Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
Vom Netzwerk:
»Ja. Und wollt ihr wissen, warum? Weil kein Kater, so liebesblöd er auch sein mag, einen anderen bei Nacht aus dem Hinterhalt anfällt, um ihm Stücke aus der Seite zu reißen. Weil ich noch nie davon gehört habe, dass ein Kater einem anderen das Ohr abbeißt.«
    Wie von selbst liefen die Augen der Katzen zur Ruine seines eigenen rechten Ohrs.
    »Das war ein Hund«, sagte er. »Wenn auch kein dreigekochter.« Er winkte ab, als ihre Mienen verständnislos wurden. »Der kunstvolle Name einer Freundin von mir für euren Wächter.«
    »So«, machte die Dürre. Dahlia sagte nichts, sie sah ihre Herrin an. Das stumme Zwiegespräch der beiden dauerte nur kurz, dann erhob sich die Dürre. »Frag deine Töchter, ob sie Esteban nachts jemals draußen vor dem Tor gesehen haben!« Wortlos sprang die Perserin von der Brüstung.
    »Es ist mehr als unwahrscheinlich«, schnurrte die Dürre, als ihre Freundin verschwunden war. »Aber bei Jägern weiß man nie.« Sie verließ das Sofa, und Serrano folgte ihr verwundert auf die andere Seite der Terrasse zu einem Holztisch unter aufgehängten Kräutersträußen. »Da ich, wie du siehst, kaum Unterfell besitze, brauche ich es warm. Die Sonne ist gewandert.«
    »Was tust du im Winter?«
    »Das muss dich nicht kümmern.« Sie sprang auf den Tisch und spähte von oben über den Garten. »Dahlia und ihre Töchter sind mit Esteban aufgewachsen«, sagte sie übergangslos. »Falls er das Grundstück wirklich verlassen hat, werden sie es wissen.«
    »Wenn sie ihn mögen, werden sie es aber nicht unbedingt verraten«,wandte Serrano ein und erklomm ein Fensterbrett neben dem Tisch. Es widerstrebte ihm, unter einer Katze zu sitzen. Was sie, wie er argwöhnte, beabsichtigt hatte.
    Die Dürre grinste schräg. »Doch. Weil ich sie darum gebeten habe.« Sie kniff die Augen zusammen und dachte nach. »Zugegeben, die Sache beunruhigt mich ein wenig. Nicht weil ich an Esteban zweifle, auch nicht der Kater wegen. Die Kater, das wirst du entschuldigen, sind mir egal. Sondern weil der Hinterhältige sich seine Beute hier sucht. Er bedroht die Grenze meines Reviers, und ich will wissen, warum.«
    »Dahlias wegen und ihrer Töchter.« Vielleicht sogar ihretwegen? Doch mit einem Blick auf ihre knochigen Lenden verwarf Serrano den Gedanken wieder.
    Die Dürre blinzelte. »Irre ich mich? Oder erwähnte einer von uns beiden gerade Regeln, denen sich Kater während des Ausschaltens von Konkurrenten beugen?«
    Dahlia kam herangehetzt. »Nein!«
    »Da hast du’s«, sagte die Dürre.
    »Gut, angenommen, es war nicht der Dreigekochte«, erwiderte Serrano wenig überzeugt. »Wer dann?«
    In ihren Augen blitzte es blau. »Es ist dein Viertel, in dem der Verbrecher herumstreunt. Ich werde mich in meinem eigenen umtun. Wer von uns den Beißer zuerst findet, gibt dem anderen höflicherweise Bescheid. Ansonsten wüsste ich keinen Grund, dich hier wiederzusehen.«
    Dahlia bekräftigte ihre Worte mit einem gutturalen Knurren.
    »Gestatte mir eine letzte Frage.«
    Auf eine Geste ihrer Herrin hin stellte Dahlia das Knurren ein.
    »Warum verbringt euer Hund nur die Nächte außerhalb des Schuppens? Warum nicht die Tage?«
    Die Dürre gähnte. »Sag du’s ihm.«
    »Ich?«, fragte die Perserin betroffen. »Wozu?«
    »Weil du langsam lernen solltest, mit Katern zu reden. Sieh es als Therapie.«
    Dahlias Schnurrhaare zitterten wie in einen Sturm geratene Spinnenbeine. »Am Tag ist Esteban im Schuppen«, murmelte sie mit einem hasserfüllten Blick auf Serrano, »um die Fremden, die im Haus arbeiten, nicht zu erschrecken oder die Nachbarn anzubellen. Es gab Ärger deswegen. Nachts bewacht er das Haus.«
    »Wovor?«
    »Vor menschlichen Männchen. Und vor Katern.«
    »Gut gemacht!«, lobte die Dürre. »Mit einem Wort: vor allem Männlichen. Aber er überschreitet seine Grenzen nicht. Daran solltest auch du dich halten.« Sie verließ den Tisch, offenbar wanderte die Sonne heute schnell, und schlüpfte durch eine angelehnte Tür ins Haus. Das Gespräch war beendet.
    Die Sonne wandert, dachte Wu höhnisch, als sie in den schattigen Hausflur tauchte. Was für ein Blödsinn. Aber der Einohrige hatte ihn geschluckt. Im Grunde hatte sie nichts anderes erwartet. Das Exotische war eine der wenigen Pfründe, mit denen sie nach Belieben wuchern konnte. Ihr war nicht entgangen, wie ihr knochiger Körper mit dem kleinen Kopf und den übergroßen Ohren auf die anderen wirkte. Sie wusste, dass sie als hässlich galt. Hier. In ihrem Heimatland,

Weitere Kostenlose Bücher