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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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Damals im Auto fühlte ich lediglich die Aura einer heiligen Reinigung, den Abschluss meiner Initiation. Unsere neu gefestigte Verbindung bewegte uns so stark, dass wir auch nach der Umarmung weiter Kontakt zum anderen suchten. Wie zwei frisch verliebte Teenager saßen wir nur da und hielten uns an den Händen. Nur ganz allmählich löste sich der Bann. Ich streckte mich, als wäre ich soeben aus einem tiefen Schlaf erwacht. Blind ertastete ich den Schalter für die Innenbeleuchtung und starrte dann auf meine Uhr. Es war kurz vor elf.
    »Schätze, wir sollten uns langsam auf den Heimweg machen«, murmelte ich vor mich hin. Da von Mia kein Widerspruch kam, startete ich den Motor und fuhr zurück auf die Interstate.
    Rote und gleißend gelbe Lichtschlieren blendeten meine nachtgeweiteten Augen. Als es auch jetzt immer noch ruhig im Wagen blieb, warf ich einen verstohlenen Blick zur Seite. Wie schon zuvor lehnte Mia wieder am offenen Fenster. Im Licht der entgegenkommenden Autos konnte ich ihre geschlossenen Augen erkennen. Ihr Gesicht drückte Ruhe und völlige Entspanntheit aus. Wie es schien, war meine Beifahrerin diesmal tatsächlich eingeschlafen.
    Die restliche Strecke nach Yucca Springs legte ich im Eiltempo zurück. Die hartnäckige Warnleuchte der Benzinuhr zwang mich allerdings, in Pinetrail eine Mobil-Tankstelle anzufahren. Angeschlossen an die Station war ein 7-Eleven-Markt mit einem kleinen Imbissstand. Beim Duft von gebratenem Fleisch und Zwiebeln schlug mein Magen regelrecht Saltos. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich den ganzen Tag über noch nichts gegessen hatte.
    »Drei Wochenenden wie dieses und selbst Oprah Winfrey würde endlich ihr Idealgewicht halten«, schmunzelte ich. Mit zwei Big Bites und zwei großen Diet-Cokes bepackt schlenderte ich zurück zum Wagen.
    Ich hatte Mia den dampfenden Hot-Dog kaum unter die Nase gehalten, als ihre Augen förmlich aufsprangen. Wie die Lade einer Registrierkasse.
    »Ooohh, Waaahnsinn!«, rief sie erfreut aus. »Kannst du Gedanken lesen? Das ist genau das, was ich jetzt brauche.« Ihr Kuss fiel ein wenig fettig aus, da sie bereits hastig ein großes Stück abgebissen hatte. »Du bischt ein Schatsch, weischt du dasch?«, ginste sie mich mit vollen Backen kauend an.
    »Ist doch keine große Sache«, wiegelte ich bescheiden ab. »Ich hab’ dich ja schließlich nicht zu ›Spago‹ eingeladen; ich glaube aber, es ist besser als das, was unsere private Küche momentan zu bieten hätte.«
    Wie immer beobachtete ich fasziniert, mit welcher atemberaubenden Geschwindigkeit sie ihre Mahlzeit verschlang. Hemmungslos vergrub sie sich regelrecht in ihr Brötchen; als Resultat war schon bald ein Teil ihres Gesichts mit Ketchup und Zwiebelstückchen verschmiert. Es störte sie aber nicht im Geringsten. Wenn es um die Befriedigung ihrer Lust ging, verloren Begriffe wie Sitte und Anstand schnell ihre Bedeutung. Jedes Mal wurde ich Zeuge einer ungeahnten Verwandlung. Essen und Sex waren die Dinge, die Mias animalische Seite am deutlichsten hervortreten ließen.
    Als sie sich nach dem Essen das Gesicht ausgiebig mit einer Serviette säuberte, hatte ich es mit hastigem Schlingen immerhin auch schon zur Hälfte geschafft. Ich schüttete schnell den Rest meiner Coke hinunter und drückte ihr dann den Rest des Hot-Dogs in die Hand.
    »Wenn du willst, kannst du dir noch’n Bissen genehmigen«, bemerkte ich generös. Noch während ich den Wagen vom Parkplatz fuhr, war mein ›Big Bite‹ für immer verschwunden. Entgegen landläufiger Meinungen hatte das Fast-Food eine belebende Wirkung auf uns. Vor allem auf Mia. Wir durchquerten gerade La Oja in Richtung Glenbrook, als sie plötzlich wie wild mit dem Arm fuchtelte.
    »Halt! Stopp!«, schrie sie mir ins Ohr. »Da rechts, siehst du? Fahr’ rechts rein!« Ihre Hand deutete auf ein blau leuchtendes Neon-Reklameschild. ›CAR’S DELIGHT‹ las ich. ›AUTOPFLEGE RUND UM DIE UHR‹.
    Ohne nachzudenken, folgte ich einer Reihe von roten Pfeilen bis hin zu einer Schranke. In einem kleinen Büro daneben konnte ich nur mit Mühe den Kassierer entdecken. Sein schwarzer Haarschopf ragte nur wenige Zentimeter über einem Wust aus Akten und Schnellheftern hervor. Es sah ganz nach einem Studenten aus, der die ruhigen Nachtstunden dazu nutzte, seine Diplomarbeit zu schreiben. Erst nach einem kurzen Hupton nahm er überhaupt Notiz von mir.
    »Oh, ‘tschuldigung Leute, hab’ euch gar nicht kommen hören.« Er grinste. »Was soll’s sein? Einmal

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