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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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eng. Für Liebermanns unerlässliche Denkwanderungen sah es schlecht aus, was ihn mit leichter Verzweiflung erfüllte, bis sein Blick an der Tapete hängen blieb. Auch sie hatte mindestens zwanzig Jahre auf dem Buckel und zeigte verschlungene Rauten, deren Linien man zur Not stundenlang folgen konnte. Bis auf weiteres beschloss Liebermann, sie als Ersatzweg zu nutzen.
    Während ihrer Abwesenheit hatte Kommissarin Holzmann heftig gewirbelt. Kannen, Wasserflaschen nebst Trinkgefäßen und ein Kuchenteller krönten die Tischlandschaft. Als Liebermann ihr dankte, lächelte sie unerklärlicherweise Simon an. Von Müller fehlte jede Spur.
    »Er weiß Bescheid«, sagte Simon. »Vielleicht ist er duschen gegangen, das macht er manchmal.«
    »Dann fangen wir ohne ihn an«, erwiderte Liebermann und legte seine Unterlagen gegenüber der jungen Kommissarin ab. Sie hob die Brauen.
    »Wollen Sie nicht vorn sitzen? An der Stirnseite?«
    »Warum?«
    »Weil dort die Demonstrationsflächen sind.«
    »Wenn ich Demonstrationsfläche brauche, stehe ich auf. Ich bewege mich gern.«
    In einer Wolke aus Duft, der noch saurer als sein natürlicher war, betrat Müller den Raum und blieb breitbeinig neben Liebermann stehen.
    »Sie sitzen auf seinem Stammplatz«, raunte Simon. »Wir haben hier mit der Zeit so ein paar Gewohnheiten entwickelt.«
    Liebermann nickte Müller zu. »Ich versuch’s mir zu merken.«
    Simon biss sich auf die Lippen, während Kommissarin Holzmann hastig Kuchen aufzuschneiden begann. Was Müller neben ihm tat, blieb Liebermann verborgen. Er nahm seine Armbanduhr ab und legte sie vor sich auf den Tisch. Dann fragte er nach der Kanne mit dem Kaffee. Dankbar über die Aufgabe, warf Simon sich so schwungvoll auf den Tisch, dass die Zuckerdose umkippte. Kommissarin Holzmann verteilte Teller.
    Als der Zeiger von Liebermanns Uhr sich dem Ende der zweiten Runde näherte, stieß Müller ein Schnauben aus und rumpelte zur Stirnseite der Tisches, um sich mit dunklem Grinsen auf den verschmähten Chefstuhl fallen zu lassen.
    »Dann also«, sagte Liebermann. Es war eine Wortgruppe, die nur als Übergang fungieren sollte, aber Simon nahm sofort Haltung an. Liebermann nickte ihm zu. »Übernehmen Sie die Rückblende. Was bisher geschah«, fügte er auf Simons fragenden Blick hinzu. »Wie in Fernsehserien.«
    Die Übung, so hoffte er, würde den jungen Anwärter trainieren, Müller Gelegenheit geben, sich abzukühlen, und ihm, in Ruhe eine Tasse Kaffee zu trinken. Simon rieb sich den Hals und begann, begleitet von Liebermanns ermunterndem Blick, die Ereignisse seit Feldmeyers aufgeregtem Anruf vom vergangenen Donnerstag aufzuzählen. Als er bei dem von Dr. Genrich erwähnten Schlangenring ankam, stockte er und runzelte die Stirn, als fände er es unverantwortlich, Schmuckstücke in Körpernzu verlieren. Liebermann nutzte die Pause, um sich zu erkundigen, ob der Ring inzwischen in der KTU eingetroffen war. Simon verneinte.
    Nachdem Liebermann sich etwas auf einem gelben Zettel notiert hatte, gab er Simon ein Zeichen fortzufahren.
    »Laut Dr. Genrich war Kaiser kurzsichtig, und laut seiner Frau trug er deshalb eine schwarz gefasste, rechteckige Brille von Ray-Ban, mit je minus viereinhalb Dioptrien.« Er stoppte wieder. Liebermann sandte ihm ein Lächeln. »Gut, weiter.«
    Simon wurde rot. Er nestelte an seinen Aufzeichnungen herum und besah sie von vorn und hinten. »Das war’s. Ich meine, was bisher geschah. Jetzt kämen die Ergebnisse meiner Hotelrecherche und die von Ihrem Gespräch mit der Witwe.«
    »Plus drei weiterer Gespräche, nämlich mit David Kühn, ihrem Detektiv, der Rektorin des ebenso jungen wie berüchtigten Seminarhauses Aphrodite und einer ihrer Schülerinnen«, ergänzte Liebermann. »Wie sich herausgestellt hat, hegte Frau Kaiser in den Wochen vor dem Tod ihres Mannes berechtigte Zweifel an seiner Treue.«
    Er stand im selben Augenblick auf, als Kommissarin Holzmann die Hand hob. »Ich soll übrigens ausrichten, dass die Handynummer des Toten nichts gebracht hat. Das Ding ist tot.«
    »Die Brille ist auch noch verschollen«, fügte Simon hinzu.
    Liebermann, der mit einigem Quetschen und Drängeln die Tafel erreicht hatte, schüttelte den Kopf. »Schade um das Handy, aber wir lassen die Brille, sie ändert nichts.«
    »Die gehört gefunden«, schnarrte Müller. »Wenn sie nicht in einer Mülltonne gelandet ist, hat sie gegebenenfalls der Mörder.«
    »Dann sollten wir schnellstmöglich ihn finden«, entgegnete

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