Katzenmond
Ambers Bruder Luke hat den Funken, also ist er gemeinsam mit seiner Schwester zum Paladin geworden. Aber das fünfte Siegel wartet noch auf die richtige Person – auf den passenden Ritter. Ach, übrigens, Amber hat ihr Kind geboren, ein gesundes, fröhliches kleines Mädchen. Ob die Macht des Geistsiegels das Kind im Mutterleib in irgendeiner Weise verändert haben könnte, wissen wir noch nicht. Was uns da erwartet, werden wir erst feststellen, wenn sie alt genug für ihre erste Vollmond-Verwandlung als Werwölfin ist.«
Die Keraastar-Paladine waren ein Ritterorden, den Königin Asteria gegründet hatte. Mehrere der Ritter hatten eines der Geistsiegel besessen. Sie hatte sie in Elqaneve versammelt und ließ sie von ihren Magi unterrichten. Uns war nicht ganz klar, zu welchem Zweck, und die Königin beantwortete uns diese Frage nicht. Meine Schwestern und ich hielten das grundsätzlich für keine gute Idee, aber bisher hatten wir ihren Plan nicht in Frage gestellt.
»Haltet Ihr das wirklich für klug?« Natürlich war es ein ernster Verstoß gegen das Protokoll, Zweifel zu äußern, aber ich konnte nicht anders. »Königin Asteria, wir machen uns Sorgen. Die Geistsiegel korrumpieren – sie sind nicht böse, aber sie ergreifen Besitz von jenen Sterblichen, die sie zu benutzen versuchen, und verdrehen und verändern sie.«
Camille warf mir einen entsetzten Blick zu, sprang mir aber bei, ehe die Königin etwas erwidern konnte. »Bitte nehmt uns das nicht übel, aber Delilah hat recht. Wir machen uns Sorgen. Ihr habt uns selbst gesagt, dass die Geistsiegel nicht bloß hübsche Schmuckstücke sind, sondern gut verborgen werden sollten. Wir haben gesehen, was sie anrichten können …«
»Halt.« Königin Asteria hob die Hand. »Keine Zweifel. Vertraut mir, meine Lieben. Habt Vertrauen zu mir und meiner Entscheidung. Und … das mag euch nicht beruhigen, aber ihr könnt unbesorgt sein. Die wahren Hintergründe meines Plans sind
jedem
verborgen, ganz gleich, was ihr zu wissen glaubt. Niemand kann mich verraten, denn niemand außer den Ewigen Alten kennt die ganze Wahrheit.«
Das bedeutete auch, dass König Uppala-Dahns und Königin Tanaquar nicht so viel wussten, wie sie glaubten.
Camille sah mich an und schüttelte leicht den Kopf. Wir hatten unsere Bedenken zum Ausdruck gebracht. Mehr konnten wir nicht tun.
»Wir müssen bald wieder aufbrechen. Wir wollten Euch nur warnen. Behaltet die Goblins im Auge, und die anderen Kryptos. Wer weiß, was die Treggarts inzwischen getrieben haben?« Ich stand auf und sah mich nach Chase um.
»Euer Detective wird gleich zurück sein. Seid unbesorgt. Wir werden die Wachtürme stets besetzt halten. Auch Gerüchte werden mir verlässlich zugetragen. Geht nach Hause und tut euer Möglichstes, diese neue Bedrohung auszuschalten. Ich schicke mehr Wachen zum Schutz eures Hauses.«
Als Chase mit verwunderter, aber gelöster Miene wieder erschien, standen wir auf. Wir verabschiedeten uns höflich, und dann geleitete Trenyth uns aus dem Palast und zurück zu den Portalen. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass es ein Riesenfehler war, die Geistsiegel den Paladinen zu geben, statt sie sicher wegzuschließen. Und ich wusste, dass Camille der gleichen Meinung war.
Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung von Trenyth und traten durch das Portal. Ich konnte nur inständig hoffen, dass die Königin keinen Fehler machte, der für unsere beiden Welten das Aus bedeuten könnte.
[home]
Kapitel 21
C hase sprach noch nicht von seiner Begegnung. Ich war neugierig, aber Camille und ich waren uns einig darin, dass wir ihn nicht bedrängen würden. Er musste mit so vielem klarkommen. Erst der Nektar des Lebens, und nun das. Er war seinem leiblichen Vater nie begegnet, doch nun hatte er den Stammvater der Blutlinie kennengelernt, aus der seine Mutter hervorgegangen war. Daran hatte er sicher ganz schön zu kauen.
Als wir endlich mit Chase im Schlepptau zu Hause ankamen, ging schon fast die Sonne unter. Uns blieb gerade noch Zeit, etwas zu essen und uns ein Stündchen auszuruhen, ehe wir losfuhren.
Hanna kochte gerade das Abendessen, und Marion half ihr. Zu unserer Erleichterung konnte Marion berichten, dass es allen ihren Kindern gut ging. Und dass sie und Douglas lange miteinander gesprochen und beschlossen hatten, ihr Haus wieder neu aufzubauen, wenn die Trümmer erst beseitigt waren. Als sie mich ansah, stand ganz deutlich in ihrem Blick, dass die beiden an Scheidung gar nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher