KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
überzeugt an. »Soll ich dich noch zur Haustür bringen?«
»Nett von dir, aber ich finde den Weg schon alleine.«
Auf dem Weg zum Auto begegnete ich niemandem mehr, weder Maria noch Jüjü noch Elfriede, dem Flaschengeist. Ich durchquerte über knirschenden Kies den bescheidenen Vorgarten. Rechts, vor einer Doppelgarage, ebenfalls ziemlich mediterran angehaucht und mit dunkelgrünen Holztoren, standen der silbergraue Porsche Cayenne von heute Morgen, daneben ein knallroter 911er.
Ich schloss leise das edelstählerne Gartentor hinter mir und verließ das Anwesen inklusive kleinem Refugium.
Im Wagen atmete ich erst mal tief durch. Der Unfall. Ich träumte schon lange nicht mehr davon, das Hochschrecken in panischen Nächten war vorbei. Andererseits: Ich wurde immer noch nicht gerne daran erinnert.
Aber das war halb getauter Schnee von gestern. Jetzt war ich Detektiv und vielleicht musste ich schon bald beweisen, dass ich eine wahre Zierde meiner Zunft war. Oder sein könnte. Oder werden würde. Auf jeden Fall stellte ich im Geiste schon mal die ersten Rechnungen aus. Und selbst im Geiste war das ein feines Gefühl!
Als ich den Motor startete, leuchtete zwischen all den blauen, grünen und gelben Signallämpchen auch die rote Warnleuchte wieder auf. Der Eindruck, den sie bei mir erweckte, schwankte zwischen bunt und kostspielig. Wie Koi-Karpfen, irgendwie.
5
Neuer Tag, neuer Versuch, neues Glück: Beim Betreten des Eingangs – nichts Weiches unterm Schuh, auf die Glastür zum Büro endlich der richtige Name gepinselt, eine attraktive Sekretärin in zitronengelber Caprihose, die mich erwartungsvoll anstrahlte – na bitte, es ging doch!
»Guten Morgen, Chef!«
»Guten Morgen, Sonnenschein! Schönen Abend gehabt, gestern?«
»Ja, und am Ende war er auch noch recht bewegt.«
Heiliger Frivolius – recht bewegt! Darunter konnte ich mir eine Menge schöner Dinge vorstellen und ich errötete wie ein heftig umworbenes Mauerblümchen, das nicht weiß, wie ihm geschieht.
Bevor Sonia und meine Fantasie mich ganz aus dem Konzept bringen konnten, legte ich schnell mein markantes Privatschnüffler-Gesicht auf, von dessen Wirkung ich ziemlich überzeugt war, weil ich es zur Sicherheit schon des Öfteren vor dem Badezimmerspiegel geübt hatte. Nicht etwa aus Eitelkeit, nein, nein! Es gibt im Leben und im Job halt immer wieder Situationen, in denen man seinen Gesichtsausdruck nicht dem Zufall überlassen darf. Weil man dann im Zweifelsfall immer dämlich aussieht. Deshalb hatte ich mir eine Kommode mit passenden Mienen-Spielereien angelegt, aus deren oberster Schublade ich jetzt das Modell »Harter Hund« nahm und in mein Gesicht pflanzte: entschlossen, skeptisch, einen Hauch desillusioniert und mit einer Prise Vorwurf an die Welt. Schien zu klappen: Sonia tat plötzlich sehr geschäftig, aber mir entging keineswegs, dass jetzt ihre Wangen leuchteten wie zwei unsterblich verliebte Glühwürmchen.
Ich erinnerte mich mit einem Räuspern selbst daran, dass ich einen Auftrag für sie hatte. Den hätte ich ihr natürlich jetzt gleich, direkt an ihrem Schreibtisch, erteilen können. Wollte ich aber nicht. Ich wollte meine Gegensprechanlage benutzen, denn: Genau dafür hatte ich mir ja, erstens, dieses Ding überhaupt angeschafft und außerdem fand ich, zweitens, schon immer, dass man sich die Höhepunkte im Leben sorgfältig einteilen muss. Es gibt so wenige davon.
Ich zwinkerte ihr also noch mal kurz zu, ging in mein Büro und trödelte noch ein paar Minuten vor mich hin. Dann drückte ich auf den Knopf der Gegensprechanlage und bat sie, mir noch für heute einen Termin im »Privatsanatorium Lappé« zu besorgen.
Kein fünf Minuten später kam Sonia zu mir ins Zimmer. Und sie brachte nicht nur ihre wohlgeformten, langen Beine mit, sondern auch noch eine Tasse mit dampfendem Kaffee. Hatte ich heute etwa Geburtstag?
»Alle Achtung, Chef! Lappés Sanatorium ist zwar auf Monate ausgebucht, wie es scheint, aber für den Herrn Katz hatte man trotzdem noch einen Termin für heute Nachmittag frei. Wie macht man so was?«
Sie schaute mich mit einer Mischung aus Verklärung, Anerkennung und Hochachtung an, die mir unter die Haut ging. Detektive wissen: So fühlt man sich als Detektiv. Zumindest, wenn gerade Mal nichts schief geht. Ich erwiderte ihren Blick so abgeklärt wie möglich und hob bedeutungsschwer beide Hände.
»Tja, das ist der berühmte VIP-Faktor. Bei meinem Namen öffnet sich eben so manche Tür ... aber im Ernst:
Weitere Kostenlose Bücher