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Katrin Sandmann 04 - Blutsonne

Katrin Sandmann 04 - Blutsonne

Titel: Katrin Sandmann 04 - Blutsonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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die Dämmerung in der Stadt einfiel, wurde die weiße, feuchte Masse dichter und dichter.
    Marc Simons lächelte. »Furchtbares Wetter draußen, komm rein.« Sie gingen in das Wohnzimmer mit den vielen Bücherregalen. Auf der Couch saß ein Mann, der Marc sehr ähnlich sah. Er hatte die gleichen blonden Haare, allerdings ordentlicher frisiert, und strahlend blaue Augen. Als er aufstand, um Katrin zu begrüßen, sah sie, dass er ein paar Zentimeter kleiner als sein Bruder war. »Hallo Katrin, ich bin Benedikt. Ich darf doch Katrin sagen?«
    »Klar.« Sie reichte ihm die Hand.
    »Ich hatte dir ja erzählt, dass mein Bruder im Augenblick hier wohnt«, erklärte Marc. »Ich hoffe, das stört dich nicht.«
    »Natürlich nicht.« Katrin musterte Benedikt mit verhaltener Neugier. Sie hätte gern gewusst, was mit ihm los war. Benedikt sah attraktiv und intelligent aus. Was brachte einen Mann wie ihn dazu, ohne Arbeit und ohne Wohnung dazustehen und bei seinem Bruder unterzuschlüpfen?
    Marc bot Katrin einen Platz auf der Couch an. »Was möchtest du trinken? Wasser? Bier? Wein?«
    »Am liebsten einen Tee, wenn es geht.«
    »Ich guck mal, was ich auftreibe.« Marc verschwand in der Küche.
    »Sie müssen sehr gut sein. Als Fotografin, meine ich.« Benedikt lächelte sie an. Irgendetwas an diesem Lächeln stimmte nicht, doch Katrin wusste nicht, was es war. »Ich bin nicht die schlechteste, das stimmt. Aber es könnte besser laufen. Ich hatte in letzter Zeit viel anderes um die Ohren. Da ist das Fotografieren ein wenig zu kurz gekommen. Und was machen Sie so?«
    Benedikt senkte den Kopf. »Eigentlich bin ich Masseur. Und ich wage zu behaupten, dass ich richtig gut bin. Ich hatte einen eigenen Massagesalon. Asiatische Entspannungsmassagen. Ist super gelaufen. Ich konnte mich vor Kunden kaum retten. Aber jetzt ist alles den Bach runter.« Er sah sie an. »Das Leben kann grausam sein. Wenn ihm danach ist, dann ändert es einfach die Fahrtrichtung, und zwar genau dann, wenn du am wenigsten damit rechnest. Wenn es dir gut geht. Dann kommt es plötzlich und sagt: Ich kann auch anders. Willst du mal sehen? Und zack, schon stehst du auf der Verliererseite.«
    Marc kam aus der Küche zurück. »Ist Hagebutte in Ordnung? Den habe ich mal besorgt, als meine kleine Nichte zu Besuch war. Was anderes habe ich nicht.«
    Katrin wandte ihren Blick nur widerwillig von Benedikt ab. Sie hätte gern mehr erfahren. Der Mann übte eine merkwürdige Faszination auf sie aus.
    »Hagebutte ist prima. Danke.«
    Marc stellte ihr eine Tasse hin. »Wir setzen uns am besten an meinen Schreibtisch. Dann zeige ich dir die Entwürfe am Rechner. Er verschwand erneut in der Küche, und Katrin blickte wieder zu Benedikt, doch der war inzwischen aufgestanden. »Ich lasse euch dann mal in Ruhe arbeiten.« Er lächelte Katrin an, und wieder fand sie sein Lächeln seltsam. Er wirkte wie ein Todgeweihter, der angesichts seiner schweren Krankheit Tapferkeit demonstrieren will, obwohl ihm eigentlich hundelend ist. Er wünschte ihr einen schönen Abend, dann ging er hinaus und verzog sich in ein Zimmer am Ende des Flurs.
    Marc kam zurück. Er brachte eine Kanne dampfenden Tee mit. Für sich selbst hatte er eine Flasche Bier geholt. »Dann mal an die Arbeit. Hast du schon mal darüber nachgedacht, was für Motive man nehmen könnte?«
    Katrin nahm ihre Tasse und setzte sich auf den Stuhl, den Marc ihr an den Schreibtisch gestellt hatte. Er selbst nahm auf dem Drehstuhl Platz und fing an, Dateien auf dem Rechner zu öffnen. Katrin beobachtete ihn. Sie ließ sich Zeit mit der Antwort. Zwei komische Brüder waren das, Marc und Benedikt Simons. So ähnlich und doch so verschieden. Beide gut aussehend und charmant, doch der eine selbstbewusst bis an die Schmerzgrenze und der andere melancholisch und vom Leben enttäuscht. Sie spürte Marcs fragenden Blick.
    »Natürlich habe ich darüber nachgedacht«, sagte sie schnell. »Ich war sogar schon unterwegs, um ein paar Bilder zu machen. Aber dann ist etwas dazwischengekommen.« Sie dachte an den toten Mann, an die Beine, die vor ihr im Nebel gehangen hatten, an das bleiche leblose Gesicht, und ihr wurde übel. Hastig nahm sie einen Schluck Tee. Er war sehr heiß, doch er tat gut.
    »Was ist dazwischengekommen?« Marcs Stimme klang unerwartet sanft.
    Katrin schüttelte den Kopf und starrte in ihre Teetasse.
    »Du brauchst nicht darüber zu reden, wenn du nicht möchtest. Wenn du private Probleme hast, ist das deine Sache.«
    Katrin

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