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Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Titel: Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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leichtsinnig und impulsiv, aber sie hatte ein gutes Gespür für Menschen, und vor allem hatte sie eine Art siebten Sinn dafür, wenn etwas nicht stimmte. Ob sie jetzt irgendwo da draußen im Schnee herumirrte? Was mochte geschehen sein? Eine Frau wie Katrin verschwand nicht einfach. Wahrscheinlicher war, dass sie sich wieder Hals über Kopf in irgendwelche Amateur-Ermittlungen gestürzt hatte und jetzt in der Klemme steckte. Der Kommissar seufzte und griff nach dem Telefon, um bei den Kollegen in der Vermisstenstelle nachzufragen, ob es etwas Neues gab.

    ***

    Es war jetzt vollkommen dunkel. Und totenstill. Und eiskalt. Nicht ein Lichtstrahl zu sehen, nicht einmal ein leises Rascheln zu hören. Nur der Frost saß ihr tief in den Knochen.
    Katrin hatte es auch lange, nachdem der Mann verschwunden war, nicht gewagt, sich zu rühren. Vermutlich hatte er tatsächlich angenommen, dass sie schlief, und sich wieder verzogen. Was auch immer er mit ihr vorhatte, es hatte offensichtlich Zeit. Sie war unglaublich erleichtert gewesen, als sie die Tür zufallen hörte. Danach hatte sie regungslos dagelegen, wie gelähmt, voller Angst jedem winzigen Geräusch gelauscht. Dabei musste sie irgendwann eingenickt sein, denn sie konnte sich nicht erinnern, wie die Dunkelheit gekommen war.
    Dafür erinnerte sie sich jetzt an den Mann. Das Parkhaus. Er stand plötzlich vor ihr. Sie hatte ihn irgendwoher gekannt. Sie hatte ihm angeboten, ihn nach Hause zu fahren. Warum? War etwas mit seinem Wagen gewesen? Er hatte ihr Handy zum Telefonieren benutzt. Aber wenn er Hilfe gerufen hatte, warum war er dann nicht dort geblieben, bis sie eintraf? Jetzt fiel es ihr ein: Er hatte gar nicht nach Hause gewollt. Er hatte angeblich noch einen wichtigen Termin gehabt. Irgendeine Verabredung, zu der er auf keinen Fall zu spät kommen durfte. Was war es noch gewesen?
    Katrin wusste es nicht mehr. Aber sie erinnerte sich, dass sie ihm sofort angeboten hatte, ihn hinzufahren. Und dann war er eingestiegen. Sie steuerte den Wagen durch das menschenleere Parkhaus. Er war sehr nett und aufmerksam. Sie unterhielten sich über die merkwürdigen Zufälle, die das Leben gelegentlich bereithielt. Er erzählte ihr von einem Buch, das er kürzlich gelesen und das ihn sehr bewegt habe. Genau das hatte sie sich zwei Stunden zuvor auch gekauft. Wie hieß es gleich? Ihre Erinnerung war immer noch lückenhaft. Ihr fiel der Titel nicht mehr ein. Doch sie wusste noch, wie er sich plötzlich gebückt hatte, als der Wagen vor die Schranke an der Ausfahrt rollte. Eine Schrecksekunde lang hatte sie gedacht: Der versteckt sich! Der will nicht gesehen werden! Aber dann bogen sie auf die Straße und sein Kopf schoss hoch, er schwenkte triumphierend einen Kuli und verkündete grinsend: »Ich habe ihn!« Er steckte den Kugelschreiber in seine Manteltasche und all ihr Misstrauen war wie weggeblasen.
    Er hatte sie Richtung Süden dirigiert. Sie fuhren über die Elisabethstraße, am Bilker Bahnhof vorbei und dann über den Südring hinweg auf die Münchener Straße. Es hatte angefangen zu schneien. Katrin kroch mit fünfzig Stundenkilometern die Schnellstraße entlang. Sie hatte noch die Sommerreifen drauf, wie immer. Sie hatte noch nie Winterreifen aufziehen lassen. Wozu auch? Wann schneite es denn mal in Düsseldorf? An der Kreuzung, an der es links nach Wersten und rechts nach Himmelgeist ging, ließ er sie rechts abbiegen. Dann schrie er plötzlich: »Fahr rechts ran, mach schon, hier rechts ran!«
    Sie gehorchte blindlings. Es war wie ein Reflex. Aber was hätte es schon geändert, wenn sie nicht sofort reagiert hätte und stur weitergefahren wäre? Er hätte die Waffe ein paar Sekunden früher gezogen, und das Auto wäre ein paar Meter weiter die Straße entlang zum Stehen gekommen. Jetzt standen sie am Rand eines Feldes, es war dunkel, die Schneeflocken, die immer dichter fielen, legen sich wie ein Schleier auf die Windschutzscheibe, und hundert Meter weiter leuchteten die Häuser von Himmelgeist. In einem Vorgarten stand ein funkelnder, mannshoher Weihnachtsbaum. Es war ein unendlich friedliches Bild, voller Wärme und Geborgenheit.
    Der Mann fingerte ein kleines Fläschchen und einen Plastikbecher aus der Manteltasche. Er goss etwas von dem Fläschchen in den Becher und hielt ihn Katrin hin.
    »Hier, trink das.«
    »Bin ich verrückt, warum sollte ich. Was ist los? Was soll das hier werden?« Sie fixierte ihn empört, aber ihre Stimme zitterte. Sie überlegte gerade, wie viele

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