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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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bereitete es keine Probleme, stromaufwärts zu segeln; annähernd neun Monate im Jahr herrscht hier ein steter Nordwind.)
    Bei einem kleinen Dorf an der linken Seite des Flusses gingen wir für die Nacht vor Anker. Nach dem Abendessen, das aus Sauermilch, warmen Durrafladen und ein wenig Büffelfleisch bestand, führten die Männer der Besatzung einen recht ungewöhnlichen Tanz auf. Sie hockten sich im Halbkreis zusammen und begleiteten die Klänge der Darabuka, einer tönernen Trommel, mit rhythmischem Klatschen. Einer der Männer sprang plötzlich auf, band sich ein großes Tuch um und vollführte manch seltsame Verrenkung. Ich weiß nicht, ob er dabei bestimmten kultischen Gesetzen gehorchte oder einfach frei improvisierte. Zuweilen hatte ich den Eindruck, er imitierte eine Schlange oder fließendes Wasser, dann wieder schien er groß und schwer wie ein Kamel oder Büffel zu werden. Obwohl die Rhythmen verschieden klangen, so erinnerte mich doch einiges an die Tänze der nordamerikanischen Indianer.
    Es ist schon erstaunlich; man kann reisen so weit, wie man will und doch entdeckt man stets Verwandtes, Verbindendes zwischen den einzelnen Völkergruppen.
    In dieser Nacht wollte ich kaum Schlaf finden. Selbst als sich alle übrigen schon in ihre Kojen zurückgezogen hatten, blieb ich noch an Deck und bewunderte stumm den glitzernden Sternenhimmel. Wie ein riesiges Diamantencollier schien er sich um dieses wundervolle Land zu legen.
    Erst als die Kälte unangenehm in meine Glieder kroch, ging auch ich unter Deck. Die nie verstummenden Gesänge der Zikaden begleiteten mich in meinen Träumen.
     
    20. Januar: Nach etwa fünf Stunden erreichten wir schließlich Bulak, den Hafen von ›el-Qahira‹, der ›Siegreichen‹, wie Kairo auch genannt wird. Zur rechten Seite des Nils erstreckten sich die Gärten von Schubra, zur linken, in südöstlicher Richtung mit Blick auf die Mokkatamberge, erhoben sich zahllose schlanke Minarette aus dem Gewirr der Häuser. Eindeutig beherrscht wurde das Bild aber von der auf einer gewaltigen Zitadelle errichteten Moschee Mohammed Alis. Mit seinen über achtzig Meter hohen türkischen Minaretten ist dieser Bau eine überdeutliche Kopie der Hagia Sophia in Konstantinopel. - Ich wusste nicht, wohin ich zuerst blicken sollte, so vielfältig und neuartig waren die Eindrücke. Meine Augen wurden größer und größer, und doch konnten sie bedauerlicherweise immer nur winzige Stückchen dieses prachtvollen Mosaiks aufnehmen.
    Wie schon zuvor bei der Ankunft in Alexandria, hatte sich unsere Gruppe auch diesmal oben an Deck versammelt – allerdings waren Damiyat und ich die Einzigen, die diese Stadt zum ersten Male erblickten. Zudem zeigt das kleine Mädchen offenkundig mehr Interesse an den großen Ohrringen seiner Mutter als an den historischen Bauwerken seiner Vorfahren. Vielleicht, so dachte ich, empfand sie die mehr als zwölf Jahrhunderte, die zwischen der ›Amr Ibn el-As-Moschee‹ ganz im Süden und der erst vor wenigen Jahrzehnten fertiggestellten Moschee auf der Zitadelle lagen, als zu gering. Vielleicht rechnete Damiyat – wie schon die alten Ägypter – nur in Jahrtausenden; den Blick immer in die Unendlichkeit gerichtet.
    Beim Anblick der glänzenden Kuppeln huschte ein seltsames Lächeln über Mrs. Attiyas Züge.
    »Ein imposanter Bau, nicht wahr?«, meinte sie zu mir gewandt. Ihr rechter Arm deutete dabei auf die hohen Türme der Mohammed Ali Moschee. »Obwohl er türkischen Ursprungs ist, so huldigt er doch der großen, göttlichen Katze.«
    So sehr ich mich auch bemühte, der Sinn ihrer Worte blieb mir verborgen. »Der ›göttlichen Katze‹?«, fragte ich.
    Ihr Lächeln wurde eine Spur breiter. »Ja, selbstverständlich. Der Bau huldigt der großen Göttin Bastet, der Herrin von Bubastis.«
    Obwohl mir bewusst war, dass das Ziel unserer Reise die Tempelanlagen von Bubastis waren, so konnte ich doch keine Verbindung zwischen der dort einst verehrten Tiergöttin und jenem osmanischen Sakralbau hier in Kairo entdecken. Deutlich verwirrt starrte ich sie an. »Ich verstehe nicht ganz, wo hier die Zusammenhänge liegen sollten.«
    Mrs. Attiyas Miene nahm einen etwas spöttischen Ausdruck an. »Nein, wirklich nicht?«, fragte sie in gespieltem Erstaunen. »Sollten Sie etwa ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben? Mohammed Ali ließ die Moschee vollkommen mit Alabaster verkleiden, verstehen Sie? Und Alabaster ist nun mal der Stein der heiligen Katze.«
    » ›Inr b’st.t‹, der

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