeln entdeckte, schwieg sie grinsend. Die Jungen kamen näher.
    »Sie dürfen uns den Ball nicht einfach so wegnehmen. Das ist Diebstahl«, sagte jetzt einer von ihnen trotzig.
    »Na, das werden wir ja sehen«, gab Manfred zurück, platzierte den Ball auf dem Boden vor seinen Füßen und feuerte einen Schuss ab, der ihn im eleganten Bogen weit über den Rasen beförderte. Dann spurtete er los.
    Fünf Minuten später waren die vier in ein rasantes Spiel vertieft. Zwei ältere Damen, die ihre Decke auf der Wiese ausgebreitet hatten, packten unter lautstarkem Schimpfen ihre Habseligkeiten zusammen und verzogen sich.
    Katrin beobachtete eine Weile das Spiel, dann drifteten ihre Gedanken ab. Sie wanderten zu Roberta. Katrin dachte daran, wie ihre Freundin ihr von Peters verändertem Verhalten erzählt hatte. Am Morgen nach dem Anruf war sie gleich zu Roberta gefahren. Sie hatte ihre Freundin im Wohnzimmer gefunden, wo sie auf dem Fußboden mitten in einem Berg halb ausgepackter Umzugskartons saß und heulte. Es waren Tränen der Empörung, des Schmerzes, aber auch der Erschöpfung. Peter arbeitete bis spät in die Nacht, und Roberta war den ganzen Tag allein mit den Kindern, in einem fremden Haus, an einem fremden Ort und mit all den unendlich vielen

Weitere Kostenlose Bücher