Kau Dich gesund
in der (Genuß-)Höhle Deines Mundes! Ergreife den Bissen. Zeig ihm, wer der Herr im Hause ist, kaue!
»Die Gaumenfreude ist von Natur als krönende Belohnung gesetzt für sachgemäße Mundverdauung. Als feines, leicht verbiegliches Instrument, als Kompaß für seine Odysseusfahrten auf dem Ozean kulinarischer Genüsse hat der Mensch das Erlebnis des Wohlgeschmackes.« (Dr. Loeckle)
Wir wären im Konsum-Dschungel rettungslos verloren, besäßen wir nicht diesen Schutzmechanismus: unseren Geschmacksinn!
Warum führt man uns in puncto Geschmack derartig an der Nase herum? Warum läßt sich unser Speichelfluß derartig manipulieren? Warum spielt das Ausschmecken für unsere Gesundheit eine derartig bedeutende Rolle? Die Antwort: Auf der Zunge schmeckt der Mensch nur süß, sauer, salzig und bitter. Was die Food-Designer und Konsorten in den Lebensmittellaboren weidlich ausnützen. Anders ist es beim intensiven Schmauen, wie Udo Pollmer richtig feststellt: »Erst wenn die Menschen ein Lebensmittel richtig kauen, werden die flüchtigen Aromen frei, die nur die Nase ›schmecken‹ kann.«
Um den vollen Geschmack zu erleben, müssen die Geschmacksknospen im hintersten Bereich der Zunge und der Mundhöhle stimuliert werden!
Kein Food-Designer kann unseren Körper dann noch linken. Erst wenn wir den Bissen richtig kauen, haben wir die Nase vorn. Wir schmecken die heimtückischen Aromen und künstlichen Geschmacksverstärker heraus. Unser Geruchsinn ist dabei von lebenswichtiger Bedeutung. Dazu noch ganz aktuell: US-Biochemiker haben ein neues, hochempfindliches Sinnesorgan in der Nase entdeckt: das Vomero-Nasal-Organ (VNO). Ein echtes Sinnessystem, so bedeutend wie die anderen fünf Sinne. Es leitet Infos blitzschnell ans Gehirn weiter. Prof. David Berliner von der Utah University sieht in dem Organ einen idealen Zugang zum Hypothalamus, der Steuerzentrale des Gehirns. Sie steuert Hormone, Appetit, Angst, Aggression, Puls, Blutdruck und vieles mehr. Über den neuentdeckten sechsten Sinn (VNO) können Appetit, Angst etc. entscheidend beeinflußt werden.
Wer ausschmeckt, hat die Nase vorn! Denn er verfeinert dieses Organ mit jeder Kaubewegung. Die Nase »riecht ab sofort den Braten«.
Die Kraft des Speichels
Es lohnt sich also, Ober- und Unterkiefer zu bewegen. Es lohnt sich auch, daß wir uns der Zauberkraft des Speichels noch ein bißchen weiter widmen. Speichel wird durch kräftige Kau- und Schmeckbewegungen zusätzlich aktiviert.
Unser Speichel ist – wenn wir ihn herausfordern und gewährenlassen – ein unversiegbarer Quell wahrer Lebenskraft.
Viele »sitzen an der Quelle« und spüren es nicht. Es ist die Quelle der Jugend, die Quelle eines besseren Lebens.
Schon die Schulbuben zollen dem Speichel ihre Achtung: Sie verwenden ihn als hervorragendes Fleckenmittel. Und was die Geschirrspülmaschine nur mit chemischer Unterstützung vermag, beispielsweise die Fettablösung, das schafft im Mund unentwegt der Speichel. Wenn ein Tier sich verletzt hat, dann leckt es seine Wunde.
In der Religionsgeschichte galt der Speichel als Machtträger, der heilkräftige Wirkungen hervorrufen (3. Mos. 15,8), aber auch einen Fluch bekräftigen kann (5. Mos. 25,9). Deshalb bemächtigte sich der Magier des Speichels seines Feindes, um diesen zu vernichten. Der Speichel diente auch als Mittel des Bundesschlusses. In der germanischen Mythologie entstand beim Friedensschluß der Asen und Wanen (zwei mächtige Göttergeschlechter) aus deren Speichel der weise »Kyasir«, ein ausnehmend kluges Wesen!
Doch heute sind körperliche Ausscheidungsprodukte mit starken Tabus verbunden. »Ich spucke Dich an« drückt Verachtung aus. Dabei müßte man es fast als Kompliment betrachten, wenn man bedenkt, um welch hochqualifiziertes Verdauungsferment es sich handelt: Ohne Speichel gäbe es kein Leben.
Die wunderwirkende, heilende Kraft des Speichels ist vermutlich die größte aller ungenutzten Kapitalreserven: Bei den meisten Menschen liegt sie brach. Nur durch das Ausschmecken unserer Nahrung entdecken wir diesen Lebensquell wieder.
Nichts Wertvolleres ist so nah wie die Quelle der Saliva!
Durch mein Heureka-Erlebnis im Mund durfte ich erfahren, wiemachtvoll ein Mensch sein kann: Ein winziges Staubkorn dem Körpernach, doch ein Gigant durch die Kraft seines Erkennens. Und einem Gott gleich, wenn er das Erkannte in die Tat umsetzt.
Der Wissenschaftsjournalist Udo Pollmer hat recherchiert, daß die meisten Kinder heute schon aromasüchtig
Weitere Kostenlose Bücher