Katzenmond
warf einen einzigen Blick auf meinen Wagen, und seine sonst so bleichen Wangen wurden flammend rot. Ich zeigte auf die Gestalten, die inzwischen die nächste Straßenkreuzung erreicht hatten.
»Fahrt nach Hause, wir kümmern uns um die«, sagte er und wies auf seinen Partner Thayus im Streifenwagen. Der hatte ebenso dunkle Haut und genauso silbrig blaues Haar wie Trillian. »Na los. Und fahr vorsichtig.« Er hielt Camille die Beifahrertür auf, damit sie nicht mit ihrer Kleidung an die frische Farbe geriet. Sie lächelte schwach.
Ich setzte mich ans Steuer und ließ den Motor an. Die Cupcakes hatte ich so gut wie vergessen. »Sagen wir zu Hause noch niemandem etwas davon. Ich will Iris nicht mit so etwas den Tag verderben. Ich parke einfach so, dass möglichst niemand die Beifahrertür sieht, und wenn alle in die Vorbereitungen vertieft sind, versuche ich die Farbe abzuwaschen. Wenn das geht.«
Camille nickte. »Ja, ich glaube, so wäre es am besten.«
Wir machten uns auf den Heimweg.
Camille öffnete ihren Sicherheitsgurt, und als ich sie gerade deshalb zurechtweisen wollte, drehte sie sich um und streckte den Arm zum Rücksitz aus. Gleich darauf setzte sie sich wieder ordentlich hin, die Schachtel mit den Cupcakes in der Hand, schnallte sich wieder an und lächelte mir ein wenig traurig zu.
»Die will ich nicht zu Hause mit allen teilen müssen. Das klingt gemein, aber das war ein grässlicher Vormittag, und ich will meine Cupcakes, verdammt noch mal.«
Ich kicherte. »Ich auch. Gibst du mir bitte einen?«
»Fahr hier raus, auf den Parkplatz.« Sie deutete auf eine kleine Parkanlage an der Straße. Der Brentmeyer Park war nicht viel mehr als eine große Spielwiese mit Schaukeln, einem Klettergerüst und ein paar Picknicktischen. Aber er bot den Kindern aus der Nachbarschaft einen Platz zum Spielen, mit Bäumen und Gras.
Ich parkte, und Camille öffnete die Tür. Sie hüpfte aus dem Jeep, schnappte sich die Schachtel von der Konditorei und bedeutete mir mit einem Winken, dass ich ihr folgen sollte.
»Wir brauchen eine Pause.« Sie führte mich zum nächsten Picknicktisch, wischte ein paar Regentropfen von der Bank und nahm darauf Platz. Ich setzte mich zu ihr und sog tief den frischen Duft nahenden Regens ein. Der Himmel war finster, der Boden nass, und ich hoffte nur, dass Iris’ Zelte den bevorstehenden Regengüssen standhalten würden. Wir öffneten die Schachtel mit den Cupcakes, und ich blickte unwillkürlich zu meinem Jeep hinüber. Die rote Schrift war getrocknet und sah jetzt einfach nur krass und hässlich aus.
»Hör auf«, sagte sie.
»Womit?«, fragte ich. Ich hätte weinen können. Ich liebte meinen Jeep und hatte beinahe eine persönliche Beziehung zu ihm, so wie zu meinem Laptop.
»Hör auf, dich zu bedauern. Die Idioten, die das gemacht haben, sind Abschaum. Aber es ist nur Farbe. Wir können sie abwaschen – oder notfalls den Jeep neu lackieren lassen. Was die getan haben, war dumm und primitiv, aber es lässt sich wieder in Ordnung bringen.« Sie runzelte die Stirn. »Im Gegensatz zum Gemeindehaus – nichts kann die Opfer zurückbringen.«
»Ich weiß, aber … es ist die Energie, die Atmosphäre dahinter. Die Menschen in Seattle waren so nett zu uns, als wir herkamen. Und jetzt?«
»Jetzt kommen die Neider und Hasser unter ihren Steinen hervorgekrochen. Aber sie waren schon immer da. Erst hassen sie die Schwarzen, dann die Juden, die Muslime, Homosexuelle, Frauen. Wenn es gesellschaftlich gar nicht mehr akzeptabel ist, die zu hassen, suchen sie sich ein neues Ziel. Irgendwen, der anders ist und sie zu der Erkenntnis zwingt, dass sie nicht der Mittelpunkt des Universums sind. Die Anderwelt ist doch auch nicht immun dagegen. Denk nur mal an Vater und seine Reaktion auf Trillian. Oder sieh dir die Goblins an – die hassen so ziemlich jeden.«
»Das sind
Goblins.
Was erwartest du von denen?« Ich schüttelte den Kopf. »Wir müssen doch irgendetwas dagegen tun. Wir müssen den Leuten zeigen, dass wir nicht der Feind sind. Vielleicht …«
»Vielleicht wird es Zeit, sich auf eine größere Gemeinschaft zu konzentrieren? Vampire und Werwesen und Feen haben jetzt alle ihre eigenen Interessengruppen und Unterstützer, und das ist gut. Aber vielleicht wird es Zeit, sich wirklich zusammenzutun? Eine Art Initiative zu gründen, die allen offensteht? Die alle Bürger von Seattle einlädt?« Sie blinzelte und biss in einen Cupcake. Genüsslich schloss sie die Augen.
Ich tat es ihr
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