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Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen

Titel: Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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den schäbig gekleideten Mann gesehen, der die Handschuhe gefunden hatte. Doch am Ende war ihre Suche erfolglos geblieben.
    Manfred bog von der Landstraße ab. Er hatte sich die Gegend vorher auf dem Stadtplan angesehen. Hier irgendwo musste die Stelle sein. In diesem Stadtteil waren die Straßen nach Philosophen benannt; Kant, Hegel, Nietzsche. Kleine Einfamilienhäuschen reihten sich aneinander. Er drosselte das Tempo und rollte langsam durch das Viertel. Mittlerweile war es vollkommen dunkel. Es waren kaum Menschen draußen unterwegs. An jedem unbeleuchteten Haus hielt er den Wagen an und studierte aufmerksam die Front. Er hätte nicht sagen können, wonach genau er eigentlich Ausschau hielt, doch er war überzeugt davon, dass er es wissen würde, wenn er es gefunden hatte.
    In der Nähe eines kleinen Teiches befand sich ein Anwesen, das ein wenig verwildert wirkte und zwischen all den ordentlich gepflegten Vorgärten sofort auffiel. Manfred stieg aus und studierte die Fassade des kleinen, weißen Bungalows. Sollte er ihn sich einmal genauer ansehen? Unschlüssig blickte er auf und ab. In dem Augeblick kam eine Frau um die Straßenecke. Sie führte einen großen Schäferhund an der Leine. Misstrauisch beäugte sie Manfred, der ihren Blick ignorierte. Erst als die Frau in den Gartenweg einbog, der zur Eingangstür des weißen Häuschens führte, begriff er. Die Frau schloss die Tür auf, warf noch einmal einen abschätzenden Blick über die Schulter und verschwand dann im Inneren. Lichter gingen an. Manfred stieg schnell wieder in den Wagen und schlug die Tür zu. Eine Gardine in einem der Fenster bewegte sich und er wusste, dass die Frau ihn beobachtete. Rasch startete er den Motor und fuhr weiter.
    Ziellos suchte er erneut die Straßen ab. Oft musste er wenden oder im Kreis fahren, denn es gab viele Einbahnstraßen oder Sackgassen. Irgendwann kam er in eine Gegend, in der alle Straßen Dichternamen trugen. Da sie noch enger und verwinkelter waren als die Philosophen, ließ er den Wagen stehen und suchte zu Fuß weiter. Doch weder bei Grillparzer, noch bei Klopstock oder Kleist war er erfolgreich. Vielleicht war es doch eine Schnapsidee gewesen, so ziellos in der Gegend herumzusuchen. Was hatte er auch erwartet? Dass er einem Haus ansah, dass Katrin sich darin befand? Oder dass er einen Schuppen entdeckte, an dem ein dickes, neues Vorhängeschloss prangte? Nach diesen Dingen hatte doch die Polizei schon ohne Erfolg gesucht. Doch was hatte er für eine Alternative? Zu Hause sitzen und warten? Wie lange? Bis Katrin tot war und spielende Kinder zufällig im Schnee auf ihre Leiche stießen? Noch hatte er die Chance, sie lebend zu finden, und er würde nicht aufgeben, solange diese Hoffnung bestand. Entschlossen lief er weiter.
    Als er in den Andersenweg bog, sah er, wie sich im Zwielicht schemenhaft etwas bewegte. Sekundenlang war er nicht sicher, ob es sich um einen Menschen oder um den Schatten eines Baumes handelte, dessen Äste sich im Wind wiegten. Er starrte konzentriert in die Dunkelheit. Was auch immer dort war, hatte die Konturen einer menschlichen Gestalt. Sie stand jetzt reglos und stumm einige Meter vor ihm auf der Straße. Sie schien ihn anzustarren.
    Manfred lief näher. Sein Herz begann wild zu schlagen. Als er sie fast erreicht hatte, brach der Mond hinter einer Wolke hervor und sein Schein malte silbriges Licht auf ihr Haar, ihre Arme und ihre Wangen. Sie sah abgemagert aus, bleich und elend. Ihre Augen wirkten riesengroß und ihr Haar klebte am Kopf. Ihre linke Gesichtshälfte war dunkel verfärbt, Blut sickerte aus einer Platzwunde an der Schläfe.
    Sie lebte.
    Er hatte sie gefunden.
    Sie sprachen kein Wort. Er nahm sie in die Arme, trug sie zum Wagen und setzte sie behutsam hinein. Dann zog er seine Jacke aus und wickelte sie um ihren schmächtigen, durchgefrorenen Körper. Tränen liefen über sein Gesicht, als er den Zündschlüssel umdrehte und den Wagen vorsichtig aus dem Gewirr von Wohnstraßen steuerte. Er wischte sie nicht weg. Er bemerkte sie nicht einmal.
    Schweigend fuhren sie durch die Nacht hinunter in die Stadt. Er wollte sie ins Krankenhaus bringen, aber sie schüttelte stumm den Kopf. Also fuhr er sie nach Hause. Er trug sie hinauf in den zweiten Stock, hüllte sie in eine Decke und legte sie auf die Couch im Wohnzimmer. Dann ließ er ihr heißes Badewasser ein. Er wusch ihre Kopfwunde und stellte fest, dass sie nicht allzu tief war. Während sie in der warmen Wanne lag, gab er ihr

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