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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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von schottischem Whiskey zu verdanken. Und natürlich Frau Schneiderhahn.

7
    Was könnte es Schöneres geben, als nach einem ereignisreichen Tag nach Hause zu kommen und freudig begrüßt zu werden: vom Mülleimer im Flur, der leise vor sich hin mieft und Gassi gehen will, von einer ellenlangen Besorgungsliste an der Pinnwand und von nett gemusterten Brotresten in der Küchenschublade, deren Enden sich einem lasziv entgegen wölben? Der Besuch des Gerichtsvollziehers vielleicht.
    Im Kühlschrank sah es ähnlich trostlos aus. Ich nahm das grünlich schimmernde Ding, das in seinen besseren Zeiten einmal eine lebenslustige Leberwurst gewesen war, und warf es dem Mülleimer zu, der es freudig aufschnappte.
    Durch meinen Kopf schwirrten die Informationen der letzten beiden Tage, die ich noch nicht auf die Reihe gebracht hatte. Das würde am besten auf dem Sofa gehen, dachte ich mir, in horizontaler Lage, mit einem kühlen Fläschchen Bier in Reichweite. Allerdings stand das letzte Exemplar, ebenso leer wie seine Kolleginnen, in einer Ecke des Flurs, bereit für die letzte Reise zum Glascontainer. War also nichts mit Sofa, Suff und Sinnieren. Egal, ich hatte ja die Taschen voller Kohle! Und das hieß: Heute würde ich es mal so richtig krachen lassen. Aber nicht mit Sonias Anteil! Den zählte ich brav ab, legte ihn auf den Küchentisch und war ziemlich gerührt, was für ein guter Mensch ich doch sein konnte.
    Ich machte mich auf den Weg durch die abendlichen Straßen. War ja nicht weit. Die Stadt hielt einen kurzen Schönheitsschlaf, erholte sich von den Strapazen des Tages, um sich schon bald wieder mächtig aufzubrezeln und in die hektischen Vergnügungen der Nacht zu stürzen.
    Nach einer guten Viertelstunde hatte ich mein Ziel erreicht. Hinter der Schaufensterscheibe von »Selims Döner-Oase«, im grell-funzeligen Schein der Kunstlichtlampen, den man mit der gleichen Berechtigung irre heimelig oder total ungemütlich finden konnte, wirbelte Selim Öztürk fröhlich gestikulierend zwischen Dönerspießen, Fritteuse und bemehlter Arbeitsplatte hin und her. Pechschwarze Haare, pechschwarzer Schnauzer, pechschwarze Augen und in der Körpermitte ein kugelrunder Bauch, der keinerlei Zweifel darüber zuließ, dass er sich selber zu seinen besten Kunden zählen konnte.
    Ich ging hinein und stellte mich an.
    »Salam Aleikum, Selim!«, sagte ich lässig, als ich endlich an der Reihe war. »Sei so gut und mach’ mir einen Döner. Aber mit ordentlich Fleisch.«
    »Allo Ahno, allesse klah. Willse mah probian meine neue Döner-Sbessiahl? Isse bisse sssahf, aba smecke guud!«
    Ich fixierte Selims pechschwarze Augen und lächelte ihn mit eiskalter Überlegenheit an.
    »Sehe ich etwa aus wie ein Milchbubi? Mach mir mal ruhig deinen Spezial, Selim. Hauptsache ordentlich viel Fleisch drin.«
    Selim grinste.
    »Kommde ssofoad, Ahno! Kannsse dick sssoma ssezze. Isse vielleich soga bessa.«
    Macht ja ein ganz schönes Bohei um seine Fleischspießsemmeln, dieser Selim, dachte ich: Kannst dich schon mal setzen. Ist vielleicht sogar besser – was sollte das jetzt schon wieder heißen? Wie auch immer, ich fand noch einen freien Platz und setzte mich.
    Seitlich über mir hing ein Flachbildschirm an der Wand und dudelte mich in voller Lautstärke an.
    Seit ich in »Selims Döner-Oase« kam, liebte ich türkisches Fernsehen: Immer alles so schön bunt, immer alle so gut drauf und, das Beste überhaupt, man verstand kein Wort! Ungeheuer beruhigend, vor allem, weil eigentlich nie gesprochen, sondern immer gesungen wurde. Und keiner schmachtet so herzergreifend wie türkische Frauen. Aber auch Männer, ganz gleichberechtigt. Für jeden etwas eben.
    Eine glutäugige Schönheit mit langen, sichtbar blondierten Haaren schluchzte ein sehr melancholisches Liebeslied. Im Hintergrund rauschte das weite, blaue Meer, so weit, so blau, dass es schon gar nicht mehr wahr war. Von vorne sah die Sängerin toll aus, in der nächsten Einstellung, und zwar von der Seite, hatte sie aber eine ziemlich ausgeprägte Hakennase. Ich fand es sehr sympathisch, dass sie zu ihrer Nase stand und sie in voller Länge filmen ließ. Und im Geiste sah ich Jüjü neben mir stehen und sich die Hände reiben, weil es für ihn anscheinend noch sooo viel zu tun gab. Weltweit.
    Damit war ich schon beim Thema. Schließlich saß ich hier in »Selims Döner-Oase«, der belebten Filiale meines Wohnzimmers, nicht nur weil ich Hunger hatte, sondern weil ich in Ruhe über meinen ersten

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