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Katzenmond

Katzenmond

Titel: Katzenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Anlauff
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Liebermann, der aus der entgegengesetzten Richtung auf ihn zueilte. Ihn gelüstete nach einem Kurzschlaf. Aber die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass jeder Gedanke daran utopisch war, solange ihn Fragen quälten. Also setzte Serrano seine Beine ein weiteres Mal in Bewegung und trabte zum Lebensmittelladen.Nico schob Liebermanns Friedensangebot in die Hosentasche und umarmte ihn.
    Erleichtert grub Liebermann die Nase in ihr Haar. Es roch würzig. Irgendein Nadelbaum, tippte er, ehe er sie sich, ebenso wortlos, über die Schulter legte und zum Schlafzimmer trug. Aus dem Kinderzimmer scholl Miris Stimme. »Du hast Dienstag die ganze Zeit gehabt. Jetzt bin ich dran!«
    »Das sind die Nachteile der Popularität«, sagte Liebermann zu seiner Hüfte, wo Nicos Kopf hing.
    »Eifersüchtig?«
    Statt einer Antwort schob Liebermann mit dem Fuß die Tür zu.
    In den gelösten Minuten nach ihrer Wiedervereinigung berichtete er Nico von der schroffen Pathologin, Frank, dem fettigen Feldmeyer und dem Vereinsvorstand mitsamt seinem Schwager. Davids Geständnis ließ Liebermann aus Rücksicht auf den unkalkulierbaren Informationsfluss im Viertel aus. Trotzdem stellte er fest, dass sich da an einem einzigen Vormittag eine Menge Stoff angesammelt hatte.
    Nico ergänzte diese Erkenntnis um eine weitere: dass er bereits bis zur Hüfte in Mordermittlungen steckte, die ihn, genau genommen, noch nichts angingen. »Stell dir vor, du trittst am Montag deinen Dienst mit einem geklärten Fall an! Deine Kollegen werden dich für einen Gott halten.«
    »Sie werden mich vergiften und in die Havel werfen.«
    Nein, verbesserte er sich, Müller nicht. Und warum? Weil Müller ein Mann war, der ordentliches Handwerk verrichtete. So einer griff nicht zu Gift. Müller würde ihm den Hals umdrehen und Schluss.
    »Soll ich raten, woran du gerade denkst?«, fragte Nico.
    »Versuch’s!«
    »Daran, wie du Dienstag beseitigst.«Liebermann lächelte. »Das kommt später.« »Na gut. Daran, wer diesen Zander zubereitet hat.« »Das hat dir der Teufel gesagt!« »Wer sonst?« Sie küsste ihn auf den Bauch.

11
    Der Anblick von Majas leerem Handschuhlager enttäuschte Serrano.
    Er überlegte, ob er ihr eine Botschaft hinterlassen sollte. Während ihrer gemeinsamen Zeit hatten sie ein System von Kratzspuren ausgeklügelt, das nur vom jeweils anderen verstanden wurde, was zufällige Nebenleser ausschloss. Es würde auch jetzt noch funktionieren, da war Serrano sicher, aber er fand nichts, das weich genug für seine Krallen und gleichzeitig so zentral im Keller gelegen war, dass es Maja bei ihrer Rückkehr auf jeden Fall ins Auge sprang. Gerade als er beschloss, seinen Besuch auf später zu verschieben, öffnete sich einige Meter über seinem Kopf eine Tür. Mit einem Satz war Serrano hinter einem Stapel Getränkekisten. Jemand schlurfte unsicher die Kellertreppe herab. Kurz darauf erschien der Lehrling der Ladenfrau im Halbdämmer, in einer Hand einen leeren Korb, in der anderen eine Dose. Der Korb ging zu Boden. Ungelenk hockte der Lehrling sich vor Majas Napf und leerte die Dose hinein. Seine Knie berührten beinahe die Ohren. Aus irgendeiner Laune heraus hatte die Natur ihm zu lange Beine mitgegeben. Vielleicht hatte sie ursprünglich bezweckt, einen Läufer aus ihm zu machen. Da er aber nie gelernt hatte, seine Gliedmaßen zu beherrschen, war aus ihm ein Grashüpfer geworden, der unter der Regie seiner Chefin mit angewinkelten Armen durch die Gegend sprang, wobei er nicht selten Lawinen unter den Waren auslöste. Serrano fragte sich manchmal, wann die Ladenfrau endlich ein Einsehen hatte und ihn an die Luft setzte, ins Gras, wohin er gehörte und wo er nichts anrichten konnte. Im Moment allerdings war ihm sein Erscheinen höchst willkommen. Serrano wusste, dass Majas Speisung einem festgelegtenZeitplan folgte, an den sie sich aus Abscheu vor angetrocknetem Futter streng hielt.
    Er wartete, bis der Lehrling sich ausgehockt und seinen Korb mit neuen Dosen gefüllt hatte und wieder nach oben geschwankt war. Wenige Minuten darauf glitt Maja durch das Fenster.
    »Es fällt langsam auf, dass du immer zum Essen kommst«, sagte sie, während sie an Serrano vorbeistrich, um die Spende der Ladenfrau zu begutachten. »Schweinekamm«, murrte sie. »Schwitzig und mit Resten von Würztunke. Hat der Lehrling das gebracht?«
    »Höchstselbst. Mit vibrierenden Sprunggelenken.«
    »Ah, deshalb. Die Frau entfernt die Tunke sorgfältiger, sie weiß, dass ich Salz nicht vertrage.«

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