Katzen jagen nachts
Teller auf den Tisch. Es war ein Wunder, daß er ohne Sprung davonkam. »Einen Trost habe ich: Wenn Sie mich schon dazu erpreßt haben, Ihnen Frühstück vorzusetzen, müssen Sie, wenn Sie Kaffee trinken wollen, den stinkigen Zigarrenstummel aus dem Mund nehmen.«
Sergeant Sellers antwortete nicht. Er hatte sich in einen Bericht über das Catcherturnier vertieft, das er am vorhergehenden Abend höchstpersönlich mit seinem Besuch beehrt hatte, und stellte fest, daß er mit dem Sportreporter durchaus nicht in allen Punkten einig war.
»Frühstück!« rief Bertha.
Sergeant Sellers erschien ohne Zigarre und Hut, das dichte wellige Haar mit einem Taschenkamm gestriegelt, wartete, bis Bertha Cool sich gesetzt hatte, und ließ sich dann ihr gegenüber nieder.
»Wenn Sie sich gestärkt haben, Bertha, sollten Sie mir endlich reinen Wein einschenken. Sie haben jetzt lange genug Bedenkzeit gehabt.«
Bertha Cool trank einen Schluck Kaffee. »Meinetwegen. Ich hatte den Auftrag, Mrs. Belder zu beschatten, und ich habe sie aus den Augen verloren. Sie wollte sich mit der Person treffen, die diese beiden Briefe geschrieben hat. In Belders Büro hatte ich seine Akte mit Privatkorrespondenz durchgesehen. Ich suchte etwas ganz Bestimmtes.«
»Und was, bitte?« erkundigte sich Sellers.
»Eine erstklassige Maschinenschreiberin mit einer eigenen Reiseschreibmaschine«, antwortete Bertha.
»Das ist mir zu hoch.«
»So ein maschinengeschriebener Brief ist aufschlußreicher , als man im allgemeinen glaubt. Der gleichmäßige Anschlag und die saubere Schrift zeigen, daß hier eine gute Kraft am Werk war. So ein Mädchen bekommt viel Gehalt, hat also im Büro gutes Handwerkszeug. Die Briefe aber sind auf einer schon reichlich altersschwachen Reiseschreibmaschine geschrieben. Das muß also ihre eigene Maschine sein. Ganz zufällig bin ich auf des Rätsels Lösung gekommen.«
»Da bin ich aber neugierig«, sagte Sergeant Sellers.
»Imogene Dearborne, die schieferäugige Hexe in Belders Vorzimmer, die einem weismachen will, daß sie im Schlafen wie im Wachen nur an ihre Sekretärinnenpflichten denkt.«
Frank Sellers schlug einem Ei die Spitze ab und betrachtete es kritisch.
»Wie finden Sie das?« fragte Bertha in Erwartung eines Lobes für ihren Scharfsinn.
»Ein bißchen hart«, antwortete Sellers. »Aber ich denke, es läßt sich essen.«
8
Sergeant Sellers öffnete die Tür mit der Aufschrift »Everett G. Belder, Verkaufsingenieur« und ließ Bertha Cool vorausgehen.
»Wir können nämlich bei Gelegenheit auch höflich sein«, sagte er halblaut.
»Ich bin baff«, erklärte Bertha und marschierte ins Büro.
Imogene Dearborne saß an der Schreibmaschine. Bertha sah, daß sie geweint hatte. Das Mädchen wandte hastig den Kopf ab. »Gehen Sie bitte hinein. Er erwartet Sie.«
Sergeant Sellers hob fragend die Augenbrauen, und auf Berthas fast unmerkliches Kopfnicken hin schaute sich Sellers das Mädchen an der Schreibmaschine genauer an.
Imogene Dearborne schien seine Musterung bemerkt zu haben. Ihr Rücken wurde bolzengrade, aber sie sah nicht auf. Lautes Klappern kündete von emsiger Geschäftstätigkeit.
Die Tür zum Chefzimmer öffnete sich. »Ich habe Sie kommen hören,« sagte Everett Belder. »Einen schönen guten Morgen, alle miteinander. Treten Sie doch näher.«
Sergeant Sellers ließ sich gemütlich in einem Sessel nieder, zog eine Zigarre aus der Westentasche, biß die Spitze ab und suchte nach einem Streichholz. Bertha Cool setzte sich mit der grimmigen Förmlichkeit eines Scharfrichters, der dem zum Tode Veruteilten seinen Besuch abstattet.
Everett Belder schob sich nervös auf die äußerste Kante seines Schreibtischsessels.
Sellers setzte seine Zigarre in Brand, blies das Streichholz aus und warf es in einen kleinen Kamin, wo gerade Papier verbrannte. Er sah Belder an. »Na?«
»Ich nehme an, daß Mrs. Cool Ihnen alles erzählt hat«, sagte Belder.
Sellers grinste Belder durch die blauen Zigarrenwolken an.
»Alles wohl nicht. Aber mehr als Ihnen lieb sein dürfte.«
»Wie meinen Sie das?« fragte Belder mit mühsam bewahrter Würde.
»Ich erinnere Sie nur an den zweiten Brief...«, meinte Sellers.
»Davon wollte ich später erzählen, Sergeant«, sagte Belder beklommen. »Ich mußte mir die Sache noch mal durch den Kopf gehen lassen.«
»Na, dazu haben Sie ja wohl jetzt reichlich Zeit gehabt — oder?«
Belder nickte.
»Was gab’s da eigentlich groß zu überlegen?«
»Nichts. Das heißt —
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