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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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»He,
was machst du da? Du sollst meine Esmeralda nicht wegschubsen.«
    Und dann
Lotte, ebenfalls laut, mit einem unterdrückten Weinen in der Stimme: »Deine blöde
Esmeralda ist ein Wechselbalg. Sie ist hässlich, niemand hat sie lieb! Ihre Eltern
sind in ein Hotel gefahren und haben sie zurückgelassen.«
    Leon sah,
dass Sabrina Lotte am Kragen packte. Lotte hielt die Hände vors Gesicht. Er beschloss
einzugreifen. Er löste Sabrinas Finger von Lottes T-Shirt, wollte ihr schon Vorhaltungen
machen, weil sie Sabrinas Puppe beleidigt hatte, aber Lotte umklammerte seine Beine
und heulte.
    »Für heute
ist das Spiel fertig«, sagte er deshalb nur. »Komm, Lotte, wir gehen hinein. Zeit
für ein Glas Tee und einen Apfel.« Gleichzeitig begann Luzia zu greinen und dann
zu brüllen. Ein Windstoß wehte Leons Zeitung vom Tisch, über die Wiese, das Bord
hinunter Richtung Katzenbach. Mist, aber das hatte jetzt die geringste Priorität.
Er befreite sich aus Lottes Umklammerung, schickte sie hinein und kam mit dem Kinderwagen
nach. Er drückte Lotte einen Apfel in die Hand und trug die stinkende Luzia auf
den Wickeltisch.
    »Mama sagt,
die Äpfel muss man waschen vor dem Essen«, heulte Lotte trotzig.
    »Der ist
schon gewaschen«, gab Leon zurück und wickelte Luzia aus dem Windelpaket.
    Lotte schmiss
die Frucht auf den Boden.
    »Lotte,
bitte!« Leon wusch eilends Luzias Po und wickelte sie in eine frische Windel. Sie
weinte immer noch. Ohne sie anzuziehen, legte er sie ins Bettchen und wandte sich
der Größeren zu.
    »Lotti«,
sagte er freundlich, aber bestimmt, »heb den Apfel auf. Dann gehen wir zusammen
in die Küche und waschen ihn nochmals, ja?«
    Auf ihrem
Gesicht spiegelten sich Zorn, Trotz, Unglück. Dann gab sie nach und hob die Frucht
auf. Sie gingen zusammen in die Küche und wuschen den Apfel gründlich mit viel Wasser,
bis er glänzte. Dann eilte Leon zurück und zog Luzia ein Hemdchen und einen Strampelanzug
an.
    »Krieg ich
noch Tee?«, hörte er Lotte rufen.
    Kein Wunder,
dass Nadine erschöpft ist, dachte er. Vielleicht mache ich mir zu viele Gedanken
über ihren Zustand, vielleicht braucht es wirklich nicht mehr als zwei ganz normale
kleine Kinder, um einen an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Luzia brüllte. Benja
erhob sich, streckte sich und gähnte.
    Leon ging
in die Küche, goss Lotte ein Glas Tee ein und bereitete für das Baby ein Fläschchen
vor. Endlich saß er in der Küche, auf dem Arm Luzia, die gierig saugte, neben sich
sein Patenkind, das ruhig an seinem Apfel kaute und in einem Bilderbuch blätterte.
Erst jetzt kam er dazu, darüber nachzudenken, was Lotte vorhin beim Sandkasten gesagt
hatte. Wechselbalg hatte sie Sabrinas Puppe genannt und gesagt, die Eltern hätten
sie verlassen, weil sie sie nicht liebten. Nadine hatte ihm erzählt, dass sie mit
diesem Wort nach Hause gekommen war. Arme kleine Lotte, dachte er. Sie ist alt genug
zu spüren, dass die Leute ein Problem haben mit Luzia, aber sie versteht es nicht,
weil für sie Luzia ihr kleines, interessantes Schwesterchen ist. Sie ist verwirrt,
sie weiß nicht, wie sie auf diese Ablehnung reagieren soll, ob sie sich auch auf
sie bezieht, vielleicht auf die ganze Familie. Vielleicht ist sie deshalb so still
und schüchtern geworden. Es läuft etwas schief, dachte er, bei Lotte, bei Nadine,
vielleicht auch bei Stefan. Es müsste nicht sein, dass durch ein Kind wie Luzia
eine ganze Familie unglücklich wird. Aber ich kann mit Nadine nicht darüber reden,
sie blockt ab, sie tut alles, um eine Fassade aufrechtzuerhalten. Ob ihr wohl bewusst
ist, dass sie nicht überzeugend wirkt? Dass sie sich damit selbst isoliert? Und
ob ihr bewusst ist, dass man so etwas nicht jahrelang durchhalten kann? Er hoffte,
dass Stefan und Nadine sich in diesen zwei Tagen ausgesprochen hatten und einander
wieder näherkommen konnten. Stefan war ja ein guter Kerl, Leon mochte ihn. Aber
er war nicht der Typ, der sich gerne in andere einfühlte. Das machte ihn unsicher,
hilflos. Er war immer bereit, nachts aufzustehen und das Baby zu füttern, aber er
war bestimmt zu zögerlich, um sich mit Behutsamkeit und Hartnäckigkeit Einlass zu
verschaffen in Nadines innere Wirren und Ängste, um zu helfen, dort etwas Ordnung
und Erleichterung zu schaffen. Er war beunruhigt, sicher, aber er ließ sich gern
einlullen von Nadines ausweichenden Antworten und ihren Versicherungen, sie sei
bloß etwas müde.
    Wie kam
überhaupt Stefan selbst mit der Situation zurecht? Wie das Männer

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