Kauft Leute
vergiss eines nicht: Du bist keiner der Geister, die in Verliesen vergewaltigt und auf Müllplätzen entsorgt werden.«
»Man kann nicht immer alles am Extrem messen. Du hast mich belogen und manipuliert. Irgendwann werde ich wieder frei sein und dann sehen wir uns noch mal.«
»Wir zwei haben uns doch gemocht, Christian! Und wenn du nicht so ein Narr wärst, zu glauben, irgendeiner der Leute hier könnte dir ein besseres Leben bieten, dann hätten wir zusammen noch eine Menge Spaß gehabt. Unsere Gespräche!«
»Geh nachhause, Michi. Ich muss es zum Glück nicht mehr.« Christian wandte sich von Michi ab, schob sich am Security vorbei und verschwand in Richtung des Vestibüls.
Er war schon außer Hörweite, als ihm Michi nachrief: »Ja, melde dich!« Dann sah er den Security an, wog den Kopf und sagte: »Die Wiener haben was Besonderes. Aber leicht sind sie nicht!«
Als Christian aufgewühlt aus dem Gang ins Vestibül trat, stieß er beinahe mit Quintus Danesita zusammen, der mit Caro eben ins Schloss zurückgekehrt war. Christian murmelte eine Entschuldigung und ging weiter, ohne dem Marketingmann ins Gesicht zu sehen.
Caro hielt inzwischen nach Dr. Moffat Ausschau, der offenbar immer noch nicht aufgetaucht war.
Danesita berührte Caro am Arm. »Haben Sie
den
gesehen?!«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht.«
»Das ist der Kerl«, sagte Danesita, »der Boris bei der Flucht geholfen hat!«
Caro sah Christian nach, der wieder in der Säulenhalle Platz nahm. Sie erkannte sein Gesicht. »Er sieht wirklich so aus, ja!«
»Der kommt nach Wien zurück!«, stellte Danesita mit Entschiedenheit fest und machte sich auf die Suche nach dem Filialleiter von München, der die Ratte, die ihm in Wien entkommen war, postwendend zurück nachhause schicken müsste.
Caro blieb alleine im Vestibül zurück. Sie überlegte, ob sie Christian ansprechen und nach dem Tag der Flucht befragen sollte. Auf der anderen Seite – Danesita holte ihn ohnehin nach Wien zurück. Sie spazierte durch die Räume. In der Säulenhalle saßen fast nur noch männliche Helden – die Frauen waren großteils schon vergeben. Einige von ihnen hatten sich auf die Bänke gelegt. Es war ein langer Tag gewesen, der Schreck von dem Luftschiff-Manöver saß ihnen noch in den Knochen, und der Frust, heute wahrscheinlich nicht mehr aus dem Markt rauszukommen, tat seinen Teil dazu. Im Speisesaal waren auch nicht mehr viele Tische besetzt, es herrschte bereits allgemeine Aufbruchsstimmung. Caro setzte sich an eine leere Tafel und schaltete ihr Handy wieder ein, das sie vor dem Flug abgestellt hatte. Sie bemerkte, dass Kessie, die Münchnerin, die sie kennengelernt hatte, zwei Tische weiter mit ihrem Mann saß. Ein schlanker Gentleman-Typ stand gerade von ihrem Tisch auf und verabschiedete sich.
»Und?«, fragte ihr Mann gähnend.
Kessie nickte mit hoher Frequenz und faltete bittend die Hände. »Den will ich unbedingt auch!«
»Ist er dir nicht zu … reserviert?«
»Wer sollte ihn reserviert haben?«
»Nein, nein. Ich meine bloß, ob du ihn nicht zu ernsthaft findest.«
»Er ist wie ein junger Colin Firth, das wird mein Zeremonienmeister.«
»Gut, also den
Heinrich
dann auch«, sagte ihr Mann müde und machte sich eine Notiz auf einer Serviette.
Caros Handy vibrierte auf dem Tisch. Jemand hatte ihr eine Nachricht hinterlassen. Sie wählte die Nummer ihrer Mobilbox und hielt das Telefon ans Ohr. Nach einer halben Minute des Zuhörens füllten sich ihre Augen mit Tränen und sie lief nach draußen, um sich die Anteilnahme der Gäste im Speisesaal zu ersparen. Im Park wischte sie sich das Wasser aus dem Gesicht, zog den Rotz hoch und stapfte wieder ins Vestibül. Sie sah Danesita am Fenster stehen. Er wartete darauf, dass sein Münchner Kollege ein nicht enden wollendes Gespräch mit einem guten Kunden abbrach, damit er ihn endlich in der Christian-Angelegenheit ansprechen konnte. Caro fragte ihn, wo Moffat sei. Natürlich sah Danesita, dass Caro geweint hatte, das passte ihm aber jetzt einfach nicht in den Kram, also ignorierte er es. Er sagte, sie solle mal zum rechten Pavillon schauen, die Kellner hätten einander zugeflüstert, dass inzwischen der meiste Sprit dorthin geliefert werden müsse.
Caro rannte über den Schotter in Richtung des Pavillons. Ein Arkadengang verband das Schloss mit dem zweistöckigen Anbau, der früher als Gästehaus gedient hatte. Am Ende der Arkaden hatte es sich eine größere Gruppe Menschen auf Korbmöbeln
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