Katzen jagen nachts
Rechte mehr?«
Bertha wartete, bis die Tür ins Schloß gefallen war. »Er hat uns auf frischer Tat ertappt«, sagte sie bitter. »Damit hat er uns völlig in der Hand. Dieser Halunke!«
Belder sprach würdevoll, aber mit kalter Wut. »Also das schlägt dem Faß den Boden aus, Mrs. Cool. Sie haben den Fall von Anfang an hoffnungslos verpatzt. Ich bitte Sie, meine Frau zu verfolgen. Sie verlieren sie aus den Augen. Ich vertraue Ihnen einen Brief an — Sie lassen ihn in die Hände der Polizei fallen. Ich komme zu Ihnen mit einem weiteren Brief, der möglicherweise wichtige Hinweise enthält — Sie lassen ihn sich vor der Nase wegschnappen. Ich hatte ja gleich meine Bedenken, den Auftrag einer Frau zu geben. Einem Mann gegenüber hätte sich Sergeant Sellers nie so viel herausgenommen.«
Berthas Stirn war in angestrengtem Nachdenken gerunzelt. Offenbar hatte sie kein Wort von Belders wohlgesetzter Rede gehört.
Belder marschierte steif zur Tür und schlug sie hinter sich zu.
Elsie sah Bertha Cool mitleidig an. »Pech. Aber schließlich konnten Sie ja wirklich nichts dafür.«
Bertha war wie taub.
Ihre Augen waren nur noch ein schmaler Schlitz. »So läuft also der Hase...«
»Wie bitte?«
»Die Polizei glaubt, Belder hätte seine Frau ermordet. An jenem Morgen war er beim Friseur. Ich erinnere mich: Als er früh zu mir kam, trug er einen Mantel und war unrasiert. Er verließ mich vor seinem Haus. Später in meinem Büro war er rasiert, massiert, manikürt und hatte sich die Haare schneiden lassen. Deshalb also wollte meine Besucherin die Adresse seines Friseurs haben. Der ist sein einziges Alibi, und wenn das nicht wasserdicht ist, kann er sich begraben lassen.«
Bertha stürzte in ihr Zimmer und griff sich Hut und Handtasche.
15
Beim Bahnhofsfriseur waren alle sieben Plätzebesetzt, sechs weitere Kunden warteten noch, und nur drei Angestellte hasteten in dem engen Salon hin und her. »Wo ist der Boss?« fragte Bertha.
»Essen gegangen«, antwortete einer der Figaros. »Seit zwei Uhr versucht er wegzukommen, aber... Ach, da ist er ja wieder!«
Bertha wandte sich um, ohne die neugierigen Blicke der Kunden zu beachten, und drückte dem Chef ihre Karte in die Hand. »Wo können wir uns fünf Minuten in Ruhe unterhalten?« fragte sie.
Der Friseur warf einen Blick auf die Wartenden. »Ich hab’ keine Zeit! Wir sind unterbesetzt, und...«
»Nur fünf Minuten«, versprach Bertha. »Und es dürfte Ihnen lieber sein, wenn wir irgendwo reden könnten, wo nicht sämtliche Kunden zuhören.«
Der Mann war viel zu überarbeitet, um sich auf Argumente einzulassen. »Meinetwegen«, gab er klein bei. »Kommen Sie mit nach hinten.« Und mit erhobener Stimme, damit die Kunden vorn es hören konnten, fügte er hinzu: »Aber machen Sie’s kurz. Sie sehen ja, was für ein Betrieb hier herrscht.«
»Okay«, meinte Bertha.
Das Hinterzimmer war klein und trübe beleuchtet. An einem altmodischen Garderobenständer hingen drei Hüte. Der Friseur hängte seinen dazu.
»So — was wollen Sie also?« fragte er.
»Kennen Sie Everett Belder?«
»Ja. Er hat ein Büro im Rockaway Building . Ich bediene ihn seit Jahren.«
»War Belder am letzten Mittwoch bei Ihnen?«
»Letzten Mittwoch«, wiederholte der Friseur und runzelte die Stirn. »Ja, das stimmt. Es war Mittwoch. Er hat sich allerlei machen lassen — Haarschneiden, Maniküre, Gesichtsmassage. Das wird jetzt kaum mehr verlangt, die Leute haben ja nie Zeit für so was. Na, ich kann’s verstehen. Sie sehen ja, wie’s mir geht. Ich bekomme keine Leute, und...«
»Wie lange war er hier?« unterbrach Bertha.
Der Friseur zog Mantel und Jackett aus und hängte beides sorgfaltig über einen Bügel. »Alles in allem so an die anderthalb Stunden«, sagte er und fuhr mit dem rechten Arm in seinen weißen Kittel.
»Die genaue Zeit wissen Sie wohl nicht?« erkundigte sich Bertha.
»Doch. Mr. Belder wartet nämlich nicht gern. Er kommt immer, wenn nicht viel Betrieb ist, so gegen elf. Am Mittwoch kam er allerdings erst gegen halb zwölf. Es war neblig und windig. Er trug einen Mantel. Bald darauf kam aber die Sonne heraus, und wir sprachen davon, daß der Wind den Nebel wohl wegblasen würde. Als er ging, hatte er seinen Mantel vergessen. Da drüben am Garderobenständer hängt er. Ich habe ihn angerufen und ihm Bescheid gesagt. Er wollte ihn abholen. Sagen Sie mal — liegt was gegen ihn vor?«
»Nein«, sagte Bertha. »Ich will ihm nur helfen. Hat sich inzwischen schon
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