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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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ihrer Ideologielastigkeit und der geringen Disziplin das genaue Gegenteil der Armee sind. Trotzdem ist es ansatzweise zu einem Pakt mit den Karlisten gekommen. Schwieriger ist die Beziehung zur Falange. Bei keinem der anwesenden Militärs genießt die Partei die geringste Wertschätzung – und erst recht nicht ihr Chef, aus dessen Mund wiederholt Beschimpfungen von hervorragenden Militärs gekommen sind, weil sie seinerzeit Primo de Riveras Diktatur nicht unterstützt haben. José Antonio erachtet die Armee als durch Tat oder Unterlassung schuldig am Untergang seines Vaters und tut seine Erbitterung frei von der Leber weg und in Worten und Taten kund: Aus diesem Grund musste einer der anwesenden Generale vor einigen Jahren in der Öffentlichkeit und in Gegenwart von Zeugen einen Faustschlag einstecken. Der Angreifer wurde aus der Armee ausgestoßen, aber der Angegriffene hält den Groll über die Beleidigung noch sehr am Schwelen. Die anderen beiden Generale haben zwar keinen Grund für eine persönliche Abneigung, halten José Antonio Primo de Rivera aber für einen Hansdampf, dessen Unfähigkeit eine Gruppe poesiegesättigter Pinkel zu einer Bande unkontrollierter Revolverhelden gemacht hat. Da sie weder Geld noch einen nachhaltigen gesellschaftlichen Rückhalt haben, wird man sie mit Waffen versorgen müssen, was eine Verschwendung und ein sicheres Risiko ist, denn nichts weist darauf hin, dass die Trupps bereit sind, die Waffen nach erfüllter Mission wieder abzugeben. Aus diesem und anderen Gründen befinden sich die drei Generale jetzt im Arbeitszimmer von Don Álvaro del Valle, Herzog von Igualada, dessen Mitarbeit sie mit pompösen Sätzen, zuvorkommenden Schmeicheleien und verdeckten Nötigungen zu gewinnen suchen.
    Der Herzog ist hin- und hergerissen zwischen Skrupel und Kalkül. Nachdem er so lange über die Geschichte nachgedacht hat, fehlte es jetzt noch, dass er sich mit beiden Seiten entzweite. «Ich bin ein einfacher Mann, Emilio», sagt er in weinerlichem Ton zu seinem Freund, um Zeit zu gewinnen, «ein Mann vom Land. In der Politik bewegen mich der Respekt vor der Tradition, die Liebe zu Spanien und die Sorge um die Meinen.»
    «Und das ehrt dich, Álvaro, doch der Moment verlangt mehr. Er verlangt es von uns allen und von dir im Besonderen: Du hast einen Namen und eine Position. Deine Adelstitel figurieren seit Menschengedenken im Gotha.»
    Empfänglich für den Glanz adeliger Abstammung wie kein Zweiter, aber empört, mit ansehen zu müssen, wie ein Brigadegeneral einem Zivilisten um den Bart geht, zieht der breitbeinig dasitzende General die Brauen in die Höhe und schnalzt erneut mit der Zunge. Er versteht nicht, dass sich sein Kamerad nicht umsonst erniedrigt – auch auf diesem Gebiet haben sich die Zeiten geändert, und bei der latenten Bedrohung durch die faschistischen Länder verfolgen England und Frankreich besorgt die Ereignisse in Spanien und könnten sich direkt oder indirekt einmischen. Eine Verurteilung des Völkerbundes würde schwer auf der Zukunft des aus dem Putsch entstandenen Staates lasten. Es ist von vitaler Bedeutung, den konservativen Charakter der Putschisten zu betonen, sich von den Expansionsgelüsten Deutschlands und Italiens abzusetzen, deutlich zu machen, dass sie nur vom Wunsch beseelt sind, die Ordnung wiederherzustellen. Die Unterstützung der angesehensten Familien und des Klerus zu erhalten ist also keine höfische Zeremonie, sondern ein strategisches Manöver vor der Schlacht.
    Doch der Schachzug des Meisters zeitigt keine Wirkung. Der Herzog schaut wieder aus dem Fenster; der Wind bewegt die Zweige, und am Horizont sind schwarze Wolken zu sehen – das wechselhafte Märzwetter. Vielleicht hat sein ungeschliffener Kamerad recht, denkt der General, und in der Stunde der Wahrheit hilft Diplomatie nichts; dann würde man zu den hier angezeigten extremen Maßnahmen greifen und den Folgen ins Gesicht sehen müssen. Und während er die Antwort abwartet, stellt er im Geist die Liste der Erschießungen zusammen. Der Herzog bittet Gott um ein Wunder, das ihm aus der Klemme helfen möge, wenigstens für eine Weile, und sein Gebet zeitigt unmittelbar Wirkung. Unversehens geht die Doppeltür des Arbeitszimmers auf, und wie ein Wirbelwind platzt die Herzogin mitten in die Besprechung herein und bemerkt ihren Irrtum erst, als es schon zu spät ist. Trotz ihrer Bestürzung reagiert sie als Erste – unter gemurmelten Entschuldigungen, die vom Hackenzusammenschlagen der

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