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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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schlecht.»
    Das Eintreten eines mürrischen Geistlichen machte den harmlosen Scherz zu einer Unehrerbietigkeit. Noch bevor er ihm vorgestellt wurde, hatte Pater Rodrigo den Engländer bereits mit einem inquisitorischen Blick gemustert, der seinen instinktiven Widerwillen gegen alles Fremde deutlich machte. Er war ein Mann mittleren Alters, stämmig, borstig und finster, und die Fettflecken auf seiner Soutane zeugten von seiner Verachtung weltlichen Tands.
    Die Spannung lockerte sich, als das Dienstmädchen mit einer Suppenschüssel hereinkam und dicht hinter ihr ein frisch gewaschener junger Mann in sauberer Kleidung und mit pomadisiertem Haar. Er küsste seine Mutter auf die Stirn und reichte dem Besucher die Hand.
    «Das ist mein Sohn Guillermo», sagte der Herzog mit einem Anflug von Stolz.
    Guillermo war ein stattlicher junger Mann. Auch er glich der Mutter, aber in seinem Auftreten lag wie bei vielen hübschen, reichen und intelligenten jungen Leuten eine Spur unbewusste Anmaßung. Er wirkte sehr erregt und stürzte sich sogleich in die Schilderung dessen, was ihnen widerfahren war. Am nämlichen Vormittag, als die Sonne schon hoch stand, waren die Jäger und der sie begleitende Treiber müde und kältestarr zu einem kleinen Dorf gelangt und suchten etwas zu essen, eine Tasse Brühe oder sonst etwas Warmes, das sie wieder auf die Beine bringen sollte. Auf dem Dorfplatz, wo sie das Restaurant vermuteten, trafen sie auf die Blaskapelle, die in diesem Moment die Internationale zu spielen begann, und auf das ganze Dorf, das sie anfeuerte und gegen das Stadthaus und die Kirche Drohrufe ausstieß, obwohl diese dicht verschlossen war und auf dem Balkon des Stadthauses die dreifarbige Flagge der Zweiten Republik wehte. Erst nach einer Weile merkten die Jäger, dass sie in Gefahr waren, und dieser Moment des Zauderns genügte, dass ein Anwohner sie bemerkte und die Aufmerksamkeit der anderen auf die Gruppe junger Herren aus gutem Haus lenkte. Einer der Jäger wollte zur geschulterten Flinte greifen, doch der Treiber, ein älterer, erfahrener Mann, verwehrte es ihm. Ruhig und nicht herausfordernd traten die Jäger Schritt um Schritt den Rückzug an. Nach zwei Kilometern wandten sie sich um und sahen eine Rauchsäule aufsteigen, aus der sie schlossen, dass der Mob wie in so vielen Orten Spaniens die Kirche in Brand gesteckt hatte.
    «So was passiert euch nur», sagte die Herzogin am Ende des Berichts, «weil ihr in dieser Jahreszeit auf die Jagd geht. Bei dieser Kälte am Morgen ist es mir rätselhaft, dass ihr keine Lungenentzündung oder noch etwas Schlimmeres aufgelesen habt. Verflixte Jagd. In eurem Alter gehört ihr in die Vorlesung, um zu lernen.»
    «Aber Mama», antwortete der junge Mann, «wie sollen wir in die Vorlesung gehen, wenn die Uni geschlossen ist?»
    «Geschlossen?», rief die Herzogin. «Die Universität mitten im März geschlossen? Was wird denn gefeiert?»
    Lilí lachte leise, und Pater Rodrigo murmelte Verwünschungen. Der Herzog lenkte das Gespräch in eine andere Richtung, um seine Frau nicht zu beunruhigen.
    «Und wie ist die Jagd denn sonst gelaufen?», fragte er.
    Nicht sehr gut. Zuerst hatten sie einen cleveren Rehbock verfolgt, der mit seinen Sprüngen über die Felsen die Hunde hatte abschütteln können; danach schossen sie auf einen Königsadler, doch der drehte seine Kreise zu hoch. Schließlich kehrten die Jäger mit einer mageren Beute in den Taschen zurück: ein paar Hasen und zwei Gänse. Die Frustration war umso größer, als sie ursprünglich beabsichtigt hatten, eine Großtrappe abzuschießen.
    «In dieser Jahreszeit werdet ihr keine sehen, schon gar nicht in der Sierra.»
    Die Diskussion ging noch eine Weile weiter. Anthony aß und beobachtete. Mitten auf dem Tisch stand ein großer silberner Aufsatz, mächtig und fein geschmiedet; auch Geschirr und Besteck waren erlesen. Das Essen dagegen war einfach und nahrhaft. Außer der Herzogin, die appetitlos schien, griffen alle tüchtig zu, auch die beiden Töchter, ganz ohne die Ziererei vorgeblich raffinierter Leute. Die Bedienung war effizient und respektvoll, aber von fast rustikaler Uneleganz. Anthony Whitelands konnte nicht umhin, diesen Prototyp einer spanischen Familie mit den ihm bekannten englischen Familien zu vergleichen, und pries aufs neue den Unterschied. Hier spielten die Unkompliziertheit des Familienlebens und der Luxus, die gelassene Ländlichkeit und die reife Raffinesse des Hofes, die Einfachheit und die kultivierte

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