Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
Vom Netzwerk:
antwortete Serrano mit schiefem Lächeln.
    Zum zweiten Mal in dieser Woche hetzte er hinter seinem Sohn her. Sogar die Richtung war dieselbe. Wieder ging es in den Park, vorbei am Maschinenteich und eine leichte Anhöhe hinauf. Dahinterallerdings verließ Cäsar den Weg zum Kompost und bog links ab. Wenig später passierten sie ein Tor und gelangten an die Geschwister-Scholl-Straße. Auf dieser Höhe war sie nur noch einseitig besiedelt. Im Unterschied zu den Häusern des Revierkerns pflegte jedes der hiesigen einen eigenen Stil und war darüber hinaus von üppigem Grün umschlossen. Neben einem Müllkorb blieb Cäsar stehen.
    »Hier wurde vorgestern Nacht ein Kater aus dem Nachbarrevier angegriffen. Eine klaffende Wunde in der Seite.«
    Serrano besah sich den Korb. Papier, Schalen von Früchten, eine Schachtel, die einmal Rauchstängel beherbergt hatte, und ein halb herausgezogenes Teigstück. Krümel auf dem Boden wiesen darauf hin, dass sie ein paar Vögel beim Fressen gestört hatten.
    »Wer hat es dir gesagt?«
    »Ben. Ich hab ihn weiter zum Basthaar geschickt.«
    Basthaar war der Princeps des im Süden angrenzenden Reviers, ein gedrungener und von Narben übersäter Freigänger, der vor chronischer Wut kaum ein Wort herausbrachte. Serrano hatte ihn einmal getroffen, es war eine Erinnerung, die er nicht allzu gern abrief.
    »Wie du vielleicht noch weißt, bilden die Häuser da drüben die Grenze zwischen den Revieren«, fuhr Cäsar fort. »In den letzten Tagen gab es hier vier Überfälle. Das lässt darauf schließen, dass der Verbrecher aus einem von beiden stammt. Auf Basthaars Liste standen gut eine Handvoll Kandidaten, die dafür in Frage kamen. Er hat sie einzeln abgegrast und ausgequetscht. Von ihnen, sagt er, war es keiner.« Es klang enttäuscht.
    Serrano verstand ihn, denn er dachte dasselbe. Ben, Streuner, der buschige Sven und die anderen, die er früher täglich besucht hatte, um mit ihnen über das Wetter oder die Strapazen der Futterbeschaffung zu plaudern, nebst den Jungen, die in der letzten Zeit dazugekommen waren, welchen von ihnen sollte man einersolch brutalen Regelüberschreitung verdächtigen? Er untersuchte den Boden um den Müllkorb noch einmal genauer. Nach einer Weile entdeckte er, halb unter einem Kiesel verborgen, einen dunklen Fleck. Nicht besonders groß.
    »Du sprachst von vier Überfällen. Wo genau haben die anderen stattgefunden?«
    Cäsar hob die Lefzen. »Was denkst du wohl?«
    Sie überquerten die Straße und gelangten kurz darauf an ein Tor, an dem zwischen zwei Blumenkübeln ein goldenes Schild prangte. Dahinter erspähte Serrano ein gedrungenes weißes Gebäude.
    »Hier vor dem Tor einer und dort zwei«, meinte Cäsar, während er die betreffenden Stellen mit den Krallen markierte. »Und immer nachts.«
    Drei Überfälle, überschlug Serrano, zwei Plätze, beide etwas abseits des Weges, der am Tor des Hauses entlangführte, beide am Fuß einer Kastanie. Serrano machte sich nicht die Mühe, zwischen ihren aufgeplatzten Früchten und Hundekot nach Spuren zu suchen. Wind, Regen und fallendes Laub veränderten den Weg laufend, was im Grunde eine Gnade war.
    »Beschreib mir die Umstände.«
    »Bei einem kennst du sie bereits«, sagte Cäsar. »Der Knöterich. Ohne Vorwarnung von hinten angefallen, schlimme Wunde am Hals. Zum Glück hat es keine Ader erwischt, aber es wird dauern, bis sie wieder ganz verheilt ist, weil sie sich entzündet hat. Na ja, kein Wunder bei seinem Dreckloch von Quartier. Die anderen beiden Opfer gehören zu oberhalb der Straße gelegenen Höfen. Neusiedler, die Namen werden dir nichts sagen. Alle waren völlig ahnungslos, als es sie erwischt hat. Der Angreifer schlug überraschend und stumm zu und verschwand sofort wieder. Deshalb kann ihn auch keiner beschreiben. Nur den Schreck und den Schmerz.«
    »Wurden die beiden anderen auch in den Hals gebissen?«
    »Einer. Der andere in die Seite, so wie der Letzte. Außerdem hat der Unbekannte ihm ein Ohr abgerissen. Eine ziemliche Leistung für einen, der von hinten angreift und sich gleich wieder aus dem Staub macht.« Flüchtig schielte Cäsar zur Ruine von Serranos rechtem Ohr. »Wer hat eigentlich deins auf dem Gewissen?«
    »Ein Hund. Er ist inzwischen tot.«
    »Ah!«, machte Cäsar respektvoll.
    »Das war nicht ich«, sagte Serrano. »Sondern ein Vierrad. Aber um bei dem Ohr zu bleiben: Ich habe es während eines zähen und ziemlich ungleichen Kampfes verloren. Beim Kampf mit einem Hund, der einen

Weitere Kostenlose Bücher