Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen
berichten, wie sie von Geschäft zu Geschäft gelaufen waren, um alle Geschenke für die Kinder zusammenzubekommen, wie sie in drei Läden nach dem besonderen Kranwagen fragen mussten, den Tommy sich wünschte, und auch wie sie einen Legodrachen für David beinahe zweimal gekauft hätten, weil jede von ihnen damit an einer anderen Kasse anstand. Als sie von dem Café berichtete, fiel ihr die Geschichte mit dem Handschuh wieder ein. Auch das erzählte sie den anderen. Sie wollte gerade mit dem Schlagabtausch zwischen dem Kellner und Katrin fortfahren, als Peter sie aufgeregt unterbrach.
»Wie sah der Mann aus, der mit dem Handschuh?«
»Ganz normal. Worauf willst du hinaus?« Roberta blickte ihn stirnrunzelnd an.
»Was heißt normal?«, beharrte Peter. »Komm schon, Haarfarbe, Größe, Augenfarbe. An was erinnerst du dich?«
»Er sah ziemlich gut aus, würde ich sagen. Zumindest, wenn man auf dunkelhaarige Typen steht«, erklärte Roberta. »Dunkle, fast schwarze Haare, die Augen waren, glaub ich, auch dunkel, aber das weiß ich nicht mehr. Nicht besonders groß, aber größer als Katrin und ich. Sehr charmant, einwandfreies Deutsch, langer Mantel. Mehr weiß ich echt nicht.«
»Du glaubst, das war Brindi ?« Manfred sah Peter fragend an.
»Das ist doch Quatsch!«, warf Gudrun wieder ein. »Das müsste er doch irgendwie geplant haben. Der fährt doch nicht aus der Klinik schnurstracks in die Düsseldorfer Innenstadt, pickt sich ein Opfer heraus, verfolgt es bis zum Parkhaus, überfällt es und fährt es in seinem eigenen Wagen – wohin? Wohin sollte er sie gebracht haben? Ohne Planung geht das nicht, Leute.«
»Und warum sollte er es nicht geplant haben?«, widersprach Manfred. »Er hatte doch genug Zeit. Und es war auch nicht sein erster Ausbruch.«
»Und warum dann bitte ausgerechnet Katrin?« Gudrun war alles andere als überzeugt. »Weil sie zufällig ihren Handschuh verloren hat?«
»Ich glaube nicht, dass sie ihren Handschuh verloren hat. Und ich glaube auch nicht, dass es zufällig Katrin war, die er sich ausgesucht hat«, verkündete Peter. »Es war alles bis ins kleinste Detail geplant. Genauso, wie er es immer gemacht hat.«
Die anderen starrten ihn an. Er ging zum Schreibtisch in der Ecke des Wohnzimmers und nahm ein paar Computerausdrucke in die Hand. Zeitungsartikel. Pressemitteilungen der Polizei. »Ich habe mich heute Morgen ein bisschen informiert. Im Internet findet man jede Menge Informationen über Brindi und über die Fälle von damals. Manfred, du weißt bestimmt auch einiges darüber, eure Zeitung hat doch ausführlich über die Sache berichtet. Für die Presse war dieser Kerl doch ein gefundenes Fressen.« Er blickte zu Manfred.
Dieser nickte. »Klar. Die ganze Geschichte stand mit allen Einzelheiten in allen Zeitungen. Und mit jedem Opfer wurden die Vorwürfe an die Adresse der Polizei lauter: ›Das Monster hat wieder zugeschlagen‹. ›Das vierte Opfer des Frauenquälers‹. ›Wann wird die Bestie endlich geschnappt?‹. ›Warum tut die Polizei nichts?‹. Natürlich erinnere ich mich genau an die Schlagzeilen, vor allem an die von der Konkurrenz mit den vielen Bildern und den Großbuchstaben auf dem Titelblatt. Aber bei uns hat ein Kollege darüber geschrieben, ich habe andere Geschichten gemacht. Ich habe erst später über den Prozess berichtet.« Sein Gesicht wurde ernst. »Und über Carolin Maiwalds Selbstmord. Also, Peter, worauf willst du hinaus?«
Peter blätterte in seinen Ausdrucken. »Er hat sich seine Opfer immer aus der Zeitung rausgesucht. Über alle Frauen, die er entführt hat, stand vor dem Überfall was in der Presse, manchmal ein paar Monate vorher, manchmal nur Tage.«
»Und über Katrin stand einiges drin in letzter Zeit!« Roberta stöhnte. »Die Erstickungsmorde, das ging sogar deutschlandweit durch die Presse. ›Junge Frau ermittelt in Mordfall und gerät in tödliche Gefahr‹. Verdammt. Ist da ein Foto bei? Das Schwein erkenne ich bestimmt wieder.« Sie griff nach den Ausdrucken.
Peter schüttelte den Kopf. »Keins, auf dem man was erkennen könnte. Hier sind zwei vom Prozessauftakt, aber da hält er sich die Hände vors Gesicht.«
Er gab seiner Frau die Blätter. Sie studierte sie nervös.
»Das ist ja alles schön und gut «, warf Gudrun ein. »Aber daraus kann man doch noch nicht schließen, dass dieser Typ mit dem Handschuh Brindi war, oder?«
»Moment. Das war noch nicht alles«, antwortete Peter, »es gibt da noch etwas: Er hatte immer
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