Katzenmond
reihte sich auf der Abbiegespur ein. Als Nächstes wollten wir zu Marions Café.
»Warum haben sie nicht bis zum Ball gewartet? Warum haben sie die Bombe gezündet, als nur eine Handvoll Leute im Gebäude waren? Wenn sie noch ein paar Wochen gewartet hätten, hätte es viel mehr Opfer gegeben. Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Vielleicht schon. Wenn sie möglichst viele treffen wollten, hättest du recht. Aber vielleicht wollten sie damit eher Angst schüren?« Chase hielt auf dem Parkplatz neben dem Superurban Café. »Bleiben wir vorerst bei der Prämisse, dass es ihnen nicht darauf ankam, so viele ÜW s wie möglich zu töten. Was könnte dann ihr Ziel sein?«
»Unruhe stiften?«, schlug Camille vor.
»Kann sein.« Ich dachte noch einen Moment lang darüber nach. »Und wenn sie vorhatten, den Verdacht auf jemand anderen zu lenken? Einen kleinen Bürgerkrieg zwischen Vollblutmenschen und Übernatürlichen anzuzetteln?«
»Aber es gab doch klare Beweise dafür, was die Explosion verursacht hat. Wenn sie die Vollblutmenschen und uns gegeneinander aufhetzen wollten, hätten sie sich dann nicht die Mühe gemacht, das Canya zu verbergen?« Camille schüttelte den Kopf. »Da muss noch mehr dahinterstecken.«
»Vielleicht haben sie nicht damit gerechnet, dass wir den Geruch erkennen. Schließlich sind wir keine Hexer. Shamas war derjenige, der ihn erkannt hat. Und dass wir diesen Talisman gefunden haben, war pures Glück. Eigentlich hätte das Metall im Feuer schmelzen müssen.«
»Da hast du recht. Dann versuchen sie womöglich doch, die Konflikte zwischen den Menschen und den Übernatürlichen zu verschärfen. Aber warum?« Camille biss sich auf die Unterlippe. »Wir brauchen Antworten, und zwar schnell. So etwas darf nicht noch einmal passieren.«
Chase räusperte sich. »Ja, ganz deiner Meinung.« Er schwieg kurz und seufzte dann tief. »Ich muss euch etwas sagen. Die Ergebnisse von meiner Untersuchung bei der Dreifaltigen Drangsal sind da. Aeval hat mich heute früh um fünf zu sich gebeten.«
»Und?« Wir waren ganz Ohr. Seit Chase den Nektar des Lebens getrunken hatte, veränderte er sich. Kräfte, die bisher in ihm geschlummert hatten, traten jetzt zutage, und wir hatten ein paar interessante Eindrücke davon erhascht, was noch aus ihm werden könnte. Aber niemand wusste so recht, was der Trank mit ihm angestellt hatte. Camille hatte sich deshalb an Titania und Aeval gewandt, und sie hatten sich etwas widerstrebend bereit erklärt, ihn zu testen, um festzustellen, was da unter der Oberfläche vor sich ging.
Er schaltete den Motor ab, und seine Hand schien einen Moment lang zu zittern. »Sie haben gesagt, so etwas hätten sie noch nie gesehen. Wenn Menschen den Nektar des Lebens trinken, bleiben die meisten eher so, wie sie sind, und werden quasi nur … ein bisschen gedehnt im Lauf der Jahre. Sie haben in meine Vergangenheit geschaut – ich weiß nicht, wie, also spart euch die Frage. Aeval hat erklärt, ich hätte keine Spur von Feenblut, aber anscheinend war irgendein Urururururgroßvater oder so ein Elf. Das macht nicht viel aus – nur ein Tröpfchen in einem ganzen Eimer. Aber genug, um diese Kräfte in mir zu wecken.«
Camille schnippte mit den Fingern. »Hab ich es doch gewusst. Du hattest schon immer so ein schwaches Leuchten, das über die normale menschliche Energiesignatur hinausging. Aber ich wusste, dass das keine Feenenergie war. Also bedeutet das …«
Er verzog das Gesicht. »Aeval zufolge bedeutet das angeblich, dass ich mit meiner Freundin verwandt bin. Und mit Königin Asteria. Sie konnten die Spur zurückverfolgen. Meine Abstammung.«
Camille schnappte fassungslos nach Luft, und ich unterdrückte ein Lachen. Das kam mir so lächerlich vor … unser Detective, der so durch und durch menschlich war, ein Verwandter der Elfenkönigin?
»Daher kommen diese aufflackernden Kräfte. Aus deinem tief verborgenen Elfen-Erbe.« Camille nickte, als hätte sie gerade etwas Wichtiges entdeckt. »Ja, natürlich … aber sie dürften ziemlich verkorkst sein, da du ja größtenteils menschlich bist. Du bist in einer ganz ähnlichen Lage wie meine Schwestern und ich – Kräfte, die Amok laufen, dank deines gemischten Blutes.«
»So ähnlich hat Aeval es mir auch erklärt. Wie gesagt, mein Elfenblut ist extrem verdünnt – so sehr, dass ich nicht im Traum auf die Idee käme, mich als Elfen zu bezeichnen. Aber anscheinend ist doch so viel davon da, dass der Nektar des Lebens alles Mögliche
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