Katzen jagen nachts
Ihnen. Wenn es brenzlig wird und jemand Sie festnageln will, glitschen Sie einem durch die Finger wie ein Aal.«
»Also — wenn einer Katz und Maus spielt, sind Sie’s. Wer ist die Leiche?«
»Sie heißt Sally Brentner . Eine junge Frau von etwa sechsundzwanzig Jahren.«
»Wie ist sie gestorben?«
»Das wissen wir noch nicht.«
»Eines natürlichen Todes?«
»Es kann ein Unfall gewesen sein.«
»Oder?« fragte Bertha.
»Oder auch nicht.«
»Wohl ein sonnenklarer Fall, wie?« bemerkte Bertha.
»Eben.«
»Wer ist diese Sally Brentner ?«
»Dienstmädchen bei den Belders.«
»Wie lange ist die Leiche schon dort?«
»Etwa einen Tag.«
»Im Keller?«
»Sehr richtig.«
Bertha fragte betont beiläufig: »Was sagt denn Mrs. Belder zu der Sache?«
»Nichts.«
»Sie antwortet nicht auf Fragen?«
»Nein, weil sie nämlich gar nicht greifbar ist. Und jetzt kommen wir zu Ihnen.«
»Wieso?«
»Ich habe mir sagen lassen, daß Sie die Dame des Hauses zuletzt gesehen haben.«
»Wer hat Ihnen denn das erzählt?«
»Ein Vögelchen hat’s mir ins Ohr gesungen.«
Wieder fing das Telefon an zu lärmen. Bertha war heilfroh über die Unterbrechung.
»Augenblick«, sagte sie zu Sergeant Sellers und meldete sich.
Everett Belders Stimme überschlug sich fast vor Erregung. »Wie gut, daß ich Sie erreiche. Ich habe überall angerufen. Auch schon bei Ihnen in der Wohnung, aber da haben Sie sich nicht gemeldet. Die Nummer habe ich von Ihrer Sekretärin...«
»Schon gut«, sagte Bertha, »schießen Sie los.«
»Etwas Schreckliches ist passiert.«
»Ich weiß.«
»Nein, nein, das können Sie noch gar nicht wissen. Im Keller meines Hauses ist Sallys Leiche gefunden worden. Sie ist...«
»Ich weiß«, wiederholte Bertha. »Die Polizei ist hier.«
»Da bin ich also zu spät gekommen«, meinte Belder niedergeschlagen. »Was haben Sie den Beamten gesagt?«
»Gar nichts.«
»Können Sie das durchhalten?«
»Kaum. Jedenfalls nicht auf die Dauer. Ist Ihre Frau zu Hause?«
»Nein. Meine Schwiegermutter ist verzweifelt. Sie sagte, sie würde jetzt systematisch das Haus durchsuchen, beim Keller angefangen. Ich hörte sie die Kellertreppen hinuntergehen, aufschreien und umkippen. Ich rannte hinterher, und da lag Sally, ausgestreckt...«
»Ich hab’ ein Gemüt wie ein Schaukelpferd, Bertha«, sagte Sellers freundschaftlich, »aber wenn Sie versuchen, mich an der Nase herumzuführen, werde ich unangenehm.«
»War das die Polizei, die dazwischengeredet hat?« wollte Belder wissen.
»Ja«, war Berthas lakonische Antwort.
»Ich habe den Polizisten gesagt, daß jemand meiner Frau einen anonymen Brief geschrieben hat und daß Sie ihn jetzt haben. Weshalb ich Sie engagiert habe, habe ich den Herren nicht auf die Nase gebunden.«
»Aha...«
»Ich glaube, wir müssen der Polizei den ersten Brief zeigen, Mrs. Cool. Vielleicht besteht da doch ein Zusammenhang mit Sallys Tod. Aber der zweite, den wir gestern abend aufgemacht haben, der hat nichts mit dem Fall zu tun, und ich möchte nicht, daß die Polizei davon erfährt.«
»Warum nicht?«
»Weil ich nicht will, daß Dolly Cornish in die Sache hineingezogen wird.«
»Warum nicht?«
»Weil ich es nicht will. Punktum. Ich möchte ihr die Publicity ersparen. In dem Brief klingt das alles ziemlich scheußlich.«
»Warum?«
»Verstehen Sie das nicht? Der Fall hat so viele Aspekte... Die Polizei könnte Mrs. Cornish das Leben schwermachen.«
»Warum?«
»Himmeldonnerwetter, begreifen Sie denn gar nichts mehr? Meine Frau... Wir müssen auf Dolly Rücksicht nehmen!«
»Warum?«
»Können Sie zur Abwechslung nicht mal was anderes fragen?«
»Jetzt nicht.«
Man hörte förmlich bei Belder den Groschen fallen.
Bertha, die jeden Augenblick damit rechnen mußte, daß Frank Sellers dem Telefongespräch ein jähes Ende bereitete, fragte hastig: »Wie ist Sally gestorben? War es ein Unfall? Oder hat jemand sie umgebracht?«
»Es kann ein Unfall gewesen sein. Sally war beim Kartoffelschälen und ging zwischendurch in den Keller, um ein paar Zwiebeln heraufzuholen. Sie nahm die Schüssel mit einigen geschälten und ein paar ungeschälten Kartoffeln mit. In der rechten Hand hatte sie ein langes Fleischmesser. Offenbar ist sie auf der obersten Treppenstufe gestolpert und den Rest der Treppe hinuntergefallen. Dabei muß sie sich das Messer in die Brust gestoßen haben.«
Bertha vergaß ihren Besuch. »Gibt es Anzeichen dafür, daß es doch kein Unfall gewesen sein könnte?«
»Ja
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