Katzen jagen nachts
für sie«, sagte Berthas Besucherin ärgerlich. »Wissen Sie, wie einer Mutter zumute ist, die große Pläne mit ihrem Kind hat, wenn sie mit ansehen muß, wie eine andere Frau diesem Kind die ganze Zukunft verbaut? Ich beobachte sie nun seit fünf Jahren, aber ich bin hilflos. Doch wenn Carlotta erst mal eingesehen hat, was für eine eitle, gehirnlose Person diese Mrs. Goldring ist, wird sie ihrer wirklichen Mutter folgen, die ihr Reichtum und Sicherheit, einen einflußreichen Bekanntenkreis bieten kann...«
»Weiß dieser einflußreiche Bekanntenkreis von Ihrer Vorstrafe?«
»Natürlich nicht!«
»Aber Mrs. Goldring weiß davon.«
»Ja.«
»Würde sie nicht dafür sorgen, daß die Sache bekannt wird, wenn man ihr Carlotta wegnimmt?«
»Möglich. Aber vermutlich könnte ich ihr die Lust am Reden nehmen...«
»Wie denn?«
Die Besucherin lächelte. »Wissen Sie, Mrs. Cool, ich bin gekommen, um Ihnen einen Auftrag zu geben und nicht, um mich über meine Privatangelegenheiten ins Kreuzverhör nehmen zu lassen.«
»Also los«, sagte Bertha ergeben.
»In vieler Beziehung«, fuhr die Besucherin fort, »war Mrs. Goldring eine gute Mutter. Aber sie ist einfach zu dumm. Die Frauen in den Vierzigern und Fünfzigern, sogar noch in den Sechzigern, die sich die guten Männer angeln, die Witwer, die schon ans Ehejoch gewöhnt sind — das sind die dicken, gemütlichen, zufriedenen Matronen, die gar nicht um jeden Preis heiraten wollen. Die Weiber, die sich abhungern, die lebhaft und neckisch tun wie Zwanzigjährige, kriegen nie ein Bein auf die Erde. Eine reife Frau kann einem älteren Mann vieles bieten, was eine junge nicht hat. Sie muß eben ihre eigenen Waffen einsetzen und sich nicht mit Gewalt jünger machen wollen. Dann er reicht sie nämlich gar nichts.«
»Eine beachtliche Philosophie«, meinte Bertha. »Und was wollen Sie damit sagen?«
»Daß Mrs. Goldring eine dumme oberflächliche Frau ist. Sie hat ihr Versicherungsgeld verschleudert für Kleider, Kosmetik, teure Wohnungen und einen kostspieligen Bekanntenkreis. Wollen Sie Einzelheiten hören?«
»Einzelheiten interessieren mich immer«, sagte Bertha.
»Gut. Von der Lebensversicherung bekam sie zwanzigtausend Dollar. Statt diese Summe vernünftig zu investieren, beschloß Mrs. Goldring, fünf Jahre lang viertausend Dollar jährlich auszugeben, in der Hoffnung, in dieser Zeit einen netten Mann an Land zu ziehen. Eins muß man ihr lassen — Carlotta gegenüber war sie großzügig. Statt der viertausend Mäuse gab sie im ersten Jahr fast siebentausend aus. Das meiste ging für ausgedehnte Ehemannsafaris drauf. Leider machte sie den für Frauen dieser Art typischen Fehler.«
»Nämlich?«
»Sie verliebte sich in einen Mann, der nicht die geringsten Heiratsabsichten hatte, sie ein Jahr auf die Folter spannte und den größten Teil ihres Geldes vereinnahmte. Als der schöne Traum vorbei war, verdoppelte Mrs. Goldring ihre Anstrengungen, die verlorene Jugend wiederzugewinnen. Spielen Sie Golf, Mrs. Cool?«
»Leidlich.«
»Nichts ist dabei verhängnisvoller als Verkrampfung. Genauso ist es bei der Jagd nach einem Ehemann. Mrs. Goldring neigte dazu, ihre Bälle zu verschlagen. Vor einem Monat hat sie ihren letzten Cent ausgegeben. Seitdem hält sie sich nur durch verzweifelte Manöver über Wasser. Mabels Trennung von Belder war ihre letzte Hoffnung.«
»Sie sind bemerkenswert informiert.«
»Ich muß mich doch um Carlotta kümmern.«
»Wie lautet mein Auftrag?«
Ihre Besucherin lächelte. »Er hört sich sehr einfach an.«
»Also schießen Sie schon los.«
»Ich brauche eine Auskunft.«
»Ach nee!« bemerkte Bertha ironisch.
Die Frau öffnete lächelnd ihre Handtasche und legte eine Fünfzig-Dollar-Note auf den Tisch. »Ich zahle im voraus«, erklärte sie.
Berthas Augen saugten sich an dem Geldschein fest. »Wofür?«
»Für eine Auskunft.«
»Welche?«
»Sie werden sich wundern...«
»Ich bin eine vielbeschäftigte Frau«, unterbrach Bertha ungeduldig. »Wenn ich Ihnen Ihre Auskunft beschaffen soll, muß ich mich tummeln. Kommen wir endlich zur Sache.«
»Ich brauche den Namen von Everett Belders Friseur.«
Bertha machte gegen ihren Willen ein verblüfftes Gesicht. »Von seinem Friseur? Wozu denn das?«
Die Frau wies mit der schlanken gepflegten Hand auf den Geldschein. »Ist das nicht Grund genug?«
Bertha kniff die Augen zusammen. »Ich weiß nicht, ob ich befugt bin, diese Auskunft zu beschaffen. Ich muß mir noch einmal die Kopie der
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