Kauft Leute
will!«
Christian hatte sich schon abgewandt, um den Saal wieder zu verlassen, aber jetzt wurde er neugierig. »Also, wofür?«
»Setz dich!«, verlangte sie.
»Ok«, sagte Christian, »aber ich bleibe nur fünf Minuten und du verpetzt mich nicht, wenn ich inzwischen dieses Glas Wein austrinke, das deine Mami nicht mehr geschafft hat.«
»Deal«, sagte das Mädchen und lächelte.
»Also, was würdest du mit mir anfangen?«, fragte Christian, nahm einen großen Schluck von dem warmen Weißwein und tauchte einen Löffel in den Rest einer Mousse au Chocolat.
»Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich zehn war. Mein Vater hatte wohl so was wie eine Lebenskrise und er lebte nach der Scheidung zwei Jahre in Italien mit einer anderen Frau zusammen. Als er dann zurück nach Deutschland kam, wollte er uns wiederhaben. Er hatte sich aber auch beruflich irgendwie verspekuliert und tat sich schwer, wieder Fuß zu fassen. Meine Mutter gab ihm noch eine Chance. Er stieg als Partner in ihre Firma ein und zog auch wieder zu uns ins Haus.«
Christian schenkte Wein nach und fragte sich, wo das hinführte.
»Jedenfalls lief das mit der gemeinsamen Firma nicht so besonders, und mein Vater begann, ein Buch zu schreiben. Seit zwei Jahren sitzt er jetzt daheim und arbeitet daran. Daneben hat er aber so viel Zeit, mich von früh bis spät zu beaufsichtigen. Ka-ta-stro-phe.«
»Ich soll deinen Vater beseitigen?«, fragte Christian und fand das in diesem Moment nicht einmal besonders abwegig.
»Nee, aber da gibt’s eine in meiner Klasse, die ist echt scheiße …«
Christian prostete ihr stumm zu.
»Blödsinn. Ich will, dass du mein Aufpasser, Begleiter, Bodyguard, Kindermädchen wirst. Aber mit speziellen Vorzügen. Verstehst du?«
»Kein bisschen«, gab Christian wahrheitsgemäß zurück.
»Ein Deal, der uns beiden entgegenkommt: Ich darf mich hin und wieder amüsieren, Jungs treffen, Einladungen interessanter Männer annehmen … und du hast mehr Privilegien, als ihr sie sonst genießt. Geld, Party, alles. Und ich kenne mindestens fünf Mädchen, die sofort mit dir ins Bett gehen würden. Gut aussehende.«
Christian leerte das Glas Wein in einem Schluck. »Ich rekapituliere: Ich soll dir deinen Vater vom Leib halten und dir ermöglichen, zu älteren Männern ins Auto zu steigen, dafür vermittelst du mir Minderjährige fürs Bett und zahlst mir Taschengeld.«
Das Mädchen rührte sich nicht und sah ihn abwartend an.
»Die schlechte Nachricht: Nein, danke. Die gute: Du wirst dir nicht schwertun, einen anderen Idioten zu finden, der gerne darauf einsteigt. Und solltest du auf die Idee kommen, mich trotzdem kaufen zu wollen, muss ich dich warnen: Ein anderer Gast hat vor, mich heute mit nachhause zu nehmen, und wenn ihr gegeneinander bietet, wird mein Preis durchs Dach gehen! Also vergiss es einfach, ok?«
Christian stand auf, nickte ihr zum Abschied zu und verließ den Speisesaal.
Als er von der Toilette zurückkam, musste Christian das Vestibül des Schlosses durchqueren. Dabei kam er an dem weit geöffneten Haupttor vorbei und bemerkte einen Mann mit charakteristischer Glatze, der an einem der Stehtische im Freien stand und in ein Gespräch mit dem Leiter der HÜMANIA-Filiale München vertieft war. Christian bremste und sah genauer hin. Er wusste, das war völlig unwahrscheinlich, aber dort draußen stand Michi in einem perfekt geschnittenen schwarzen Smoking und unterhielt sich angeregt mit dem Mann, der
Props
wie ihn an die Münchner Society verteilte. Wie hatte er überhaupt Zugang zu der Veranstaltung bekommen? Christian hatte weder Corinna noch Sandra hier gesehen, und selbst wenn sie da gewesen wären, hätten sie ihn dennoch nicht mitnehmen dürfen.
Christian konnte nicht länger an dem Platz stehen bleiben, ohne die Aufmerksamkeit der Securitys auf sich zu ziehen, also zog er sich wieder in die Säulenhalle zurück. Er setzte sich auf eine Bank, von der aus er den Eingang des Schlosses in Sicht hatte. Es gelang ihm, sich von keiner der regelmäßig an ihm vorbeihuschenden Schönheiten ablenken zu lassen und passte den Moment ab, als Michi aus dem Garten zurück ins Vestibül trat. Er schlenderte in Richtung der Toiletten, und Christian folgte ihm.
Als Michi die Toilette wieder verließ, die verbliebenen Haare mit Wasser zurückgekämmt, die grüne Brille im Gesicht geputzt, die Smokingfliege austariert, wandte sich Christian von dem Spiegel ab, an dem er pro forma seine Haare gerichtet hatte, hängte
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