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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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unseren Köpfen.
    Ich schielte verstohlen zu Sonia herüber. Ihre beherzte Rettungsaktion war wirklich filmreif gewesen! Und verdammt mutig. Dabei liefen mir ein paar Tränen über die Wangen. Weniger aus Rührseligkeit, sondern weil ich, wenn auch nur in winzigen Spuren, auch etwas von diesem Teufelszeug abgekriegt hatte.
    »Ich ... äh ... also ich muss schon sagen«, stammelte ich, »... äh ... also ich möchte mich ....«
    »Schon gut, Chef! Ich weiß, dass Sie für mich das Gleiche getan hätten.«
    »Ja, ja, klar! Ehrensache!« sagte ich. Glaubte ich. Oder hoffte ich doch wenigstens.
    Wir schwiegen wieder und ich konzentrierte mich aufs Fahren. Im Rückspiegel sah ich die Scheinwerferkolonne des Feierabendverkehrs, die nicht enden wollte. Sah mich und meine Albino-roten Augen. Und weit im Hintergrund die Berge, auf die das letzte Licht des Tages fiel. Sie wirkten immer noch ungeheuer majestätisch, keine Frage. Aber zu ihren Füßen, in den properen Ortschaften, den geschäftigen Betrieben und den Häusern mit ihren gedrechselten Seelen, waberte auch noch etwas ganz Anderes durch dieses Idyll – etwas Irritierendes, Gewalttätiges, Tragisches.

19
    Zu Hause empfing mich meine weinrote Couch mit der bedingungslosen Zärtlichkeit einer vertrauten Geliebten. Ich sank in ihre weichen Arme, zerknautscht, wie ich war, mit immer noch geröteten Kaninchenaugen und dieser Deckenbalkenbeule auf der Stirn, die mittlerweile in vornehmes, dunkles Violett changierte. Für all das würde ich Jüjü morgen eine saftige Rechnung schreiben, und diese Aussicht verbesserte meine Laune schlagartig.
    Dann kamen meine Gedanken zu Besuch, wie immer, wenn ich auf dem Sofa lag. Unklare Gedanken, wirr und ohne Zusammenhang und doch auf eine chaotische Art miteinander verbunden. Ein Gedankenknäuel, das darauf wartete, aufgerollt und neu sortiert zu werden. Dabei gab sich als Erstes Toni Mooseder die Ehre. Aus dem wurde ich nämlich überhaupt nicht schlau. Mooseder war nicht so tumb, wie es den Anschein hatte, auf seine Art vielleicht sogar gerissen. Aber eben auch nicht gerade der Hellste. Wahrscheinlich genetisch bedingt. Ich hatte da so meine Theorie: Beim Backen eines Erdenbürgers hielt sich die Natur selten streng ans Rezept. Meist ging von den diversen Zutaten, die sie zu verteilen hatte, zu viel in strammen Körperbau und Muskeln, dafür zu wenig ins Gehirn. Und umgekehrt. Ich mochte diese Theorie schon immer, weil sie so schön griffig war. Und weil sie mir ermöglichte, meiner eher schmächtigen Statur handfeste Vorteile abzugewinnen.
    Eines war für mich jedenfalls klar: Toni Mooseder war nach wie vor in Maria vernarrt, vielleicht sogar bis zur Hörigkeit, wie behauptet wurde. Aber Maria war ihrerseits leider in das schöne Leben mit dem vielen schönen Geld vernarrt. Und Toni wiederum hatte in dieser Hinsicht nicht besonders viel zu bieten. Zumindest nicht als Angestellter im Sägewerk, das sein älterer Bruder alleine führen, zusammenhalten und an die nächste Generation weitergeben würde. So ganz vorbei am armen Toni. Es war ihm also durchaus zuzutrauen, dass er in einer solchen Situation den Schmuddelbrief an Jüjü zusammengeklebt hatte, um sich zwischen den Schönheitschirurgen und dessen anspruchsvolle Frau zu drängen, um Fakten zu schaffen. Seine Fakten, von seiner Fantasie herbeikonstruierte Bilder einer Realität, die dummerweise niemand mit ihm teilen wollte. Eine Aktion von voraussehbarer Vergeblichkeit, denn es musste ihm doch klar sein, dass er Maria Lappé auf diese Weise niemals zurückgewinnen konnte. Gleichzeitig musste ich fast schmunzeln bei dem Gedanken, dass er es wahrscheinlich für ein Höchstmaß an schlauer Vertuschung gehalten hatte, seinen Brief nicht in Rosenheim, sondern im 80 Kilometer entfernten Freilassing in den Briefkasten zu werfen. Und wenn dem so war, dann war es so doof, dass es fast schon wieder raffiniert wirkte. Aber auch wenn ich mir das alles ganz gut vorstellen konnte, ich musste es auch beweisen können. Aber wie? Nun gut, da würde mir schon noch etwas einfallen.
    Das Handy klingelte. Und zwar in der Tasche meiner Jacke, die an der Garderobe im Flur hing, weit, weit weg von mir und meinem Sofa. Deshalb ignorierte ich es. Aber der Anrufer ignorierte noch hartnäckiger meinen Versuch, seinen Anruf zu ignorieren. Also stand ich schließlich auf, ging in den Flur, fingerte das Handy aus der Jackentasche und nahm das Gespräch an. Half ja nichts.
    »Katz!«
    »Hallo Arno, Vanessa

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