Katzendaemmerung
zog ich die Waffe aus dem Gürtel. Mein Daumen löste die Sicherung. » Warum , fragst du? Nun … vielleicht, weil ich dich darum bitte.« Ich riss die Pistole nach oben und deutete mit dem Lauf auf ihre Brust. »Damit zum Beispiel.«
Sachmet zeigte sich nicht im Geringsten beeindruckt. »Was soll das sein? Etwa der jämmerliche Versuch, mir zu drohen?«
»Nimm es, wie du willst. Ich würde dir nur nicht raten, auch nur einen Schritt näher zu kommen.«
Sachmet hob die Hände wie bei einem Banküberfall. »Aber Thomas, liebster Thomas, du würdest doch niemals schießen. Du und ich, wir beide wissen, dass du dazu nicht fähig bist. Dafür liebst du mich einfach zu sehr, habe ich recht?« Sie machte einen kleinen Schritt nach vorne. Meine Hand begann, unkontrolliert zu zittern. Ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, doch Sachmets süßliches Gerede verklebte meine Sinne.
Ein weiterer kleiner Schritt. »Na siehst du. Es geht einfach nicht.« Ihre Stimme besaß nun wieder jenes angenehm weiche Timbre, das ich von Mia (oder Bastet) her kannte. »Es stimmt«, säuselte sie verführerisch. »Wir beide gehören zusammen. Nichts und niemand kann zwei Liebende wie uns trennen.«
Joyrosaliefriedlander , hallte es plötzlich in meinem Kopf wider. Joyrosaliefriedlanderjoyrosaliefriedlanderjoyrosaliefried … Der Bann war gebrochen. Noch bevor Sachmet einen weiteren Schritt machen konnte, hatte ich zweimal abgedrückt.
Die Wucht der Kugeln schleuderten ihren Körper brutal gegen die Wand; krachend schlug er gegen eine Metallstrebe, knickte leblos in sich zusammen und fiel dann rücklings aus einem der Fenster.
Mein ausgestreckter Arm verharrte regungslos in der Luft. Eingehüllt in eine Wolke aus Kordit, starrte ich auf die Stelle, an der soeben noch meine unerbittlichste Feindin gestanden hatte. Und meine größte Liebe , dachte ich in einem verrückten Anflug von Wehmut. »Niemand kann zwei Liebende wie uns trennen«, murmelte ich tonlos in die Stille. »Selbst der Tod nicht.«
Heh, es ist vorbei!, weckte mich eine innere Stimme. Und du lebst noch immer. Diese unerwartete Wendung der Ereignisse stellte mich vor ein bislang zweitrangiges Problem: Irgendwie musste es mir gelingen, dieser Gruft zu entkommen.
Ich schob mir die Pistole wieder hinten in den Hosenbund und sondierte die Lage. Ein Stück hinter mir erspähte ich die Reste einer verbogenen Sitzhalterung am Boden. Wenn es mir gelang, eine der runden Streben zu erreichen, hatte ich vielleicht eine Chance. Ich drehte mich zur Seite, ging kurz in die Knie und hechtete mich dann nach vorn. Nur ganz kurz streiften meine Fingerspitzen über das Metall, dann rutschte ich wieder zurück. Bauch und Brust schrammten über den Rand. Als meine Füße den Boden berührten, knickten die Beine wie Streichhölzer zusammen. Fast besinnungslos schlug ich auf der lehmigen Erde auf. Meine Brust brannte wie Feuer; etwas schien nun endgültig darin zerbrochen zu sein. Nach Atem ringend riss ich den Mund auf, doch augenblicklich verschluckte ich mich an dem Blut, das plötzlich in meiner Kehle war. Hustend und spuckend wand ich mich in Agonie. Erdige Dunkelheit hüllte mich ein. Ich lag auf dem Rücken und spürte, wie sich meine Lungen wieder röchelnd mit Sauerstoff füllten. Eine zentnerschwere Last schien mich ganz allmählich immer tiefer in den Lehm zu drücken. Ich genoss die Schwere. Warum sollte ich auch aufstehen? ›Aufstehen‹ bedeutete nur unnötige Schmerzen. Und ich sehnte mich nach Ruhe. Ich hatte eine mordende Göttin besiegt, verdiente ich da nicht ein wenig Ruhe?
Bist du dir da wirklich sicher?, hörte ich meine wohl niemals verstummende innere Stimme. Wer sagt dir denn, dass Sachmet nicht noch lebt. Vielleicht hast du sie nicht einmal getroffen – dein Arm zitterte, als hätte er unter Hochspannung gestanden. Das Einzige, was du erkennen konntest, war ein torkelnder Körper, der durch ein Fenster fiel. Nicht gerade viel, oder?
Mit einem fast schreienden Stöhnen richtete ich mich auf. So sehr ich mich auch bemühte, ich konnte die Argumente meines Widersachers nicht entkräften. »Hör auf, sei endlich still!«, keuchte ich. »Ich habe verstanden.« Ein blutiger Husten schüttelte mich. »Ich werde es tun, hörst du? Ich werde aus diesem verfluchten Loch klettern und diese Sache endlich – ENDLICH – zu Ende bringen. Bist du nun zufrieden?« Ein weiterer Husten zehrte an meinen wenigen noch verbliebenen Kräften. Ich umklammerte den Rand der Luke und
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