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Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Titel: Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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und irgendwann wieder auf die Menschheit losgelassen? Und das wird dann auch noch so locker gehandhabt, dass er so problemlos ausbrechen kann? Ich begreife das nicht. Solche perversen Schweine muss man doch für immer wegsperren. Und zwar richtig.«
    Manfred goss sich einen Becher Tee ein und fing an, mit einem Löffel darin herumzurühren, obwohl er gar keinen Zucker hineingegeben hatte.
    »Ich weiß nicht«, sagte er in das Klirren des Löffels hinein. »Das ist ja eigentlich keine Lösung.« Gudrun griff nach seinem Arm.
    »Bitte lass das Rumgerühre. Das macht mich wahnsinnig.« Sie ließ ihn los. »Jetzt ist er auf jeden Fall irgendwo da draußen unterwegs, und wer weiß, was er anstellt. Ich halte eben nicht viel von dieser Therapiererei. Das geht mir ein bisschen zu oft in die Hose.«
    »Es ist unbegreiflich, warum manche Menschen so was tun.« Manfred legte den Löffel weg. Er musterte nachdenklich den Tee, der immer noch im Becher rotierte.
    Gudrun zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht, dass ich das überhaupt begreifen will.«
    »Wenn ich mich richtig erinnere, dann waren sich die Gutachter damals bei Brindi nicht einig«, erläuterte Manfred dann. »Ich fand das total irre. Ein Psychiater hat ihm eine schwere Persönlichkeitsstörung bescheinigt, die unbedingt behandelt werden müsse, und ein anderer hat behauptet, er sei schlicht kriminell und gehöre ins Gefängnis.« Er sah Gudrun an. »Aber was, bitte, ist ›schlicht kriminell‹? Bin ich richtig im Kopf, wenn ich einer alten Frau mit einer Eisenstange eins über den Schädel gebe und sie dann zum Sterben auf der Straße liegen lasse, nur um an das bisschen Bargeld zu kommen, das sie in ihrer Handtasche hat?«

    ***

    Katrin lauschte atemlos den Schritten, die irgendwo über ihrem Kopf hin- und herwanderten. Sie zitterte immer noch vor Kälte, doch gleichzeitig brach ihr vor Angst der Schweiß aus. Wer mochte das sein? Ihr Entführer? Was hatte er jetzt vor?
    Sie hoffte, er würde nicht zu ihr herunterkommen. Lieber würde sie in der Kälte und Dunkelheit weiter hungern und frieren als dem ausgesetzt zu sein, was dieser Mensch, der sie entführt, gefesselt und in dieses Loch gesperrt hatte, mit ihr tun wollte. Sie hielt den Atem an und schloss die Augen. Vielleicht hatte sie Glück. Aber ihre Hoffnung wurde nicht erfüllt. Das Geräusch über ihr war verstummt, dafür kamen die Schritte jetzt eindeutig nach unten, bewegten sich auf ihr Gefängnis zu.
    Katrin ließ sich zurück auf die Liege fallen und drehte sich, so gut es ging, zur Seite. Vielleicht würde der Kerl sie erst mal in Ruhe lassen, wenn er glaubte, sie schliefe. Die Schritte waren jetzt unmittelbar vor der Tür. Ein Riegel wurde zurückgeschoben, die Tür schwang mit einem leisen Quietschen auf. Dann betrat jemand den Raum. Sie hörte ein Geräusch, eine Art Ausruf. Dann schwere Atemzüge und ein Rascheln. Jetzt bewegte die Person sich auf sie zu. Katrin zählte jeden Schritt. Sie hielt den Atem an. Ihr Verstand sagte ihr, dass das nicht sehr klug war; wenn sie vortäuschen wollte, zu schlafen, wäre es überzeugender, ruhig zu atmen. Aber das schaffte sie nicht. Die Angst lähmte ihr alle Glieder. Wenigstens hatte das Zittern dadurch ebenfalls aufgehört.
    Während sich die Person unendlich langsam auf sie zu bewegte, zwang sie sich, auf das Äußerste vorbereitet zu sein, und überlegt fieberhaft, welche Möglichkeiten sie hatte, sich zu verteidigen. Wenn der Mann sie wirklich anfasste, versuchte, ihr etwas anzutun, dann wollte sie sich nicht völlig kampflos ergeben. Sie spannte jeden Muskel in den angewinkelten Beinen an. Sie würde das Überraschungsmoment nutzen und ihm mit einer schnellen Drehung die Knie ins Gesicht donnern, wenn er sich über sie beugte. Vielleicht hatte sie Glück und traf ihn so, dass er für einen Augenblick benommen sein würde. Dann konnte sie zur Tür hinaushüpfen, sie zudrücken und irgendwie den Riegel wieder vorschieben.
    Der Mann war jetzt dicht bei ihr. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrem Hals und auf ihrer rechten Wange. Er roch nach Alkohol. Dann berührte etwas ihre Schulter. Es war klein und dünn, wie eine Fingerspitze. Doch es war eiskalt. Sie wagte nicht, sich zu rühren. Was, wenn es der Lauf einer Pistole war? Was, wenn er abdrückte, sobald sie sich bewegte?

6
    Winfried Rothmann hörte das dumpfe Geräusch und im gleichen Augenblick begann der Mercedes auch schon zu schlingern. Er ruderte mit dem Lenkrad hin und her, und es

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