Katzenkrieg
Soldat von Beruf, wurde er von der Regierung der Republik ohne triftigen Grund aus der Armee entlassen, worauf er sich seinen Lebensunterhalt als Mitarbeiter verschiedener Zeitungen verdiente und ein Schach-Handbuch verfasste, das ihm das Lob von Experten und Amateuren eintrug. Dann wurde er rehabilitiert und arbeitete in mehreren wichtigen Stellungen in Spanien und im Protektorat. Obwohl ohne Putschistenvergangenheit, genießt er das Vertrauen des Regierungschefs nicht, der ihn nach Pamplona abkommandiert hat, um ihn von Madrid fernzuhalten. Der Herzog von Igualada und er sind alte Freunde, und als solche haben sie ihre politischen Zwiste heftig, aber in gegenseitigem Respekt ausdiskutiert. Er war es, der den Herzog einige Tage zuvor aus Pamplona angerufen und sich erkundigt hat, ob die Gerüchte stimmten, die ihm zu Ohren gekommen seien. Überrascht erzählte ihm der Herzog nur die offizielle Version. «Ich versuche, einige Güter abzusetzen, um liquid zu sein, wenn ich meine Familie in Sicherheit bringen muss.»
«Man hat mir aber nicht das erzählt, Álvaro.»
Nach diesem kurzen Gespräch dachte der Herzog, wenn ein Konflikt ausbräche, wäre er mit den einen wie mit den anderen entzweit, und beschloss, den Verkauf des Bildes zu vertagen, zu Anthony Whitelands’ großer Verwirrung. Jetzt nutzt der General eine Reise nach Madrid, um zusammen mit zwei weiteren renommierten Generalen den verunsicherten Herzog zu besuchen, auszuhorchen und zur Ordnung zu rufen. Der Herzog hat Widerstand geleistet, ohne sich zum Kampf zu stellen. Angesichts seines hartnäckigen Schweigens wiederholt ein anderer General das Ersuchen im Kasernenton: «Was zu tun ist, wird getan, Punktum.»
Vom Anfang der Besprechung an hat sich dieser General in frostigem Abstand gehalten. Er macht keinen Hehl aus seiner Nervosität wegen so viel Rücksichtnahme, und seine gereizte Stimmung verrät eine vage Drohung. Wenn es ihm jedoch gerade in den Kram passt, handelt kein anderer so bedächtig wie er. Wie die anderen nimmt er in Madrid an einer Versammlung von Generalen teil; dazu hat er eine lange Reise gemacht, denn vor kurzem hat ihn die Azaña-Regierung auf die Kanaren versetzt. Im Verlauf der Tagung hat er fast nichts gesagt, und wenn er sich zu Wort gemeldet hat, dann, um die Gemüter abzukühlen, zur Vorsicht zu mahnen, Zweifel an der Zweckmäßigkeit anzumelden, den Worten jetzt schon Taten folgen zu lassen. Er ist der jüngste von allen und der unkriegerischste. Klein, mit Bauch und beginnender Glatze, welkem Gesicht und Diskantstimme. Er raucht nicht, trinkt nicht, spielt nicht und ist kein Schürzenjäger. Dass er sich inner- und außerhalb der Armee dennoch eines enormen Prestiges erfreut, sagt viel über seine Professionalität. Azaña hatte immer auf ihn gebaut, wegen seines außerordentlichen Organisationstalents und weil er überzeugt war, dass ihn, obwohl stockkonservativ, sein pingeliges Pflichtgefühl daran hindern würde, sich gegen die Republik zu wenden. Und so ist es bis auf den heutigen Tag gewesen: Mehrmals hat man ihn eingeladen, sich einem Putschprojekt anzuschließen, und ebenso oft hat er sich geweigert oder zumindest nicht explizit seine Zustimmung erklärt. Seine Vorsicht, stark kontrastierend zu seinem Mut und seiner Entschlussfreudigkeit im Gefecht, bringt seine Waffengefährten ebenso sehr auf, wie sie ihn brauchen. Die einen wie die anderen sind sich einig, dass mit ihm zu rechnen ist; das Problem ist, dass niemand weiß, ob man wirklich mit ihm rechnen kann und bis zu welchem Grad. Wie auch immer, alle haben bis zur letzten Minute versucht und versuchen weiter, ihn für ihre Sache einzuspannen. Sogar die Falangisten, die seinen prosaischen Stil und seinen offensichtlichen Ideenmangel eigentlich verabscheuen, haben ihm durch Vertrauensleute Vorschläge zukommen lassen – mit enttäuschendem Ergebnis: Den Falangisten hat er nicht geantwortet, und mit den Mittelsmännern hat er sich zerstritten, weil sie sich in Dinge eingemischt haben, die sie nichts angehen. Er hört sich keine Vorschläge an, noch macht er selbst welche. Er erteilt Befehle, führt die Befehle aus, die ihm gegeben werden, und sagt, dass ihn alles andere nichts angeht. Für den Fall, dass er doch seine Meinung ändert, hat man ihn an den entferntesten, ruhigsten Ort der aus den Fugen geratenen spanischen Geographie geschickt. Er ist einverstanden, sogar zufrieden, aber möglicherweise hat er bei sich schon diejenigen verurteilt, die ihn aus dem
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