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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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Beziehung.
    »Was?«, fragte ich daher unsicher.
    »Deine Tortur der Ungewissheit«, erklärte sie. »Es wird nichts mehr passieren, vor dem du dich fürchten müsstest.«
    »Ach ja?«
    Obwohl ich ihr nur zu gerne geglaubt hätte, nahm meine Frage doch einen leicht spöttischen Ton an. »Und wer garantiert mir, dass ich nicht morgen oder übermorgen wieder neben einer zerfetzten Leiche aufwache?«
    Wie Stahlbänder schlossen sich ihre Hände um meine Arme. »Ich!« Nun gewann auch Mias Stimme an Kraft. »Hörst du? ICH bin deine Garantie. Ich, Mia-Bastet, Regentin der beiden Ufer, Herrin des Götterfeldes, Fürstin von Bubastis, Herrin des Alls und Spenderin der Ströme – ICH sage dir, dass es für dich keinen Grund mehr gibt, die Zukunft zu fürchten. Glaube an mich!«
    »Wenn das so einfach wäre«, stöhnte ich.
    Ihr Griff wurde noch eine Spur fester. »Meinetwegen zweifle an mir. Aber GLAUBE an mich! Das eine muss das andere nicht ausschließen. Glaubst du denn nicht auch an deinen Gott und zweifelst gleichzeitig an ihm?«
    Eine höchst befremdliche Behauptung. Ich und ›an Gott glauben‹? Bislang hatte ich mir in meinem Leben kaum Gedanken darüber gemacht. Nun gut, es mochte wohl ›etwas‹ geben, eine Art Macht oder Kraft, die unsere ganze DNS-Suppe gekocht hatte. Ich konnte mir diese Energie jedoch kaum als einen ›Himmlischen Vater‹ vorstellen, womöglich noch im Kreis von pausbäckig-strahlenden Engeln. Und dass dieser freundliche alte Herr die Geschicke der Welt lenken sollte, musste man doch aufgrund des überall herrschenden Chaos als völlig absurd betrachten.
    Da ich mit einer Antwort zögerte, redete Mia weiter auf mich ein.
    »Ist es denn wirklich so schwer? Du hast doch selbst erlebt, dass auch der Tod keine Macht über mich hat. Und dennoch glaubst du nicht? Du behauptest, mich zu lieben, und doch misstraust du meinen Worten?« Ihre Schattenarme beschrieben kryptische Muster. »Was verlangst du noch von mir? Was soll ich tun, damit du wieder an mich … an uns glaubst? Ich besitze viele Kräfte, doch auch ich kann nicht sehen, was morgen geschehen wird. In dieser Hinsicht geht es mir nicht besser als dir. Verstehst du mich, Thomas? Auch ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, was die Zukunft für uns bereithält. Aber wir beide, wir sind doch eine feste Größe! Und darauf baue ich. Willst du uns wirklich diese Chance verweigern?«
    Mia besaß unbestreitbar wundersame Mächte. Ihr flammender Appell hatte mich regelrecht verzaubert. Plötzlich war er wieder da, jener streitbare, selbstbewusste, sensible Geist, den ich an Tascha so geschätzt hatte. Ihr göttliches Erbe spielte dabei aber für mich kaum eine Rolle; was ich hörte, waren die Worte eines leidenschaftlichen Menschen, der mit allen Mitteln versuchte, seine Beziehung zu retten. Die Worte einer verzweifelt liebenden Frau. Und sie zeigten Wirkung. So deutlich wie nie zuvor erkannte ich, dass ich Tascha-Mia-Bastet rettungslos verfallen war, dass ich sie gegen jede Vernunft mit jeder Faser meines Herzens, mit jeder Zelle meines Hirns begehrte … LIEBTE.
    »Ich glaube«, stieß ich daher mühsam hervor.
    Mia zuckte überrascht zusammen. »Wie bitte? Was hast du gesagt?«
    »Ich glaube an uns.«
    Mein Bekenntnis löste endlich den auf mir lastenden Druck. Ich nahm ihre Hände und zog sie zu mir heran. »Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst. Wir sind ein Team, wir beide. Okay? Wir bleiben zusammen, bis … verdammt nochmal, wen kümmert’s? Bis zum Ende. Ja, klingt doch eigentlich ganz gut, findest du nicht? Wir bleiben zusammen bis zum verdammten Ende!«
    »Bis zum verdammten Ende«, wiederholte Mia.
    Es war keine einfache Umarmung, die unser Gelöbnis besiegelte. Trotz der Enge des Raumes umschlangen sich unsere Körper so fest, als wollte jeder ein Teil des anderen werden, als wollte er ihn durch jede Pore durchdringen. Ohne ein Wort oder auch nur einen einzigen Kuss versanken wir völlig ineinander.
    Wie oft hatten wir bereits ähnliche Rituale zelebriert, und doch war es jedes Mal neu. Intensiver. Der körperlich-erotische Aspekt trat dabei immer stärker in den Hintergrund. Es war mehr, als würden unsere Seelen miteinander verschmelzen. Beinahe konnte man schon den Eindruck gewinnen, es hätten jeweils erst grausige Dinge geschehen müssen, damit sich unsere Geister auf einer höheren Bewusstseinsebene begegnen konnten. Eine beängstigende Vorstellung. Selbst heute noch wage ich kaum, länger darüber nachzudenken.

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