Katzendaemmerung
›Delight Standard‹ oder ›Deluxe‹ mit Hartwachs und Unterbodenwäsche? Wir hätten natürlich auch noch –«
»Standard«, unterbrach ich ihn. »Wie viel?« Mir stand jetzt einfach nicht der Sinn nach einer Plauderei über die Vorteile diverser Pflegesysteme. Das Grinsen des Kassierers veränderte sich nur unmerklich; je eher wir unser Geschäft abschlossen, umso schneller würde er wieder zu seinen Seminar-Protokollen zurückkehren können.
»Zwölfneunundneunzig«, sagte er. Ich drückte ihm drei Fünfer in die Hand und machte eine ›Stimmt-so‹-Geste.
»Okay«, nickte er; dabei beugte er sich vor und warf erst Mia und dann mir einen verschwörerischen Blick zu. »Es dauert vier Minuten dreißig. Hab’s genau gestoppt. Vergesst bloß nicht, vorher alle Fenster hochzukurbeln. Könnte sonst ‘ne feuchte Überraschung werden.«
Die Schranke hob sich mit einem leisen Quietschen. Er winkte uns mit einem »Viel Spaß noch, Leute!« durch.
Vor der Einfahrt zur Waschstraße erwartete uns bereits ein älterer Mexikaner in einem grünen CAR’S DELIGHT-Overall. Mit seinem fransigen Schnurrbart und der Spritzpistole wirkte er wie die traurige Karikatur eines ehemals unter Zapata kämpfenden Caudillos. Gemächlich schlurfte er um das Auto herum und nebelte es dabei mit einem feinen Schaum ein.
»Nicht schlecht, deine Idee mit der Wagenwäsche«, lobte ich Mia. »So werden wir wenigstens den elenden Staub der Chocolates wieder los. Keine verräterischen Spuren mehr.«
Mit einem vielsagenden Augenaufschlag drehte sich meine Beifahrerin zu mir um und zuckte mit den Schultern. Ein gedehntes »Tjaaaahh …«, war alles, was sie sagte.
Der Mexikaner hatte mittlerweile die Vorwäsche beendet und lotste mich nun auf die schmale Schiene des Förderbandes. Ein klobiger Metallschlitten rastete mit einem lauten ›Klack‹ ein und arretierte damit den linken Vorderreifen des Geos. Ich löste den Gang und schaltete den Motor aus. Als sich der Wagen sanft ruckend vorwärts bewegte, lehnte ich mich entspannt im Sitz zurück. Dicke Schaumflocken verwandelten mein Blickfeld in ein strahlendes Meer aus Weiß.
»Mach es dir doch bequem und schieb’ den Sitz ganz zurück«, schlug Mia vor.
Das wiegende Rollen des Autos zwang mich fast dazu, die Augen zu schließen. Wohlig seufzend suchte meine Hand nach dem Entriegelungshebel. »Wie bemerkte ich schon soeben, deine Ideen sind wirklich nicht zu verachten.«
Kaum hatte ich meinen Beinen halbwegs Platz verschafft, beugte sich Mia über mich und ließ die Rückenlehne nach hinten kippen. »Meine Ideen sind sogar noch viel, viel besser, mein Schatz«, sagte sie augenzwinkernd. Noch bevor ich wusste, wie mir geschah, schob sie mir ihre Zunge in den Mund und öffnete gleichzeitig den Reißverschluss meiner Jeans.
»Heeehh … was hast du vor?«, protestierte ich schwach. In meiner halb liegenden Position war ich ihren Angriffen nahezu schutzlos ausgeliefert.
»Was ich vorhabe?« Mia fuhr sich spielerisch mit der Hand durch ihr kurzes Haar. »Nur das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.« Mit ungläubigem Staunen sah ich, wie sie geschickt ihren Rock nach oben streifte. Darunter trug sie nichts. Ich spürte, wie ich mit einem Mal zu schwitzen begann. »Nun warte aber mal …«, begann ich stockend. »Du kannst doch hier nicht … ich meine, wir …«
Ihr Zeigefinger auf meinem Mund brachte mich zum Schweigen. »Schhhhhhhtt«, säuselte sie mir wie einem Kleinkind zu. Schlangengleich schob sie sich dabei auf meinen Schoß. »Du hast es doch selbst gehört. Vier Minuten dreißig. Er hat es sogar selbst gestoppt. Also, was ist? Wenn du dich noch lange zierst, bleiben uns weniger als drei Minuten.«
Ich hatte schon von so manchen ungewöhnlichen Orten gehört, an denen Pärchen angeblich ein Quickie veranstaltet hatten – Aufzüge waren anscheinend besonders beliebt, aber auch Betten in Ausstellungsräumen, sogar die brodelnde Menge bei einem Rock-Konzert schien für manche kein Hindernis darzustellen – von Sex in einer Autowaschstraße hatte ich bislang aber noch nie etwas gehört. Es wurde eine in jeder Beziehung verrückte Erfahrung. Einerseits grenzte Mias Attacke nahe an eine Vergewaltigung, andererseits ergaben die Enge des Wagens, die feuchtheiße Luft, das Rucken des Bandes und das laute Schmirgeln der Walzen einen ungeahnt starken Kick. Wie in einem surrealistischen Traum flossen Gegenstände, Geräusche, Farben und Gefühle in meinem Kopf zusammen, vermischten
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