Katzen jagen nachts
Goldring das Leben zur Hölle. Nein, Mrs. Cool, so leid es mir tut — da kann ich nicht mitmachen. Das, was ich Ihnen eben gesagt habe, muß strikt unter uns bleiben. Vor Gericht müßte ich jene Auseinandersetzung mit Imogene glatt leugnen.«
Bertha Cool rappelte sich auf und funkelte Everett Belder wütend an.
»Einen solchen Waschlappen habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen«, schnaubte sie und stürmte hinaus.
11
Roger F. Drumson , Seniorpartner der Anwaltskanzlei Drumson , Holbret & Drumson , las den letzten Satz der Anklageschrift, dann sah er über seine Brille hinweg Bertha Cool an. »Sie sollten also, wie ich diesem Schriftstück entnehme, feststellen, von wem die anonymen Briefe stammten. Sie hatten hinreichenden Grund zu der Annahme, daß die Briefe von der Klägerin geschrieben worden waren?«
»Ja.«
»Gut. Sehr gut. Wie kamen Sie zu dieser Annahme?«
»Ich wußte, daß die Briefe von einer ausgezeichneten Stenotypistin auf einer Reiseschreibmaschine getippt worden waren. Ich wußte, daß Imogene Dearborne auf der gleichen Schreibmaschine eine Notiz an ihren Chef geschrieben hatte.«
»Woher wußten Sie das?«
»Ich habe die Schrifttypen verglichen.«
»Nein, nein. Woher wußten Sie, daß sie diese Notiz auf derselben Maschine getippt hatte?«
»Sie hat es zugegeben.«
»Unter Zeugen?«
»Ja.«
»Bevor Sie Ihre Beschuldigung aussprachen?«
»Selbstverständlich.«
Drumson strahlte Bertha an. »Das war sehr gescheit von Ihnen, Mrs. Cool. Sie haben also demnach Ihre Feststellung in gutem Glauben gemacht.«
»Ja, ganz recht.«
»Ausgezeichnet.«
Drumson nahm das Studium der Anklageschrift wieder auf, runzelte die Stirn, sah Bertha vorwurfsvoll an. »Haben Sie sie eine >fiese Vorzimmerkrähe< genannt, Mrs. Cool?«
»Ja.«
»Das ist schlecht.«
»Warum?«
»Weil dadurch Böswilligkeit impliziert wird.«
»Wieso?«
Drumson lächelte väterlich und ein bißchen herablassend. »Sehen Sie, Mrs. Cool, das Gesetz sichert Personen, die in gutem Glauben ohne Böswilligkeit handeln, in einem gewissen Rahmen Straffreiheit zu. Anders ausgedrückt: Gewisse Aussagen sind in der Sicht des Gesetzgebers >vertrauliche Mitteilungen<. Dazu aber muß der Beklagte nachweisen, daß die Aussage in gutem Glauben und ohne Böswilligkeit erfolgte. Sie sind Privatdetektivin und hatten von Everett Belder unter anderem den Auftrag erhalten, den Absender gewisser Briefe zu ermitteln. Sie hatten hinreichenden Grund zu der Annahme, daß es sich bei dem Briefschreiber um seine Sekretärin handelte. Das war ein Irrtum, aber ein Irrtum, der jedem unterlaufen kann.«
Bertha nickte nachdrücklich.
»Es handelte sich also um eine vertrauliche Mitteilung«, fuhr Drumson fort, »unter der Voraussetzung, daß keine Böswilligkeit im Spiel war, Mrs. Cool.«
»Selbstverständlich. Persönlich hatte ich ja gar nichts gegen das Mädchen.«
»Weshalb haben Sie sie dann als >fiese Vorzimmerkrähe< bezeichnet?«
»Ach, das sagt man eben so...«
Drumson schüttelte nachsichtig tadelnd den Kopf und schnalzte mit der Zunge.
»Sie kann mich doch nicht verklagen, nur weil ich eine ganz überzeugende Schlußfolgerung gezogen habe, oder?«
»Das kommt darauf an, Mrs. Cool. Sie müssen zumindest nachweisen, daß Sie ausreichendes Beweismaterial hatten. Sie sagten, die wahre Schuldige sei eine gewisse Sally Brentner gewesen?«
»Ja.«
»Wie haben Sie das festgestellt?«
»Die Polizei hat es festgestellt«, gab Bertha unwillig zu.
»Wie denn?«
»Aus dem zweiten Brief ging hervor, daß die Briefschreiberin wußte, was sich in Belders Büro abgespielt hatte. Die Kriminalpolizei kam zu dem Schluß, daß jemand vom gegenüberliegenden Haus aus das Büro beobachtet haben mußte. Es gab dort nur ein oder zwei Büros, die für diesen Zweck in Frage kamen. Der ungefähre Zeitpunkt war auch bekannt. Es stellte sich heraus, daß sie um diese Zeit in einem Zahnarztstuhl gesessen und direkt in Belders Büro geguckt hatte.«
Drumson runzelte die Stirn. »Weshalb sind Sie nicht selber auf diese naheliegende Lösung gekommen, Mrs. Cool?«
»Ich hielt es für unnötig, dieser Version nachzugehen«, sagte Bertha.
»Sie haben also den Hinweis der Kriminalpolizei mit voller Absicht unbeachtet gelassen?«
»Mit voller Absicht — na, das kann man auch nicht direkt sagen.«
»Sie sind also gar nicht auf die Lösung gekommen?«
»Hm«, machte Bertha. »Ich...« Sie verstummte.
»Offenheit dem Rechtsberater gegenüber ist erste
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