Katrin Sandmann 03 - Wintermärchen
verabschieden. Roberta blickte ihn verblüfft an. »Was, das ist alles? Wer ist es denn nun? Brindi oder dieser andere? Es ist der andere, oder? Dieser Mirth. Was passiert jetzt?«
Der Mann zögerte, setzte zu einer Erwiderung an, aber Manfred hatte nicht die Geduld, auf lange Erklärungen zu warten. »Los, Roberta, wir müssen weiter. Du hastrecht, es ist nicht Brindi. Allerdings weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Komm, wir reden mit Halverstett. Ich muss mich sowieso noch bei ihm bedanken.«
Jetzt schaltete sich der junge Beamte wieder ein. »Hauptkommissar Halverstett ist im Augenblick nicht zu sprechen, fürchte ich. Aber vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen?«
»Nicht zu sprechen? Was soll das heißen? Ist er nicht im Präsidium?«, wollte Roberta wissen.
»Er ist im Augenblick nicht im Dienst«, antwortete der Polizist ausweichend. »Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
Roberta sah ihn überrascht an. Sie wollte etwas fragen, aber Manfred zog sie zur Tür hinaus. Verärgert folgte sie ihm ins Foyer. »Was soll denn das? Warum hast du mich da so rausgezerrt?«
Manfred drehte sich zu ihr um. »Es tut mir leid, aber ich wollte nicht, dass du noch mehr Fragen stellst. Du hättest vielleicht etwas verraten, ohne es zu wollen. Ich nehme an, Halverstett hat ganz schön Ärger wegen des Selbstmords. Wenn ein Tatverdächtiger sich unter den Augen der Polizei umbringt, ist das verdammt schlechtfür’s Image. Es gibt immer Leute, die dann unterstellen, man habe vielleicht absichtlich nicht so gut aufgepasst. Halverstett droht vermutlich eine disziplinarrechtliche Untersuchung. Wenn jetzt auch noch rauskommt, dass er mich gestern hat laufen lassen, obwohl ich dringend tatverdächtig war, dürfte ihm das nicht gerade helfen.«
Roberta sah ihn schweigend an. Dann setzte sie sich auf die unterste Stufe der Treppe, die in den ersten Stock führte. Sie starrte auf die Stelle auf dem Fußboden, wo die Position von Maiwalds Leiche noch immer mit Klebeband markiert war.
»Ich weiß einfach nicht mehr, was wir noch tun können; es wird alles immer verworrener. Wieso hat dieser Mirth denn nun Katrin entführt? Und was hat das mit Brindizu tun? So viel ist inzwischen passiert. Aber über Katrins Verbleib wissen wir nicht mehr als vor fünf Tagen. Was sollen wir denn nur tun?«
Sie fing an zu weinen, und beide wussten, dass es eine weitere Möglichkeit gab, die niemand aussprechen wollte: Katrin konnte auch bereits tot sein.
Manfred setzte sich erschöpft und ratlos neben Roberta. Ein uniformierter Beamter kam durch die Glastür aus der Wache gerannt und verschwand im Gang schräg gegenüber. Er würdigte die zwei Menschen keines Blickes, die schweigend auf den Boden starrten, unfähig, sich gegenseitig in die Augen zu sehen oder zu irgendetwas aufzuraffen. Was hätten sie auch tun können? Eine Frau kam aus dem Paternoster. Sie trat näher.
»Wie gut, dass Sie noch da sind. Ich muss mit Ihnen reden.«
Es war Rita Schmitt. Sie sah schmal aus. Müde. Gemeinsam fuhren sie hinauf in das Büro, das die Polizistin normalerweise mit Halverstett teilte. Niemand setzte sich.
»Ist Halverstett suspendiert?«, fragte Manfred schließlich.
Rita Schmitt schüttelte den Kopf. »Er ist von sich aus nach Hause gefahren. Resturlaub. Das hat ihn ganz schön mitgenommen. Er hat gesagt, er hätte es vorhersehen müssen. Er war derjenige, der darauf bestanden hat, dass Maiwald ohne Handschellen abgeführt wird. Es wird natürlich ein Ermittlungsverfahren geben, aber suspendiert ist er nicht.«
»Schöne Scheiße.« Manfred sah Rita an. Doch sie kam seiner Frage zuvor und wandte sich an Roberta.
»Ich habe gerade erfahren, dass Sie Elko Mirth als den Mann identifiziert haben, der Sie in der Stadt angesprochen hat.«
Roberta nickte.
Die Polizistin zögerte, bevor sie weitersprach. »Es gibt da etwas, das Sie noch nicht wissen. Wenn Mirth wirklich der Mann ist, der Katrin entführt hat, dann haben wir ein Problem.«
»Das haben wir doch wohl sowieso«, fuhr Manfred auf. »Egal, wer sie entführt hat. Was soll das?«
»Lassen Sie mich bitte ausreden.« Rita Schmitt sah ihn scharf an, aber dann wurden ihre Gesichtszüge weicher. »Freitagabend hat das Schneechaos eingesetzt. Sie erinnern sich sicherlich. Auf den Straßen ist jede Menge passiert. Das meiste war harmlos. Ein paar Blechschäden und einige leicht Verletzte. Aber auf der A 46 kam es zu einem schweren Unfall, bei dem ein Wagen nahezu ungebremst in einen Laster
Weitere Kostenlose Bücher