KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
Ich glaube, der gute Jüjü möchte mich unbedingt sprechen. Und zwar nicht wegen diesem Ding hier, wie er seiner Tochter weismachen wollte ...« Ich zeigte mit dem Zeigefinger auf den Fleck unter meinem Auge, »... sondern wegen etwas ganz Anderem. Was auch immer, mal sehen. Kann natürlich auch sein, dass ich mich irre und heute Nachmittag doch mit einem Schönheitspflästerchen zurückkomme. Oder mit einem neuen Gesicht, wer weiß!«
»Wäre schade! An das aktuelle habe ich mich nämlich fast schon gewöhnt. Apropos Lappés Tochter ...«
»Hm?«
»... hat die kleine Vanessa Sie gestern noch erreicht?«
»Wann? Wieso? Wofür?«
»Wieso und wofür wollte sie mir nicht verraten. Was das Wann betrifft: Als ich gestern Nachmittag ins Büro zurückkam, rief sie an und wollte wissen, wo und wie sie Sie erreichen kann. Ich habe ihr gesagt, dass Sie auf dem Weg zu ihr nach Hause sind. War doch in Ordnung, oder?«
»Absolut.«
Interessant war dabei nur eine Frage, auf die ich im Moment keine Antwort wusste: Warum hatte Vanessa mir in Harlaching dann bloß diese »Ach, Herr Katz, so ein Zufall!-Komödie« vorgespielt? Egal, konnte ich später noch klären. Jetzt wollte ich erst mal mein Versprechen einlösen und mich wegen ihres verschwundenen Gottfrieds erkundigen. Ich halte nämlich immer meine Versprechen! Deshalb verspreche ich auch so selten etwas.
Ich wählte die Nummer des Münchner Tierheims in der Riemer Straße. Am anderen Ende der Leitung meldete sich ein gewisser Ludwig Mayer, und zwar »Mayer mit a-y«, wie er betonte.
»So a Zufoi! Mir ham heut’ dadsächlich an Dobermann einibekomma«, sagte er in mühsam glatt gebügeltem Hochbayerisch.
»Schön! Trägt der Hund ein pinkfarbenes Halsband und wirkt, na ja, sagen wir mal: Ein wenig verängstigt?«
»Verängstigt? Iwo! Wenns’d net aufbasst, beisst der ois z’samm. Und a Hoisband dragt er scho, aber des is fei net bink, sondern aus Metoi.«
Aha, da war also anscheinend ein echter Dobermann eingeliefert worden. Deshalb erübrigte sich auch die Bitte, dem Hund doch mal ins rechte Ohr zu schauen. Wegen der Sommersprossen und so.
»Schade, dann ist es leider nicht unser Gottfried«, bedauerte ich und stellte im gleichen Augenblick erstaunt fest, dass ich jetzt schon fast wie Vanessa redete. »Aber ich habe da noch eine Bitte: Wären Sie so nett, sich bei mir zu melden, falls ein weiterer Dobermann bei Ihnen eingeliefert wird?«
Er versprach es, zuerst zögerlich, dann, als ich für den Erfolgsfall eine nette Spende an sein Tierheim in Aussicht stellte, sehr viel weniger zögerlich, und legte auf.
Ich nahm Papier und Stift und stellte für Sonia eine »Personenbeschreibung« von unserem verschollenen Jammerlappen zusammen. Konnte ja sein, dass sich Herr Mayer mit a-y tatsächlich wieder melden würde und ich nicht da wäre. Danach studierte ich noch einmal ganz genau, was Sonia und ich bis jetzt über die Lappés und das Privatsanatorium in Starnberg herausgefunden hatten. Man konnte ja nie wissen.
Um Viertel nach eins verließ ich das Büro. Kann aber auch halb zwei gewesen sein.
Auf dem Weg nach Starnberg machte ich in einer Metzgerei Halt und aß einen »Schweinebraten mit Knödel und Blaukraut« aus der Imbisstheke. Der Schweinebraten war zu fett, der Knödel zu lasch, das Blaukraut einfach nur blau, die Soße zu salzig. Und mir war einfach nicht zu helfen, ich fiel immer wieder drauf rein.
6
Dass man mit allzu eng anliegenden Brüsten, zu weit abstehenden Ohren, hängenden Arschbacken, Wülsten an der falschen Stelle und Gesichtern, die ihre Besitzer zu oft im Spiegel gesehen hatten, viel Geld verdienen konnte, das war mir schon klar gewesen. Aber so viel? Das wunderte mich dann doch, als ich in das Areal der Lappéschen Privatklinik einfuhr. Ein schlossähnliches Zentralgebäude, dessen heiteres Gelb auf das Lieblichste mit dem energischen Blau des Starnberger Sees harmonierte, links und rechts davon gruppierten sich moderne Pavillons aus Holz und Glas, und das alles in einer sichtlich gepflegten Gartenlandschaft.
Ich parkte direkt vorm Schloss. Die rote Warnleuchte im Armaturenbrett giftete mich immer noch an. Aber ich hatte mich längst entschlossen, mich von ihr nicht mehr provozieren zu lassen.
Im Eingang hielt ich instinktiv Ausschau nach ein paar Filzpantoffeln. Aber man durfte das Gebäude mit gewöhnlichen Straßenschuhen betreten. Wie sympathisch!
Hinter dem Empfangstresen aus affig gemaserten Edelhölzern mit ebenso affiger
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