Katzenmond
Jocko, der die Bar ursprünglich geführt hatte. Verdammt, ich vermisste die
Zeiten,
ehe Jocko ermordet worden war … ehe die Dämonen ihren kleinen Feldzug begonnen hatten.
Ich schob mich an einem Wanddisplay mit speziellen Fesselgeschirren für Werwölfe vorbei, die sich bei Vollmond selbst nicht trauten und so für Sicherheit sorgen wollten. Werwölfe nahmen zwar die Gestalt gewöhnlicher Wölfe an, waren aber viel stärker – genau wie andere Werwesen, die sich in größere Raubtiere verwandelten. Wenn der Panther meine primäre Wergestalt wäre, ich mich bei Vollmond also automatisch in die Großkatze statt in das Tigerkätzchen verwandeln würde, müssten wir mich vermutlich auch sicher wegsperren. Vor allem angesichts meiner Kräfte als Todesmaid.
Wir schlichen an großen Tonnen voller Kauknochen für Werwesen vorbei – diejenigen von uns, die so etwas wie Fangzähne hatten (meine eigenen waren zwar klein, blieben mir aber auch in Menschengestalt), brauchten etwas, woran wir sie abnutzen konnten, damit sie nicht zu lang wurden. Wir kauten gern auf harten Hundekeksen – meistens in unserer Tiergestalt –, um unser Gebiss gesund zu erhalten. Ich rümpfte die Nase, als mir der Geruch nach Rindfleisch in die Nase stieg. Nun wünschte ich, ich hätte bei Marion doch ein Zimtbrötchen gekauft.
Ich schüttelte den Kopf und riss mich zusammen.
Auf halbem Weg den Gang entlang endete die Wand rechts von mir, ein Quergang tat sich auf. Die Schreie kamen von rechts, und sie klangen für mich nicht menschlich. Gequält auch nicht. Ich wünschte, wir hätten daran gedacht, die Beleuchtung auszuschalten, aber die zentrale Steuerung der Anlage war sicher irgendwo ganz hinten.
Ich spähte um die Ecke und entdeckte die Treggarts. Zwei von ihnen hämmerten gegen eine Stahltür, richteten aber offenbar nichts aus. Dort hinein mussten sich die Kunden geflüchtet haben. Drei weitere Treggarts hockten nicht weit von der Tür um zwei Leichen in einer großen Blutlache herum und waren gerade damit beschäftigt, die Herzen herauszureißen und zu fressen. Ich verzog das Gesicht, schaffte es aber, keinen Laut von mir zu geben. Von den übrigen Treggarts war nichts zu sehen.
Rasch zog ich mich zurück. Mist. Wir waren schon so nah dran, dass sie uns hören konnten, wenn wir miteinander redeten – trotz der dumpfen Schläge gegen die Stahltür. Wenn ich versuchte, den anderen zu sagen, was ich gesehen hatte, würde uns ziemlich sicher einer von denen hören. Ich warf Chase einen Blick zu, bat ihn pantomimisch um Notizblock und Stift und kritzelte:
5
Treggarts.
2
versuchen Tür einzurennen.
3
fressen an
2
toten
ÜW
s.
Dann reichte ich den Block nach hinten, und sobald alle die Worte gelesen hatten, waren wir so weit.
Ich holte tief Luft und wappnete mich. Vor jeder Schlacht gab es immer diesen Moment, in dem ich mich fragte, ob wir sie auch alle überleben würden.
Leute starben.
Freunde
starben. Treggarts waren Dämonen, bösartig und nur zu gern bereit, jeden zu töten, der ihnen im Weg stand. Es gab keinerlei Garantie, dass es alle von uns schaffen würden. Bei jeder Schlacht, ob gegen Dämonen oder andere Feinde, bestand das Risiko, dass wir jemanden verloren. Morio war beinahe gestorben. Chase ebenfalls. Camille war vergewaltigt und zusammengeschlagen worden. Zachary saß für den Rest seines Lebens im Rollstuhl. Trillian war brutal missbraucht worden. Wir alle hatten bereits gelitten.
Ich ließ den Atem ausströmen und spürte ein Kribbeln in der Hand. Das vertraute Summen von Lysanthras Magie wirkte tröstlich wie die Umarmung einer alten Freundin. Mein Dolch besaß ein eigenes Bewusstsein, und wir waren auf besondere Weise verbunden.
Bist du bereit?
Ihre Stimme war lyrisch, melodisch.
Ich bin bereit. Steh mir bei.
Ein kleiner Funken schoss durch meinen Körper, als wollte sie mich an ihre verborgenen Kräfte erinnern, die nur zum Vorschein kamen, wenn sie es für richtig hielt, sie einzusetzen. Nach einer weiteren, scheinbar viel zu langen Sekunde sprang ich hinter der Ecke vor, dicht gefolgt von den anderen, und wir stürzten uns in den Kampf.
Wir hatten nur fünf Gegner vor uns, aber Treggarts waren zäh. Als ich kampfbereit aus der Deckung kam, sprangen die drei, die neben den Leichen am Boden hockten, auf die Füße. Die beiden anderen hörten auf, die Tür einschlagen zu wollen, und wandten sich uns zu. Ihre Axtblätter schimmerten im Licht der Neonröhren.
Als ich unsere Gegner einzuschätzen
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