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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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Stein der gefleckten Katzengöttin«, mischte sich nun auch Onkel Norm in unser Gespräch ein. »Die etymologische Ableitung ist allerdings noch umstritten.«
    Mrs. Attiya warf ihrem Gatten einen belustigten Blick zu. »Sagst du.« Sie grinste lakonisch.
    Es war schon erstaunlich; obwohl sie nie eine richtige Schule besucht hatte, erweckte sie nicht selten den Eindruck, als sei sie die Professorin und nicht nur ich, sondern auch Onkel Norm nichts weiter als Erstsemestler.
    Auf dem Weg zum ›Hôtel d’Orient‹ musste sich unsere Kutsche durch ein schier überschäumendes Menschenmeer hindurchwinden; fluchende Kutscher, schreiende Händler mit lebendem Geflügel oder Kupferwaren, bettelnde Kinder und umhereilende Touristen und Einheimische machten sich gegenseitig jedes freie Fleckchen der Straße streitig.
    Die breiten Alleen wurden durch Akazien, Sykomoren, Kassien und Tamarisken begrenzt; zu ihren Füßen wucherten Kakteen und grünes Schilf. Der imposante Eindruck wurde allerdings abgemildert, wenn man einen flüchtigen Blick in eine der Nebenstraßen warf. Bauruinen, Schutt und Abfall – wohin das Auge nur sah. Wie in jeder großen Stadt der Welt lagen auch hier Glanz und Elend oft nur einen Häuserblock voneinander entfernt. Teilweise waren die Übergänge sogar fließend. Auf der einen Seite erblickte man ein vornehmes weiß getünchtes Herrenhaus und nur ein Stück weiter einen verkrüppelten Bettler, der sein ›Bakschisch, Bakschisch, ya hawage!‹ beinahe schon sinnentleert monoton vor sich hin betete.
    Den Nachmittag verbrachten wir damit, uns auf der schattigen Terrasse des Hotels zu entspannen. Ich lehnte mich in einem der bequemen Rohrstühle zurück und plauderte mit meinem Onkel über den Ablauf der nächsten Tage. Weiß gekleidete Ober verwöhnten uns mit eisgekühltem Karkadeh, Gansabîl und fettig-süßem Baklawa.
    Onkel Norm will morgen gleich zwei wichtige Besorgungen erledigen; mittels eines Schreibens der Ägyptischen Forschungsgesellschaft beabsichtigt er, beim augenblicklich amtierenden Khediven Mohammed Taufik vorzusprechen, um von diesem einen ›Firman‹ zu erhalten. Ein solches, vom Khediven unterzeichnete, Empfehlungsschreiben ist auch noch in heutiger Zeit, wo de facto der britische Gouverneur Sir Evelyn Baring das Land regiert, von nicht geringer Bedeutung. Vor allem, wenn es darum geht, einen Umda, Kaimakan oder Kaschef dazu zu bewegen, Männer für Grabungsarbeiten abzustellen, wirkt ein Firman – verbunden mit kleinen Geschenken – geradezu Wunder.
    Zum anderen will mein Onkel zu M. Maspero, dem Generaldirektor des Amtes für Denkmalpflege, um von diesem die offizielle Grabungsgenehmigung für Bubastis zu erhalten. Erst mit diesen beiden Papieren hat eine Expedition wie die unsrige überhaupt Aussichten auf Erfolg. Onkel Norm betrachtet dieses Verfahren mit seiner ihm typischen Gelassenheit. Er meinte dazu: »Ein erfolgreicher Archäologe benötigt in erster Linie die richtigen Legitimationen, erst dann kommen Dinge wie Schaufeln, Spitzhacken oder gar ein genauer Lageplan des Grabes Ramses II.« Derartig praktische Ratschläge habe ich bislang noch auf keiner Universität erhalten. Ein wenig entzaubern sie schon meine schwärmerischen Vorstellungen von kühnen Forschern und Entdeckern. Allerdings bleibe ich so aber mit beiden Füßen auf dem Boden der Tatsachen. Eine realistische Einschätzung der Lage bewahrt einen Mann vor allzu großen Enttäuschungen.
    Ich werde sicherlich nichts Vergleichbares wie Troja oder das Goldene Vlies entdecken, das muss mir einfach klar sein. Bubastis ist halt nicht Theben. Wir werden in einem abgelegenen Winkel einer riesigen antiken Müllhalde buddeln, nicht mehr aber auch nicht weniger. Sollte uns das Schicksal dennoch gewogen sein, dann umso besser. Ich brenne jedenfalls schon jetzt darauf, den heiligen Boden mit meinen bloßen Händen zu durchwühlen.
    Offenbar, um meinen Tatendrang noch weiter anzuheizen, hat mir Onkel Norm vorgeschlagen, dass ich den morgigen Tag für einen Besuch der Pyramiden nutzen solle. Ganz allein! Ihm und seiner Frau ist der Anblick dieses Weltwunders bereits vertraut, und so will auch Mrs. Attiya morgen lieber kleinere Einkäufe tätigen und mit ihrem Töchterchen spazieren gehen. Sie verspürt wenig Lust dazu, sich unter staunende Touristenhorden zu mischen. Ich für meine Person, so sagte sie aber, solle mir dieses Spektakel auf keinen Fall entgehen lassen.
    Nun denn, ich habe ihrem Vorschlag zugestimmt. Ein

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